Das Gros der Zinsspezialisten ist sich einig: Die langfristigen Renditen werden in den kommenden Monaten anziehen. So sagte am Montag auch Zinsspezialist Alessandro Bee im cash-Interview, er erwarte gegen Ende Jahr einen deutlichen Anstieg der Renditen der Staatsanleihen, was sich auch auf die Festhypotheken auswirken dürfte.

Bee empfiehlt Hypothekarschuldnern deshalb, nicht auf variable Libor-Hypotheken, sondern auf Kredite mit festen Laufzeiten und fixen Zinssätzen zu setzen. Denn wenn Bewegung in die Zinslandschaft komme, werde die Prognosesicherheit des Libor-Zinssatzes sehr anspruchsvoll, so der Experte der Bank J. Safra Sarasin.

Libor-Hypotheken orientieren sich am Zinssatz, zu dem Banken einander Geld ausleihen. Auf den aktuellen Dreimonats-Libor-Zins von 0,02 Prozent schlagen die Finanzinstitute noch eine unterschiedlich hohe Marge dazu.

Laut Daten des Beratungsunternehmens Vermögenspartner liegen die Zinsen für Libor-Hypotheken zur Zeit zwischen 0,9 und 1,3 Prozent. Zum Vergleich: Die günstigste Festhypothek über 10 Jahre wird mit 1,9 Prozent verzinst - also mehr als doppelt so viel als mit der günstigsten Libor-Variante. Gemäss Berechnungen des Vermögenszentrums (VZ) konnten Hausbesitzer in den vergangenen Jahren bis zu 14'500 Franken pro Jahr einsparen.  

Doch was heisst das nun für Hausbesitzer? Sollen sie angesichts von steigenden Zinsen die derzeit noch tiefen Konditionen längerfristig mit einer Festhypothek an sich binden? Oder zahlt es sich aus, zumindest einen Teil der Hypothekarschulden mit einem günstigeren Libor-Kredit zu finanzieren?

Langfristige Strategie fahren

Für unabhängige Berater steht fest, dass noch immer kaum etwas gegen eine Libor-Hypothek spricht. "Aufgrund der aktuellen Zinsverhältnisse kann nicht pauschal gesagt werden, dass man sich von Libor-Hypotheken verabschieden sollte", sagt Florian Schubiger von Vermögenspartner. Weil die Zinsentwicklung generell sehr schwierig abzuschätzen sei, sollte sie nicht als alleinige Grundlage für strategische Entscheidungen zur Hausfinanzierung dienen. "In jedem Fall aber ist eine Hypothekarstrategie angebracht, die langfristig gefahren werden kann", so der Hypotheken-Experten.

Er sieht die Gefahr von Libor-Hypotheken viel eher bei Schuldnern, die nur über knappe finanzielle Verhältnisse verfügen. Denn einerseits können Libor-Hypotheken – je nach Institut – erst ab einem Betrag von 100'000 bis 200'000 Franken abgeschlossen werden. Und andererseits reagieren Libor-Hypotheken am schnellsten auf rasche und starke Zinsanstiege, was sich im Portemonnaie bemerkbar macht. "Libor-Hypotheken sind deshalb nur für Personen zu empfehlen, die dieses Risiko tragen können", so Schubiger.

Was es zu beachten gilt

Wer aber das etwas höhere Risiko auf sich nehmen will, könne ohne weiteres seine Immobilie zu einem erheblichen Teil per Libor finanzieren. "Im Extremfall sogar 100 Prozent", sagt Schubiger. Allerdings gilt dies als Risiko-Variante. In der Regel wird ein Verhältnis von zwei Drittel Fest und einem Drittel Libor empfohlen. 

Ein weiterer Vorteil von Libor-gebundenen Hypotheken ist die einfache Vergleichbarkeit. Denn zum Referenzzins kommt nur die Marge des Hypotheken-Anbieters hinzu. Und diese kann in der Regel verhandelt werden.

Und was, wenn die Zinsen tatsächlich steigen sollten? Wenn dies in moderatem Tempo geschieht, kann eine Libor-Hypothek gegen eine Gebühr in eine Festhypothek umgewandelt werden. Wer allerdings eine scharfe Aufwärtsbewegung an der Zinsfront befürchtet, setzt besser bereits heute auf Festhypotheken. 

Banken sind nicht unschuldig

Zwei weitere Dinge müssen laut Schubiger beachtet werden: Die Laufzeit des Hypotheken-Rahmenvertrags und die Gesamthöhe der Gebühren. Stimmt dieses Gesamtpaket, sollte man den günstigsten Anbieter auswählen. "Denn das Haus wird nicht schöner mit einer teureren Hypothek", sagt Schubiger.

In der Schweiz sind nur rund 10 Prozent aller Hypotheken Libor-Kredite. Schuld daran seien nicht zuletzt die Banken, so Schubiger. "Denn diese verdienen an Festhypotheken tendenziell deutlich mehr."