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Die Aktien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind nicht zu bremsen. Im Laufe des Freitagnachmittags wurden erstmals Kurse von über 3000 Franken bezahlt. Zu diesem Zeitpunkt notierten die Valoren um fast 60 Prozent über ihrem Stand von Mitte Juli.

In dieser Zeit jagte eine Spekulation die nächste. Von angelsächsischem Kaufinteresse war zu hören - genauso wie von auffälligen Käufen aus dem nördlichen Nachbarland Deutschland. Wenig überraschend fiel in diesem Zusammenhang auch der Name Theo Siegert. Mit einem Stimmenanteil von 6,6 Prozent ist der Wirtschaftsprofessor seines Zeichens grösster Privataktionär unserer SNB.

Nach wochenlangen Recherchen kann ich das Rätsel um die geheimnisvolle Käuferschaft endlich lösen. Sie sitzt in Deutschland. In der Ausgabe seines wöchentlich erscheinenden Börsenbriefs "Die Actien-Börse" vom letzten Samstag zeigt sich die deutsche Börsenbrief-Legende Hans A. Bernecker nämlich sichtlich erfreut über das Kursfeuerwerk bei den SNB-Aktien. Und auch wenn er es nicht wortwörtlich schreibt, so lässt er durchblicken, dass die in der Ausgabe Nr. 29 vom 22. Juli ausgesprochene Kaufempfehlung aufgegangen und das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht sei.

Der grösste Gewinner eines steigenden Euro-Franken-Kurses sei die SNB selbst. Deshalb stehe die Börsenkapitalisierung von umgerechnet 215 Millionen Franken in einem Missverhältnis zu dem von ihm mit 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken veranschlagten eigentlichen Unternehmenswert, schrieb Bernecker im Juli. Zudem verglich die Börsenbrief-Legende die Aktien der SNB mit der "Blauen Mauritius", einer äusserst seltenen Briefmarke. "Kaufen Sie wenigstens eine, um dabei zu sein", so lautet bis heute seine Empfehlung. Dieser Empfehlung werden viele seiner Leser, genauso wie unzählige Trittbrettfahrer gefolgt sein.

Dass die SNB-Aktien rund um das Erscheinen der Ausgabe Nr. 29 vom 22. Juli herum abhoben, dürfte deshalb mehr als nur ein Zufall sein. Das Rezept ist denkbar einfach: Man nehme eine schlecht handelbare Aktie - gerade mal 26 Prozent der ausstehenden Aktien befinden sich in Privatbesitz, der durchschnittliche Tagesumsatz lag vor dem 22. Juli bei mageren 90 Aktien - und stelle einen der zehnfachen Börsenkapitalisierung entsprechenden Wert in den Raum. Et voilà...

Die SNB-Aktien (rot) schneiden deutlich besser als der SPI (grün) ab (Quelle: www.cash.ch).

Welche Berechnungen den genannten 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken zugrunde liegen, verrät Bernecker allerdings nicht.

Hätte er das Nationalbanken-Gesetz studiert, wüsste er jedoch, dass die Aktionäre der SNB keinen über die Dividende hinausgehenden finanziellen Anspruch haben. Ich vermute deshalb vor allem eines hinter den im Raum stehenden 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken: reine Effekthascherei, um seine zahlreichen Leser möglichst zum Kauf zu ermuntern.

Spätestens wenn die Titelkäufe aus Deutschland abebben, dürften die Aktien der SNB wieder die Erdanziehungskraft spüren. Denn alteingesessene Börsenfüchse wissen: Ein enger Markt beschleunigt die Kursentwicklung nicht nur nach oben...

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Nur Beharrlichkeit und sehr viel Geduld führt an der Börse langfristig zum Erfolg, so sagt man. Doch was ist, wenn ein Unternehmen die Geduld der Anleger immer wieder aufs Neue auf die Probe stellt?

Mit dieser Frage müssen sich in diesen Tagen die Aktionäre von Vifor Pharma herumschlagen. Denn seit der Pharmahersteller aus Bern im vergangenen Spätsommer den amerikanischen Rivalen Relypsa übernommen hat steht fest: mit dem Kaufpreis von umgerechnet 1,4 Milliarden Franken alleine ist es nicht getan.

Um den mit Relypsa übernommenen Kaliumbinder Veltassa zum kommerziellen Erfolg zu führen, muss das Unternehmen über die nächsten Jahre weitere 700 Millionen Franken in die Hand nehmen. In den ersten sechs Monaten liessen sich gerade mal 24 Millionen Franken mit dem Medikament umsetzen, was den Aktionären seitens der Firmenvertreter allerdings als ein Meilenstein verkauft wurde (siehe Kolumne vom 11. August).

Als Vifor Pharma vor zwei Wochen das Halbjahresresultat vorlegte, zündeten aggressive Deckungskäufe ein Kursfeuerwerk. Die Freude hielt nicht lange an. In den letzten Tagen waren die Aktien erstmals wieder für unter 100 Franken zu haben. Das zur Freude der Leerverkäufer, wird doch gemäss Erhebungen des Beratungsunternehmens Markit mit rund 12 Prozent der ausstehenden Papiere gegen den Berner Pharmahersteller spekuliert.

Die Frage ist nun: Wie lange werden die einstigen Galenica-Grossaktionäre dem zermürbenden Kurszerfall noch tatenlos zuschauen?

Kursentwicklung der Aktien von Vifor Pharma während den letzten fünf Jahren (Quelle: www.cash.ch).

Der bekannte Financier Martin Ebner, er hält über seine Beteiligungsgesellschaft Patinex und die BZ Bank insgesamt 20,4 Prozent, hatte sich die Unternehmensaufspaltung vermutlich ebenso ganz anders vorgestellt wie die übrigen Schwergewichte im Aktionariat. Die Leidensgenossen Rudolf Maag (3 Prozent der Stimmen) und Remo Stoffel (8,48 Prozent der Stimmen) dürften ein Lied davon singen können.

Am Donnerstag wechselten ausserbörslich gut 250'000 Aktien die Hand. Gut möglich, dass erste (Gross-)Aktionäre die Geduld mit Vifor Pharma verlieren.
 

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