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Sowohl in der Politik als auch bei den Notenbanken sitzen ehemalige Mitarbeiter von Goldman Sachs in Schlüsselpositionen. Die amerikanische Investmentbank gilt deshalb als das mächtigste und am besten vernetzte Bankinstitut überhaupt. Dementsprechend gross ist seine Beachtung an den Märkten. Spricht Goldman Sachs Empfehlungen aus, ruft das nur allzu oft Trittbrettfahrer jeglicher Couleur auf den Plan.

In einer Studie zu den europäischen Industrieaktien sagen die für die amerikanische Bank tätigen Verfasser den Anlegern schwierige Jahre vorher. Widersprüche sehen sie insbesondere bei der Branchenbewertung. Absolut betrachtet liege diese mittlerweile zwar auf dem höchsten Stand seit knapp zehn Jahren. Im Vergleich zum breiten Markt sei die Bewertung in dieser Zeit jedoch noch nie tiefer als jetzt gewesen.

Dennoch wird der eigenen Anlagekundschaft zu einem sehr selektiven Ansatz geraten. Unter Miteinbezug der Gewinnerwartungen für die kommenden fünf Jahre haben die Experten die Aktien von 86 Industrieunternehmen durchleuchtet und in drei verschiedene Gruppen unterteilt. Bei deren 20 sehen sie unter Miteinbezug der Dividendenzahlungen über die kommenden drei Jahre ein kursseitiges Aufwärtspotenzial von über 80 Prozent, was einem jährlichen Anstieg von nicht weniger 16 Prozent entspricht.

Die erste Gruppe setzt sich aus Aktien von Unternehmen mit einer schwachen aber besser werdenden Barmittelgenerierung zusammen. Dazu zählen aus Schweizer Sicht die Papiere von Clariant. Weitere Schlüsselempfehlungen von Goldman Sachs sind Arkema, Faurecia, Leoni, Lanxess, Peugeot und Wienerberger.

Der zweiten Gruppe ordnen die Studienverfasser Aktien von stark ausgerichteten Unternehmen mit einer hohen Barmittelgenerierung zu. Neben den Papieren von Geberit finden die Experten auch an jenen von Syngenta sichtlich Gefallen. Darüber hinaus gehören dieser Gruppe auch die Aktien von Alent, Atlas Copco, Legrand, Croda und Meggitt an.

Die dritte und letzte Gruppe setzt sich aus den Valoren von Bilfinger, MTU, Safran, Schneider Electric, Symrise und Philips zusammen. Schweizer Vertreter sucht man bei diesen Aktien von Unternehmen mit einem substanziellen Ertragsverbesserungspotenzial und einer anziehenden Barmittelgenerierung allerdings vergebens.

Zumindest in einem Punkt muss ich Goldman Sachs Recht geben. Anders als in der Vergangenheit weisen die europäischen Industrieaktien derzeit keinen Bewertungsaufschlag zum breiten Markt auf. Ganz im Gegenteil: Auf Basis der Konsensschätzungen für die kommenden 12 Monate errechnet sich mittlerweile sogar ein Abschlag von 8 Prozent, was dem tiefsten Stand der letzten zehn Jahre entspricht.

Interessant ist auch, was die Studienverfasser in Bezug auf die Übernahme- und Fusionstätigkeit schreiben. Aufwärtspotenzial sehen sie bei Aktien von Unternehmen wie Symrise, Croda oder MTU mit Raum für Bereichsverkäufe und solchen mit einer überzeugenden Akquisitionsstrategie wie Atlas Copco, Legrand oder Schneider Electric. Als klassische Übernahmeziele werden Alent, Victrex und Alstom genannt.

Auch wenn Empfehlungen aus dem Hause Goldman Sachs vermutlich nicht ganz ohne Eigeninteressen sind, so liefert die vorliegende Studie dennoch eine gewisse Orientierungshilfe.

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Die Aktionäre von Meyer Burger sind nicht zu beneiden, befinden sie sich doch in einer nicht enden wollenden Achterbahnfahrt der Gefühle. Alleine im Dezember entschied das im bernischen Gwatt beheimatete Solarzulieferunternehmen mehrere Aufträge für sich. Damals schien die Auftragsflaute überwunden. Weitere Erfolgsmeldungen blieben dann allerdings aus.

Begehrlichkeiten wecken die Pläne Katars. Eigenen Angaben zufolge will der Wüstenstaat eine bestehende Solarproduktionsanlage mit einer Kapazität von jährlich 300 Megawatt auf 2‘500 Megawatt ausbauen. Mit GT Advanced hat sich ein erster Anbieter Aufträge gesichert. Angeblich ist bei diesem Projekt auch Meyer Burger im Gespräch.

Ein Kommentar aus dem Aktienhandel von Helvea könnte durchaus Fantasien wecken. Dem Kommentar ist zu entnehmen, dass Meyer Burger im besten Fall sogar Aufträge im Gegenwert von mehr als einer Milliarde Franken winken. Firmeneigenen Angaben zufolge entspreche ein Gigawatt an Produktionskapazitäten Aufträgen im Umfang von 550 bis 600 Millionen Franken. Gleichzeitig bezeichnet der Verfasser die bei Helvea mit «Hold» und einem Kursziel von 14 Franken eingestuften Aktien als schwierig einschätzbar und riskant.

In einer heute erschienenen Unternehmensstudie legt die Credit Suisse nach und rät risikobereiten Anlegern zum Auf- bzw. Ausbau von Engagements. Die Auftragslage von Meyer Burger werde sich schon bald materiell aufhellen, sei das Unternehmen in Ländern wie Indien, Thailand oder Katar doch in fortgeschrittenen Verhandlungen. Obschon der verantwortliche Experte seine EBITDA-Schätzungen für die Jahre 2014 und 2015 substanziell zusammenstreicht, hält er mit einem 12-Monats-Kursziel von neu 16 (17) Franken an seiner «Outperform» lautenden Empfehlung fest.

Meines Erachtens ist eine Aufhellung der Auftragslage zwar sehr wahrscheinlich, mit einem Börsenwert von mittlerweile 1,2 Milliarden Franken bei Meyer Burger jedoch längst eingepreist.