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Was war das doch bloss wieder für eine verrückte Woche am Schweizer Aktienmarkt. Durften wir Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten am Montag noch einmal kurz durchatmen, ging es tags darauf gleich ans Eingemachte. Mit Logitech, UBS und Novartis warteten gleich drei Vertreter aus dem renommierten Swiss Market Index (SMI) mit ihren Zahlenkränzen auf – gefolgt von Swisscom am Donnerstag sowie Swiss Re und Holcim am heutigen Freitag. Begleitet wurde das Ganze von zahlreichen Wortmeldungen von Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe wie etwa Sulzer, Dufry, Straumann, Clariant, Landis+Gyr oder auch Idorsia.

Allerdings brachte die Woche nicht nur uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten manchmal an den Rand der Verzweiflung – auch bei den Leerverkäufern dürften die vergangenen fünf Handelstage als ein ziemlich schmerzhaftes Kapitel in die Geschichtsbücher eingehen. Nicht nur in New York, auch bei uns liefen die Kurse diese Woche bei ach gar mancher Aktie gegen sie.

Geld kosteten die Leerverkäufer unter anderem ihre Wetten gegen die Aktien von Temenos. Die Bankensoftware-Schmiede aus Genf rückte ins Zentrum von Übernahmespekulationen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag nach Börsenschluss berichtete, soll der Finanzinvestor EQT an einem Übernahmeangebot an die Aktionärinnen und Aktionäre basteln. Noch befinde sich das Ganze aber in einem frühen Stadium, wie die Autoren einräumten.

Interessant ist, dass jemand schon vor Börsenschluss davon Wind bekommen haben muss. Dies legen zumindest die aggressiven Käufe in Call-Warrants wie TEMNJB oder TEMLJB im späten Handel nahe.

Mittlerweile wird mit Thomas Bravo übrigens einem zweiten Finanzinvestor ein Interesse an Temenos nachgesagt, wobei von einem 10 Milliarden Franken schweren Angebot die Rede ist.

Bloss: Zu aktuellen Kursen wird das Genfer Unternehmen bereits mit 10 Milliarden Franken bewertet. Nochmals mit steigenden Kursen ist wohl nur dann zu rechnen, wenn sich die beiden angeblichen Interessenten gegenseitig überbieten.

Nach einem solchen Bieterstreit sieht es momentan jedoch nicht aus. Wie ich einem Kommentar aus dem Hause Kepler Cheuvreux entnehme, glaubt der Autor, dass EQT eine solche Übernahme weder aus eigener Kraft stemmen kann noch will. Vielmehr geht er davon aus, dass sich der Finanzinvestor mit anderen Branchengrössen zu einem Bieterkonsortium zusammenschliesst.

Ob Thoma Bravo und EQT gemeinsame Sache oder sich gegenseitig das Leben schwer machen, wird sich zeigen.

Wie dem auch immer sein mag - Analyst Cengizhan Sen bei Julius Bär dürften die Spekulationen jedenfalls freuen. Nach der eher etwas enttäuschenden Quartalsergebnisveröffentlichung bezeichnete er den Bankensoftwarehersteller als "heisses" Übernahmeziel.

Mut beweist Barclays-Analyst James Goodman. Er nutzt das Kursfeuerwerk der letzten Tage und stuft die Aktien von Temenos mit einem Kursziel von 130 (zuvor 160) Franken von "Overweight" auf "Equal Weight" herunter. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Unternehmensverkaufs ins Ausland ist, dazu will sich Goodman partout nicht äussern.

Doch nicht nur das Kursfeuerwerk bei Temenos, auch die kräftige Kurserholung bei den Valoren von Landis+Gyr, Zur Rose oder AMS kosteten die Leerverkäufer zuletzt viel Geld.

