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Da ich mich in wenigen Stunden in die Berge verabschiede, gibt es die Börsenwoche im Schnelldurchlauf diese Woche ausnahmsweise etwas früher als sonst. Einmal mehr verlangten die letzten Tage selbst hartgesottenen Börsenprofis alles ab. Gerade am heutigen Donnerstagmorgen liegt ein Hauch von Kapitulation in der Luft.

Nur den Schwergewichten – insbesondere den Genussscheinen von Roche – ist es zu verdanken, dass die Kursverluste nicht noch schmerzhafter ausfallen. Dank einer taktischen Kaufempfehlung durch die Deutsche Bank machen die Valoren des Pharma- und Diagnostikkonzerns ihrem Ruf als "Fels in der Brandung" weiterhin alle Ehre.

Trendumkehr nach unten: Credit Suisse warnt beim SMI vor Verkaufssignal

Doch auch die Aktien von Nestlé und Novartis stossen vermehrt auf Interesse. Wie immer wenn an den Aktienmärkten alles drunter und drüber geht, sind Attribute wie "träge" oder "langweilig" urplötzlich wieder gefragt. Fragt sich bloss, wie lange die drei Schwergewichte dieses Mal "en vogue" bleiben.

Tränen der Verzweiflung dürften einmal mehr den Aktionärinnen und Aktionäre der Credit Suisse in die Augen geschossen sein. Sie mussten ab Dienstag mitansehen, wie Kurse von 8 Franken und weniger bezahlt wurden.

Getreu dem Motto "eine neue Woche – eine neue Hiobsbotschaft" geriet die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken abermals negativ in die Schlagzeilen. Die Credit Suisse habe über viele Jahre hinweg korrupte Autokraten, mutmassliche Kriegsverbrecher sowie Menschenhändler, Drogendealer und andere Kriminelle als Kunden akzeptiert, wie ein Journalistennetzwerk auf Basis entwendeter Kundendaten in Erfahrung gebracht haben will.

Die Grossbank selber reagierte umgehend und wies sämtliche Vorwürfe gegen sie entschieden zurück. Angesichts des gewaltigen Medienechos ging ein Interview von Firmenchef Thomas Gottstein mit den Kollegen der Finanz & Wirtschaft vom Wochenende regelrecht unter.

Die Vorwürfe gegen die Credit Suisse klingen so skurril, dass einige Beobachter dahinter sogar eine gezielte (Schmutz-)Kampagne aus dem Ausland vermuten – mit dem Ziel, die Grossbank für ein "Butterbrot" übernehmen zu können...

Ich schrieb vor wenigen Wochen:

...und ergänzte kürzlich...

Wenn man mich fragt, führt momentan bloss jemand eine Kampagne gegen die Credit Suisse: Sie selber.

Anders als die Aktien der Credit Suisse erhalten jene des Bauchemiespezialisten Sika – trotz oder gerade wegen den fallenden Kursnotierungen - viel Zuspruch. Gestern Mittwoch meldete sich auch Stifel-Analyst Christian Arnold zurück im Lager der Optimisten. Er stufte die Valoren des Vorzeigeunternehmens aus dem steuergünstigen Baar mit einem Kursziel von 390 (zuvor 380) Franken von "Hold" auf "Buy" herauf.

Er hält die Angst vor steigenden Rohmaterialkosten für übertrieben und macht bei den übrigen Kosten Optimierungspotenzial aus, um Gegensteuer geben zu können. Ausserdem lässt Arnold neuerdings die 5,5 Milliarden Franken teure Übernahme des einstigen Bauchemiegeschäfts von BASF in sein Bewertungsmodell miteinfliessen.

Viel Mut dürfte ihn seine Kaufempfehlung nicht gekostet haben, war er es doch, der Mitte Januar bei Kursen von rund 350 Franken die Reissleine zog und die Aktien auf "Hold" abstufte.

Ausserdem befindet sich der Stifel-Analyst mit seinem Optimismus in bester Gesellschaft. In den letzten Tagen eilte den Papieren neben Hans Peter Schmidlin von der Basler Kantonalbank ("Übergewichten" bis 400 Franken) auch Barclays-Analyst Pierre Rousseau mit verteidigenden Kommentaren zu Hilfe. Letzterer sieht den Kurs der mit "Overweight" eingestuften Aktien gar auf 500 Franken steigen. Dann wäre Sika ja eigentlich fast so etwas wie ein "blinder Kauf".

Zum Thema Grossübernahme schrieb ich einst:

Die Aktien von Meyer Burger waren diese Woche zeitweise für etwas mehr als 25 Rappen zu haben. Und selbst wenn die Papiere seither Boden gutmachen konnten, zählt das Solarunternehmen zu den hiesigen Verlierern der letzten Tage.

Mit dem Tagesgeschäft dürften diese Verluste nur wenig zu tun haben. Vielmehr dreht sich alles um die Besitzverhältnisse – besser gesagt um den russischen Grossaktionär Peter Kondrashev. Dieser hält über seine Beteiligungsgesellschaft Sentis Capital PCC (Cell 3) etwas mehr als 10 Prozent der Stimmen.

Nach der Eskalation im Ukraine-Konflikt wird nun befürchtet, dass die westlichen Sanktionen gegen Russland auch bei Meyer Burger für Kollateralschäden sorgen könnten. Egal ob gerechtfertigt oder nicht: Alleine schon die Möglichkeit setzt den Aktien des Solarunternehmens ziemlich zu.

Nichts scheut die Börse bekanntlich mehr als die Ungewissheit. Das machen sich die Leerverkäufer zunutze. Wie Erhebungen der Beratungsfirma IHS Markit zeigen, spekulierten sie zuletzt mit 18,5 Prozent aller ausstehender Aktien auf rückläufige Kurse, wobei es sich zumindest bei einem Teil davon um Absicherungstransaktionen seitens von Wandelanleihegläubigern handeln dürfte.

Eine dicke Überraschung erwartete gestern Mittwoch die nicht gerade erfolgsverwöhnen Aktionärinnen und Aktionäre von Valora. Der Detailhandelskonzern nimmt die Dividendenzahlung wieder auf. Für das vergangene Geschäftsjahr sollen 3 Franken je Aktie ausgeschüttet werden. Das entspricht immerhin einer Rendite von 1,7 Prozent. Nicht eben wenige Analysten hatten mit einem weiteren Dividendenverzicht gerechnet und müssen nun über ihre Bücher.

Ich bin neugierig, ob sich die hohen Wogen an den Aktienmärkten kommende Woche wieder legen. Bis dahin bleibt nur der Trost, dass politische Börsen meist nur kurze Beine haben – sprich: Nicht von Dauer sind.

Die nächste Kolumne erscheint abwesenheitsbedingt am kommenden Montag, den 28. Februar 2022, um 12.30 Uhr. Das Insider-Briefing erscheint hingegen wie üblich.

 

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