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Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich den vorwiegend ausländischen Leerverkäufern ganz gerne auf die Finger schaue. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Leider bietet die Schweizer Börse SIX dazu bis heute keine offiziellen Statistiken an - eine folgenschwere Unterlassungssünde. Gerade bei kleineren Unternehmen kann ein orchestrierter Angriff ausländischer Leerverkäufer rasch einmal zur Überlebensfrage werden.

In die (Informations-)Bresche springen Beratungsunternehmen wie etwa IHS Markit. Letztere lassen sich für ihre Erhebungen allerdings gut bezahlen, womit diese für viele Privatanleger unerschwinglich bleiben.

Wichtige Erkenntnisse lassen sich aus der Leerverkaufsstatistik der New York Stock Exchange (NYSE) ziehen. Wer - wie die A-Liga der Schweizer Grosskonzerne - etwas auf sich hält, lässt seine Aktien nämlich auch in New York handeln. Einziger Nachteil: Die NYSE veröffentlicht die Statistik nur alle vierzehn Tage.

Sechs lange Wochen ist es her, dass ich mich in meiner Kolumne letztmals mit den amerikanischen Leerverkäufern und ihren Vorlieben auseinandergesetzt habe. Seither ist so einiges passiert.

Am auffälligsten ist der starke Anstieg bei den Wetten gegen die Aktien von Alcon. Bei der letzten Erhebung waren 3,6 Millionen Titel leerverkauft. Das sind 140 Prozent mehr als vier Wochen zuvor.

Die in der Augenheilkunde tätige ehemalige Novartis-Tochter gilt als stolz bewertet. Einigen Analysten zufolge nimmt das Kurs- und Bewertungsniveau bereits heute einen lehrbuchmässigen Turnaround vorweg.

Kursentwicklung der Aktien von Alcon seit der Abspaltung von Novartis von Anfang April (Quelle: www.cash.ch)

Auch die Credit Suisse hat es den amerikanischen Leerverkäufern wieder angetan. Innerhalb von nur vier Wochen schwollen die Wetten gegen die in New York gehandelten Titel der Schweizer Grossbank um gut 100 Prozent auf 7,97 Millionen Stück an. Zum Vergleich: Jene gegen die Erzrivalin UBS entwickelten sich in dieser Zeit stabil – wenn mit 16,5 Millionen Titeln auf hohem Niveau. Bei Julius Bär wurde zuletzt mit 950'000 Aktien auf rückläufige Kurse spekuliert, was einer Zunahme um 76 Prozent entspricht.

So nah sich die beiden ewigen Platzrivalen Roche und Novartis am Rheinknie in Basel auch sein mögen, so unterschiedlich werden sie bei den amerikanischen Leerverkäufern wahrgenommen. Mit 4,19 Millionen Titeln laufen 12 Prozent mehr Wetten gegen Novartis als noch vor vier Wochen. Bei Roche sind es mit 1,93 Millionen Stück hingegen 9 Prozent weniger als bei der vorletzten Erhebung. Es ist, als hätten einige amerikanische Leerverkäufer geahnt, dass der diesjährige Forschungs- und Entwicklungstag von Roche auf positive Resonanz stösst.

An dieser Stelle sei einmal mehr gesagt, dass die Leerverkaufsstatistik der NYSE vor allem als Gegenindikator taugt. Haben sich die Leerverkäufer auf ein Unternehmen eingeschworen, müssen sie ihre Wetten irgendwann nämlich wieder eindecken und die leerverkauften Aktien über den offenen Markt zurückkaufen - was sich nicht selten als kurstreibend erweist.

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Die Geschichte des Bauchemiespezialisten Sika ist eine Erfolgsgeschichte, die in der Schweiz ihresgleichen sucht. Selbst das unschöne Kapitel des letztendlich vereitelten Verkaufs der Mehrheitsbeteiligung nach Frankreich konnte dem Traditionsunternehmen aus Baar nichts anhaben.

Das hielt ausländische Leerverkäufer in den vergangenen Wochen allerdings nicht davon ab, umfangreiche Wetten gegen die bei Analysten beliebten Aktien aufzubauen. Analyst Patrick Laager von der Credit Suisse zufolge spekulieren Leerverkäufer mittlerweile mit rund 9 Prozent aller ausstehenden Titel auf eine rückläufige Kursentwicklung.

Die Rechnung der Leerverkäufer ist einfach gemacht: Verliert die Baukonjunktur an Schwung, trifft das früher oder später auch Sika. Und dann wäre da ja auch noch das schwankungsanfällige Automobilzuliefergeschäft.

Die Aktien von Sika sind unter die Jahreshöchstkurse zurückgefallen (Quelle: www.cash.ch)

Wie Laager weiter schreibt, lädt Sika am 3. Oktober bekanntlich zum diesjährigen Investorentag nach Zürich. Darf man dem für die Credit Suisse tätigen Analysten Glauben schenken, dann kommuniziert der Bauchemiespezialist an diesem Tag ambitionierte neue Mittelfristziele.

Laager rechnet damit, dass Firmenchef Paul Schuler und seine Geschäftsleitungskollegen am diesjährigen Investorentag nur so von Zuversicht strotzen werden - zum Leidwesen der Leerverkäufer. Letztere müssten übrigens ganze 19 durchschnittliche Tagesvolumen zusammenkaufen, wollten sie ihre Wetten gegen Sika bis auf die letzte Aktie schliessen. Das bliebe wohl nicht ohne ein schmerzhaftes Kursfeuerwerk - ein bei den Leerverkäufern auch als "Short-Squeeze" berüchtigtes Phänomen...

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