Das Handelsgeschehen an den Edelmetallmärkten wird sei je her immer wieder von teilweise abstrusen Verschwörungstheorien umwoben. Viele dieser Theorien sind zweifelsohne frei erfunden und gehören ins Reich der Märchen.

Unklar bleibt, ob das auch für die mir vergangene Nacht aus Übersee zugetragenen Berichte gilt. Denn in diesen Berichten wird wider anders lautenden Meinungen nicht etwa die zypriotische Zentralbank für den Einbruch beim Gold und Silber verantwortlich gemacht. Vielmehr wird der schwarze Peter der Federal Reserve Bank zugeschoben. Die US-Notenbank habe schon am Freitag zu einem regelrechten Angriff auf die Edelmetalle geblasen und alleine beim Gold 500 Tonnen in Form von Leerverkäufen auf den Markt geworfen. Dabei beruft man sich auf Aussagen eines ehemaligen Mitglieds des US-Finanzministeriums unter US-Präsident Ronald Reagan.

Es ist nicht neu, dass den Zentralbanken führender Wirtschaftsnationen eine Manipulation der Edelmetallmärkte nachgesagt wird. Aufgrund der in der Vergangenheit beobachteten Wechselwirkung zwischen dem Gold und dem Dollar sind diese Verschwörungstheorien nicht völlig an den Haaren herbeigezogen.

Dass die Zentralbanken am jüngsten Kollaps beim Gold und Silber interessiert sind, kann ich mir kaum vorstellen. Alleine die US-Notenbank hält gemäss Statistiken des World Gold Council Gold im Umfang von 8133 Tonnen, gefolgt von der Deutschen Bundesbank mit 3391 Tonnen. Da der Goldschatz bei beiden Ländern rund drei Viertel der gesamten Währungsreserven entspricht, ist man bei den jeweiligen Zentralbanken wohl kaum an deutlich tieferen Preisen interessiert. Die Berichte aus Übersee sind für mich deshalb nur schwer nachvollziehbar.

Ich vermute viel mehr eine Kapitulation der Investoren hinter dem jüngsten Einbruch. Denn wie ich einem Kommentar aus dem Hause Merrill Lynch entnehme, wuchs die Investitionsnachfrage nach dem Edelmetall von 656 Tonnen im Jahre 2007 auf 2632 Tonnen im vergangenen Jahr. Seit dem Jahreswechsel zeichnet sich allerdings eine Trendumkehr ab. Einen weiteren in diese Richtung gehenden Anhaltspunkt liefert der seit Jahresbeginn beobachtete Mittelabfluss bei den börsengehandelten Goldfonds.

Auch die jüngst vom amerikanischen Bankinstitut bei Vermögensverwaltern und Fondsmanagern durchgeführte Umfrage deutet auf eine Kapitulation bei den Rohstoffen und insbesondere bei den Edelmetallen hin. Für mich sind die aus Übersee eintreffenden Berichte deshalb nur schwer nachvollziehbar.

In Expertenkreisen ist ein Streit entbrannt, ob der jüngste Einbruch an den Edelmetallmärkten zum Einstieg genutzt werden sollte. Die Meinungen gehen diesbezüglich weit auseinander.

Ein Blick auf die charttechnische Situation verrät mir allerdings, dass es sich beim jüngsten Einbruch durchaus um einen Exzess handeln könnte. Denn am Freitag brach das Gold aus einem zuvor über mehrere Monate entstandenen Abwärtstrendkanal nach unten aus. Dabei wurde die von mir schon mehrfach genannte Schlüsselzone zwischen 1520 und 1540 Dollar je Unze verletzt, was in den darauf folgenden Handelstagen zur eigentlichen Kapitulation der Haussiers führte. In der Folge fiel das Edelmetall bis in die Nähe der nächsten Schlüsselunterstützung bei 1320 Dollar die Unze.

Mittlerweile notiert das Gold um nahezu 20 Prozent unter dem trendbestimmenden gleitenden Durchschnitt auf 200 Tage. In der Vergangenheit erwiesen sich solche Übertreibungen meist als attraktive Einstiegsgelegenheiten. Obschon ich an den Edelmetallmärkten nicht mit einer unmittelbaren Aufholjagd auf die Stände von vor dem Einbruch rechne, erachte ich das weitere Rückschlagspotenzial als überschaubar. Ein für mich zentraler Frühindikator bleibt die Entwicklung der Goldminenaktien.

Es gibt mittlerweile sogar Experten, welche nach dem jüngsten Einbruch mit orchestrierten Interventionen führender Zentralbanken zu Gunsten des Edelmetalls rechnen. Daher gilt: Möglich ist derzeit einfach alles.

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Die Reaktion des Marktes auf die von Givaudan veröffentlichten Quartalsumsatzzahlen fallen unmissverständlich aus: Bis zum frühen Nachmittag werden die Namenaktien in einem regen Handel um mehr als 3 Prozent zurückgestuft.

Ursprünglich hatte man sich in Expertenkreisen auf eine positive Umsatzentwicklung eingestellt. Insbesondere die für JP Morgan tätige Analystin traute dem in Genf niedergelassenen Hersteller von Aromen und Riechstoffen ein starkes Absatzwachstum in den Schwellenländern zu.

Umso grösser ist heute nun die Ernüchterung: Mit 3,9 Prozent liegt das organische Umsatzwachstum nämlich ziemlich deutlich hinter den erwarteten 5,5 Prozent zurück. Enttäuschend war vor allem der unerwartete Umsatzrückgang bei den margenstarken Feinriechstoffen.

Ein Erklärungsversuch für die enttäuschende Umsatzentwicklung ist die im Vergleich zum letzten Jahr geringere Anzahl Wochentage. Meiner Meinung nach müsste sich dieser Umstand allerdings weitestgehend in den Analystenschätzungen widerspiegeln. Dasselbe gilt für die hohe Vergleichsbasis aus dem Vorjahr. Auch diese Entschuldigung kann ich deshalb nicht zählen lassen.

Dass vor allem das Geschäft mit Feinriechstoffen hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, dürfte Folgen für die Umsatzzusammensetzung und damit für die Margen haben. Givaudan setzt damit den mit der kräftigen Dividendenerhöhung von Mitte Januar erhaltenen Ruf als Börsenliebling aufs Spiel.