Die Kardinalfrage, die jeden Investor permanent umtreibt, lautet: Wohin gehen die Börsen? Steigen oder sinken sie? Entwickeln sie sich seitwärts? Wer zu wissen glaubt, wohin die Reise geht, kann seine Wetten platzieren und wird innert kurzer Zeit steinreich. Schön, wenn dem so wäre. Doch die sichere Wette, die gibt es an der Börse nicht.

Dennoch können Anlageprofis mit Hilfe von Indikatoren die Entwicklung an den Aktienmärkten einschätzen. Die kurzfristig wichtigsten Richtungsindikatoren und Orientierungspunkte sind immer Börsenplätze, die bereits geschlossen haben oder die sich im Schlusshandel befinden. So schauen die Börsianer in Europa vor dem Handel jeweils auf die Schlusskurse des wichtigen Aktienmarktes in den USA vom Vorabend. Immer bedeutender werden allerdings auch die Aktienmärkte in Asien, die kurz vor der Eröffnung des Europa-Handels schliessen.

Daneben gibt es eine Reihe von anderen Indikatoren, die sich vor allem für langfristig orientierte Anleger eignen. Dazu zählen insbesondere etwa der «Dow Jones Transportation Average», der als einer der besten vorauslaufenden Indikatoren für die US-Konjunktur gilt. Doch Anleger sollten Folgendes beachten: Indikatoren widerspiegeln nur die aktuelle Lage oder eine Einschätzung – während an den Märkten quasi Erwartungen gehandelt werden. Und: Der Fokus an den Märkten verlagert sich immer wieder von einem Thema zum nächsten. Mal ist die geopolitische Lage der Dauerbrenner, dann wieder die Konjunktur.

Es sollte somit darauf geachtet werden, dass ein Prognoseinstrument nicht allein für eine Investmententscheidung herangezogen wird. Vielmehr sollte eine Kombination mit anderen Analysen stattfinden.

Die zehn wichtigsten Börsen-Indikatoren
1. Vorgaben aus Übersee
Um den Tagestrend der Börsen Europas abschätzen zu können, sind der Schlusskurs der US-Börse Dow Jones des Vorabends und die Schlusskurse der asiatischen Märkte, insbesondere des japanischen Nikkei, relevant.
2. Entwicklung der Rohstoffpreise
Die Veränderung der Rohstoffpreise wie Kupfer, Aluminium, Stahl oder Erdöl sind die Pulsnehmer der Konjunktur. Deutlich anziehende Rohstoffpreise deuten auf eine Erholung der Wirtschaft hin, sinkende auf einen Abschwung. Konjunktursensitive, sprich zyklische Titel reagieren in der Regel stärker auf die Veränderung von Rohstoffpreisen als defensive. 
3. Sichere Häfen
Ein Anziehen des Goldkurses oder von als sicher gesehenen Währungen wie Schweizer Franken, Norwegen- oder Schwedenkrone gelten als Zeichen der Unsicherheit unter Anlegern. Auch ein plötzliches Absinken der Staatsanleihen-Renditen der Schweiz, Deutschlands oder der USA gelten als Flucht der Anleger in die Sicherheit.
4. Volatilitätsindex
Allgemein werden diese Indizes als zuverlässige «Thermometer» für die Angst und Nervosität der Marktteilnehmer betrachtet. Steigt die Verunsicherung vor heftigen Ausschlägen an den Märkten, wollen Verkäufer von Optionen auch mit einer höheren Risikoprämie entschädigt sein. In der Folge ziehen die Indizes an. Dies sind schlechte Omen für die Börsenentwicklung.
5. Leading Indicator
Dieser Indikator setzt sich aus insgesamt zehn Komponenten zusammen wie Baugenehmigungen, Auftragseingängen oder den Aktienpreisen der grössten Unternehmen jedes Landes. Am wichtigsten ist jener aus den USA. Eine rückläufige Entwicklung des Index von drei Monaten gilt als Indiz für ein Abdriften der Wirtschaft in eine Rezession.
6. Gewinnrevisionen der Analysten
Analysten von Banken empfehlen Aktien zum Kauf oder, falls die Aktie als schlecht eingestuft wird, das Gegenteil. Ein unter Anlageprofis gängiger Trick: alle Kaufempfehlungen aufsummieren und davon die Verkaufsempfehlungen subtrahieren, das Total durch alle Empfehlungen dividieren. Je höher der Wert ausfällt, desto optimistischer sind die Analysten für eine Aktie.
7. Dow Jones Transportation Average
Der Dow Jones Transportation Average gilt als vorlaufender Indikator der US-Konjunktur und damit auch der Aktienmärkte weltweit. Ein Rutsch des Index deutet eine konjunkturelle Schwäche an – ein Warnsignal für Anleger. Der Dow Jones Transportation Average bildet die 20 an der Wall Street kotierten Transportunternehmen ab.
8. Zinsänderungsrisiken
Normalerweise zählen die Zinssätze zu den wichtigsten Faktoren, die Einfluss auf die Finanzmärkte haben. Je höher ein Zins, desto risikoreicher das Investment und umgekehrt. Doch die wesentlichen Notenbanken – unter ihnen die Schweizerische Nationalbank – haben mit ihrer Tiefzinspolitik diesen Mechanismus seit der Finanzkrise 2008 schachmatt gesetzt.
9. Die 200-Tage-Linie
Die 200-Tage-Linie ist ein Indikator aus der Welt der Chartanalyse. Er ist für Privatanleger aber leicht verständlich. Um diese Linie zu bilden, wird jeweils der Durchschnitt eines Wertes einer Aktie der letzten zweihundert Tage errechnet. Die daraus entstehende 200-Tage-Linie wird zusammen mit den aktuellen Börsenkursen betrachtet. Es gibt ein Kaufsignal, wenn die Linie vom aktuellen Börsenwert von unten nach oben durchbrochen wird. Ein Verkaufssignal liegt vor, wenn die 200-Tage-Linie von oben nach unten vom aktuellen Kurs geschnitten wird.
10. Russell-2000-Index
Dieser Index umfasst die 2000 kleinsten US-Unternehmen punkto Marktkapitalisierung, also dem Börsenwert. Dabei handelt es sich um ein in der Regel sensibles Barometer, das eine vorausliegende Kurskorrektur an den Märkten sehr früh anzeigt – und zwar früher als die Indizes, welche grosskapitalisierte Unternehmen abbilden.

 

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