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Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass der Schweizer Aktienmarkt nicht neue Rekorde schreiben würde. Mehrere voneinander unabhängige Quellen berichten mir von einer Kapitulation falsch oder unzureichend positionierter Marktakteure. Das überrascht nicht, gilt eine Jahresendrally mittlerweile doch als so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Angst, etwas verpassen zu können, ist allgegenwärtig.

Die Argumente der Banken und ihrer Strategen drehen sich alle um ein und dasselbe: Im Handelsstreit zwischen Washington und Peking stehen die Vorzeichen auf Deeskalation, in den wichtigsten Weltregionen scheinen die vorauseilenden Wirtschaftsindikatoren vorerst Boden gefunden zu haben und die führenden Zentralbanken fluten das Finanzsystem wieder mit billigem Geld.

Entwicklung des Swiss Performance Index über die letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Irgendwann - so die Hoffnung - werden diese Faktoren in ihrer Gesamtheit endlich zur längst überfälligen Belebung bei den Unternehmensgewinnen führen. Das ist denn auch dringend notwendig, führen die Aktienkurse doch schon seit Monaten ein Eigenleben fern der Gewinnerwartungen der Analysten.

Der Grund für dieses schon beinahe beängstigende Phänomen ist denkbar einfach: Die "Politik des billigen Geldes" zwingt etwa Versicherungen oder Pensionskassen im Anlagegeschäft zu Risiken, die sie unter gewöhnlichen Umständen nie eingehen würden. Man muss mittlerweile überproportional viele zusätzliche Risiken in Kauf nehmen, um auch nur annähernd vernünftige Renditen erzielen zu können - wenn das nur gut kommt...

Dass in diesem Zusammenhang von einem Dammbruch gesprochen werden kann, lässt auch die jüngste Umfrage von Merrill Lynch bei Vermögensverwaltern und Fonds-Managern erahnen. Eigenen Angaben zufolge kauften die Befragten im grossen Stil Aktien zu. Im Zuge dessen schmolz die durchschnittlich gehaltene Barmittelquote gegenüber der vorangegangenen Erhebung von 5 auf 4,2 Prozent, was die amerikanische Investmentbank selbst als stärksten Rückgang seit November 2016 bezeichnet. Nur im Frühsommer 2013 war die durchschnittliche Barmittelquote noch tiefer.

Auch Stratege Christopher Potts von Kepler Cheuvreux berichtet von einer Kapitulation durch pessimistische Marktakteure. Allerdings traut er dem jüngsten Anstieg an den Aktienmärkten nicht wirklich über den Weg. Potts begründet seine Zurückhaltung einerseits mit den zuletzt rückläufigen Kundenaktivitäten, andererseits aber auch mit dem weiterhin eher geringen Risikoappetit.

Während ich das erstere kaum selber beurteilen kann, muss ich letzterem vehement widersprechen. Zumindest am Schweizer Aktienmarkt reicht ein Blick auf die Gewinnerliste des laufenden Monats, angeführt von den Papieren des Backwarenherstellers Aryzta (+ 52 Prozent), des Pharmaunternehmens Basilea (+ 20 Prozent) sowie der beiden Handelskonzerne Dufry und DKSH (beide + 12 Prozent). Nicht wenige dieser Unternehmen gelten hierzulande als Sorgenkinder und verlangen interessierten Marktakteuren eine gehörige Portion Risikoappetit ab.

So weit, so gut. Ich frage mich allerdings, ob die Aktienmärkte mit ihrer jüngsten Rekordjagd die Jahresendrally nicht heute schon vorwegnehmen. Je höher die Kurse in den kommenden zwei Wochen noch klettern, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Anschlusskäufen im Dezember.

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Noch bis vor wenigen Tagen fristete Basilea ein Mauerblümchen-Dasein. Nachdem die Aktien innerhalb der letzten 48 Stunden bei stark anschwellenden Handelsaktivitäten um mehr als 20 Prozent zulegen konnten, ist das Pharmaunternehmen aus Basel allerdings wieder in aller Munde.

Was genau dieses Kursfeuerwerk zündete, bleibt vorerst offen. Die wohl naheliegendste Erklärung wäre eine Kapitulation einiger Leerverkäufer - zählten die Aktien hierzulande bis vor wenigen Wochen doch zu den am häufigsten leerverkauften Papieren. Wie Erhebungen der Beratungsfirma Markit zeigen, liefen noch Ende Oktober Wetten im Umfang von nicht weniger als 16 Prozent aller ausstehenden Titel gegen das Pharmaunternehmen.

Der auffällige Kurssprung bei den Basilea-Aktien sorgt für Gesprächsstoff (Quelle: www.cash.ch)

Vielleicht schreckte Basilea selbst die Leerverkäufer auf, stellte es sich in den letzten Wochen doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit in- und ausländischen Investoren vor – wobei sich zumindest ein Teil der leerverkauften Aktien mit Arbitragetransaktionen gegenüber der ausstehenden Wandelanleihe erklären lassen.

Nicht so recht ins Bild kapitulierender Leerverkäufer wollen die geradezu auffälligen Käufe in gut handelbaren Call-Warrants wie BSLBJB, BSLGJB, BSLAFZ oder BSLOJB passen. Diese Handelsaktivitäten wecken den Verdacht, dass sich jemand auf bahnbrechende Neuigkeiten - beispielsweise eine weitere Produktpartnerschaft - hin einnistet.

Nun heisst es aber erst einmal abwarten und hoffen, dass sich die jüngsten Kursavancen auch wirklich als nachhaltig erweisen.

 

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