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In eigener Sache: Ich bin ab Samstag mit meiner Familie auf der Bettmeralp VS am Skifahren. Die nächste Kolumne erscheint deshalb erst am Montag, 29. Februar 2016. Dann wie gewohnt um 12:30 Uhr.

Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern eine gute Börse,

der cash Insider


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An der Börse macht sich Beharrlichkeit bezahlt. Das gilt nicht nur für den versierten Anleger, sondern auch für die oft und gerne kritisierte Zunft der Aktienanalysten.

Als der für die Berenberg Bank tätige Bankenexperte vor etwas mehr als drei Jahren erstmals eine Verkaufsempfehlung für die Aktien der Credit Suisse aussprach, ging auf dem Börsenparkett ein Raunen durch die Menge.

Belächelt wurde weniger die Empfehlung an und für sich, sondern vielmehr das optisch tiefe Kursziel von 13 Franken. Schliesslich galten die Papiere der Schweizer Grossbank damals noch gut 20 Franken.

Zum Lachen zumute ist den Skeptikern schon lange nicht mehr. Denn erst vor wenigen Tagen tauchten die Aktien der Credit Suisse zeitweise auf 12,23 Franken und damit weit unter das inzwischen auf 16 Franken angehobene Kursziel des Analysten.

Wäre das Börsengeschehen ein Fussballspiel, bekäme der Experte heute wohl die gelb-rote Karte wegen "Nachtretens". In einem Kommentar bekräftigt er seine Verkaufsempfehlung und verleiht dieser Nachdruck, indem er das Kursziel auf 10 Franken zusammenstreicht.

In einem mir zugespielten Kommentar findet der Autor keine guten Worte für die Wachstumsstrategie des Dougan-Nachfolgers Tidjane Thiam. Auf der einen Seite wachsen und auf der anderen Seite in einem von illiquiden Märkten und einem wirtschaftlichen Abschwung geprägten Umfeld Risiken reduzieren zu wollen, sei ein Ding der Unmöglichkeit, so lautet sein Urteil. Für ihn steht fest: Thiam setzt im ungünstigsten Fall sogar den Ruf der Credit Suisse aufs Spiel, sollten weitere Quartalsverluste folgen.

Obschon die Aktien der Credit Suisse alleine seit Jahresbeginn um knapp 40 Prozent eingebrochen sind, weisen sie auf Basis der nächstjährigen Schätzungen der Berenberg Bank noch immer ein eher stolzes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,6 auf.

Wie die Erzrivalin UBS muss sich auch die Credit Suisse neu erfinden. Nach dem Milliardenverlust im Schlussquartal ist die Kritik an der Wachstumsstrategie Thiams lauter geworden und wird so schnell wohl auch nicht wieder verstummen.

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Kein anderer Wirtschaftszweig unterliegt annähernd so starken und unberechenbaren Nachfrageschwankungen wie die Halbleiterindustrie. Von kurzlebigen und nicht selten auch intensiven Produktzyklen geprägt, wird den ihr zurechenbaren Unternehmen einiges abverlangt. Auf lange Sicht erfolgreich sind vor allem Anbieter, denen es bei aller Hektik im Tagesgeschäft gelingt, die sich abzeichnenden Trends nicht aus den Augen zu verlieren.

Auch ein breit abgestütztes Geschäftsmodell bietet ein gewisses Mass an Schutz vor den unberechenbaren Nachfrageschwankungen. Denn diese führen je nach Produktkategorie und Absatzmarkt ein völliges Eigenleben.

Das haben mittlerweile selbst kleinere Halbleiterhersteller wie AMS begriffen und versuchen sich über ergänzende Firmenzukäufe breiter abzustützen - beispielsweise mit der ziemlich cleveren Übernahme der belgischen CMOSIS vom vergangenen November.

Dieser Diversifikationsprozess verlangt den Entscheidungsträgern in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung mindestens genauso viel Weitsicht und Fingerspitzengefühl ab. Gerade in der Nähe eines Zyklushochs werden für Firmenkäufe nicht selten Fantasiepreise bezahlt und damit auf Käuferseite Aktionärswerte vernichtet.

Darf man dem für die MainFirst Bank tätigen Experten Glauben schenken, dann könnte nun AMS selber das Interesse ausländischer Halbleiterkonzerne auf sich ziehen.

Im Zuge des Verlusts des Sockelauftrags für NFC-Verstärker beim Grosskunden Apple und der Nachfrageverlangsamung bei Smartphones hätten die Aktien eine einschneidende Bewertungskorrektur erfahren, so schreibt er in einem Kommentar. Diesem ist weiter zu entnehmen, dass diese durchaus zu einem Übernahmeangebot aus dem Ausland führen könnte.

Die Rechnung des Autors ist einfach: Für die im letzten Jahr bekannt gewordenen Grossübernahmen wurde bis zum 27-fachen Verhältnis vom Unternehmenswert zum operativen Gewinn (EBITDA) bezahlt. AMS hingegen weist auf Basis der bankeigenen Schätzungen für dieses Jahr gerade mal ein Verhältnis von 9 auf.

Mit anderen Worten: Ein Interessent müsste deutlich tiefer für AMS in die Tasche greifen, als der Aktienkurs vermuten lässt. Als mögliche Käufer werden in Branchenkreisen Texas Instruments, Microchip Technologies oder Analog Devices genannt. Auch mit dem kleineren Rivalen Dialog Semiconductor gab es vor Jahren schon einmal Gespräche.

Der Druck auf den Experten der MainFirst Bank dürfte gross sein, empfiehlt er die Aktien von AMS doch schon seit Jahren mit "Outperform" zum Kauf. Noch immer liegt sein Kursziel bei optisch hohen 47 (50) Franken. Nun scheint er mit den Übernahmefantasien seinen vorerst letzten Trumpf ausspielen zu wollen. Bleibt zu hoffen, dass er damit bei den finanzkräftigen Halbleiterkonzernen in Übersee auf Gehör stösst.
 

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