Die Aktien der Swisscom gelten als träge und deshalb als eher langweilig. Letzteres muss nicht zwangsläufig etwas Schlechtes sein. Da der Telekommunikationskonzern aus dem bernischen Ittigen seit Jahren für seine grosszügige und erst noch zuverlässige Ausschüttungspolitik bekannt ist, sehen einige Anleger in den dividendenstarken Valoren gar einen valablen Obligationen-Ersatz.

Die Swisscom-Aktien gerieten zuletzt unter die Räder (Quelle: www.cash.ch)

Gestern Donnerstag wurden die Aktien diesem Ruf allerdings so gar nicht gerecht, spielten sich nach einem durchwachsenen dritten Quartal und einer überraschenden Reduktion der diesjährigen Umsatzvorgaben teils doch dramatische Szenen ab. Die Papiere des unangefochtenen Schweizer Marktführers standen von der ersten Minute an unter Verkaufsdruck und wurden zeitweise mit Kursverlusten von mehr als 7 Prozent abgestraft.

Einerseits muss die Swisscom die Zusammenarbeit mit Salt beim Ausbau des Glasfasernetzes auf regulatorischen Druck hin vorderhand auf Eis legen und andererseits beginnt nun erstmals seit Jahren auch Fastweb zu schwächeln. Die italienische Tochter hatte im Breitbandgeschäft zuletzt mit rückläufigen Nutzerzahlen zu kämpfen.

Ich gehe davon aus, dass sich diese Wogen bald wieder glätten und die Valoren der Swisscom in ruhigere Gewässer schippern werden.

Den Aktionärinnen und Aktionären von Novartis bot sich auch diese Woche wieder ein ziemlich entmutigendes Bild: Wurden am Dienstag im frühen Handel im Zuge eines erfreulichen Zahlenkranzes noch Kurse von 78 Franken und mehr bezahlt, stürzten die Aktien des Pharmakonzerns seither regelrecht ab. Mittlerweile trennen sie keinen Franken mehr von den Jahrestiefstkursen.

Das überrascht, erhöhten die Basler am Dienstag doch – für Beobachter überraschend - ihre langfristigen Umsatzerwartungen für die beiden Hoffnungsträger Entresto und Cosentyx. Zudem wird das "Sorgenkind" Sandoz auf den Prüfstand gestellt. Bank of America und die UBS haben den Auftrag erhalten, sämtliche strategischen Möglichkeiten auszuloten.

Nicht wenige Analysten gehen davon aus, dass Sandoz nach dem Vorbild von Alcon abgespaltet und als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht wird. Wieso nicht zum selben Rezept greifen, mit dem sich schon bei Alcon Aktionärswerte schaffen liessen...?

Die Aktien von Novartis verharren in der Nähe ihrer Jahrestiefstkurse (Quelle: www.cash.ch)

Angesichts des wachsenden Kostendrucks im Gesundheitssystem und den drohenden Preisregulierungen im wichtigen amerikanischen Medikamentenmarkt scheint mir Sandoz von nicht unbedeutendem strategischem Wert fürs Mutterhaus. Ob man das in Basel auch so sieht?

Beim diesjährigen Börsenschlusslicht Polyphor öffnet sich ein neues Kapitel in der Firmengeschichte. Die Aktionärinnen und Aktionäre des Baselbieter Pharmaunternehmens erteilten dem geplanten Zusammenschluss mit der amerikanischen EnBiotix ihren Segen. Und das, obwohl sie künftig nur eine Minderheitsbeteiligung an der zusammengeführten Gesellschaft halten werden.

Ich berichtete am Mittwoch von einer Beteiligungsmeldung, wonach die Grossaktionärin Credit Suisse Funds ihr Aktienpaket auf unter 3 Prozent reduziert habe.

In diesem Zusammenhang hielt ich fest:

Auf die Holcim-Zahlen gehe ich am kommenden Montag ausführlich ein. An diesem Tag ziehe ich dann auch eine weitere Zwischenbilanz bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2021.

 

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