Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer träumen davon, sich schon vor dem ordentlichen Pensionierungsalter von 64 bzw. 65 Jahren in den Ruhestand zurückziehen zu können. Doch in Zeiten, in denen das Sparen wegen historischer Tiefstzinsen immer schwieriger wird, in denen Pensionskassen die Umwandlungssätze herabsetzen und in denen vor allem die Politik eine Erhöhung des Pensionsalters diskutiert - in diesen Zeiten scheint der Traum der Frühpensionierung unrealistisch zu werden.

Sind die Aussichten tatsächlich so trübe? Dass das schwierige Finanzmarktumfeld ein Hinderungsgrund für eine vorzeitige Pensionierung darstellt, glaubt Willy Graf, Inhaber von VVK Vorsorge- und Vermögenskonzepte, nicht: "Wenn ich meine Leistungen vollbracht, in die Säule 3a eingezahlt und etwas gespart habe, dann ist der Entscheid nicht vom Marktumfeld abhängig", sagt der Vorsorgeexperte im cash-Talk.

Gemäss Statistiken des Bundes gehen rund 40 Prozent der Erwerbspersonen vor dem ordentlichen Pensionsalter in Rente - die einen freiwillig, die anderen nicht. In der Statistik nicht enthalten sind diejenigen Personen, welche gerne in Frührente gehen würden, es sich aber finanziell nicht leisten können.

Sparen bereits ab dem ersten Lohn

Um zu vermeiden, dass die gewünschte Frühpensionierung am Finanziellen scheitert, ist vor allem ein Aspekt zu beachten, sagt Graf. "Der absolut wichtigste Punkt ist das Haushaltsbudget. Zweitwichtigster das Haushaltsbudget. Und am drittwichtigsten nochmals das Haushaltsbudget". Denn wer wisse, wie viel Geld er im Alter brauche, kann auf seinen Pensionskassenausweis schauen und sehen, wie viel Rente er bei der Frühpensionierung tatsächlich bekommt.

Der Pensionskassenausweis kann jeder Arbeitnehmer auf Wunsch bei seiner Pensionskasse beziehen. Darauf sieht er, welche Leistungen ihm im Alter zustehen - auch bei einer allfälligen Frühpensionierung. Doch aufgepasst: Es handelt sich bei diesen Angaben nur um die Leistungen aus der zweiten Säule. Nicht inbegriffen sind hier Gelder der AHV und freiwillig einbezahlte Guthaben aus der Säule 3a. Um zu prüfen, ob die Rente für eine Frühpensionierung ausreicht, müssen alle Leistungen und allfällige Ersparnisse aufaddiert werden.

Doch ab welchem Alter muss mit sparen begonnen werden, damit das Geld schlussendlich auch ausreicht? "Wenn ich meine erste Stelle antrete, sollte ich 300 Franken pro Monat in einen Fondssparplan einzahlen und diesen Plan diszipliniert durchhalten", beschreibt Graf die optimale Vorbereitung auf eine Frühpensionierung.

Das Leben ist voller Überraschungen

Soweit zum optimalen Szenario. Aber wer denkt bei seinem ersten Lohn bereits an seinen Lebensabend? Hinzu kommt, dass auch ein diszipliniertes Durchhalten dieses langen Sparplans sehr schwer sein wird - auch wenn man es sich fest vornimmt. Dies deshalb, weil im Laufe des Lebens viele (teils ungeplante) Änderungen anstehen, die sich aufs Budget auswirken: Heirat, Hausbau, Kinder, Scheidung, Jobverlust und so weiter.

Das sieht auch Graf so. Deshalb rät er frühpensionierungswilligen Personen dazu, sich ab Alter 45 erste Gedanken zur eigenen Pension zu machen und einen Vorsorgeplan zu erstellen. Auch bei Leuten im Alter von 55 Jahren ist es noch nicht zu spät, sich eine Frühpensionierung zu ermöglichen.

Den grössten Teil der Rente machen üblicherweise die Gelder aus der Pensionskasse aus. Umso wichtiger ist auch es, hier die Stellschrauben richtig zu drehen - egal ob eine Frühpensionierung geplant ist oder nicht. Spielraum birgt die zweite Säule mittels freiwilligen Einkäufen, sofern Deckungslücken in der Vorsorge bestehen. Damit erhöht sich die künftige Rente und gleichzeitig werden im Jahr des Einkaufs Steuern gespart. Lücken entstehen etwa durch einen Auslandaufenthalt oder durch eine Lohnerhöhung. Das maximale Einkaufpotenzial ist im persönlichen Vorsorgeausweis ersichtlich.

Alles in die zweite Säule einschiessen ist keine gute Idee

Soll nun wenn immer möglich das Maximum in die zweite Säule einbezahlt werden, um die Rente nach oben zu drücken? "Nein, auf keinen Fall", lautet die deutliche Antwort von Graf. Auch hier ist wiederum - wie könnte es anders sein - das Haushaltsbudget der entscheidende Punkt. "Erst wenn die absehbare Rente zu tief ausfallen wird, um das eigene Budget zu decken, dann sollte man nachzahlen."

Eine Nachzahlung aufs "Geratewohl" hingegen, welche das eigene Budget überschreitet, führe nur zu einer höheren Einkommensteuer beim Rentenbezug. "Dann lohnt sich das Nachzahlen nicht", sagt Graf. Schlussendlich ist die eine Frage entscheidend: Wie viel Rente brauche ich?

Im cash-Talk sagt Willy Graf ausserdem, was mit dem Altersguthaben bei einem Stellenwechsel passiert, wenn die neue Pensionskasse schlechtere Konditionen bietet und ob es eine Rolle spielt, ob der Pensionskasseneinkauf Anfang oder Ende Jahr erfolgt.