Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

+++

Es kommt nicht häufig vor, dass ein Aktienanalyst zum Rundumschlag ausholt und die Bewertungsmodelle sämtlicher ihm zugeteilten Unternehmen gleichzeitig überarbeitet. Einer derjenigen Vertreter dieser Berufsgruppe, der seinen Rotstift einem regelrechten Belastungstest unterzieht, ist Elmar Sieber von der Basler Kantonalbank. Wenn man dem Analysten etwas nicht vorwerfen kann, dann ist es untätig zu sein.

Ideen für den Börsenherbst: UBS sagt, bei welchen Aktien die Börse völlig falsch liegt


Er nimmt einerseits die jüngste Gewinnwarnung des britischen Konsumgüterkonzerns Associated British Foods, kurz ABF, andererseits aber auch die Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) zum Anlass, um die Kursziele der hiesigen Branchennachbarn unter negativen Vorzeichen zu überarbeiten. Sieber kürzt das Kursziel für Alcon auf 68 (zuvor 70) Franken, für Lonza auf 600 (zuvor 700) Franken, für Nestlé auf 127 (zuvor 140) Franken, für Emmi auf 925 (zuvor 960) Franken und für Dufry auf 38 (zuvor 40) Franken. Die Aktien von Alcon und Dufry werden wie bis anhin mit "Marktgewichten", jene von Lonza, Emmi und Nestlé hingegen mit "Übergewichten" eingestuft – was einer Kaufempfehlung gleichkommt.

Bei Straumann und Sonova kürzt der Analyst zwar die Kursziele, stuft die Valoren der beiden Medizinaltechnikfirmen gleichzeitig jedoch von "Marktgewichten" auf "Übergewichten" hinauf. Die Kursziele gibt er neuerdings mit 125 (zuvor 130) Franken und 310 (zuvor 330) Franken an.

Kursentwicklung der Aktien von Straumann (rot) und Sonova (grün) in den letzten 12 Monaten (Quelle: www.cash.ch)

Sieber sieht gerade Sonova gut für einen möglichen Konjunkturabschwung gerüstet, bringt der Hörgerätehersteller momentan doch gerade eine neue Gerätegeneration auf den Markt. Und beim Dentalimplantatespezialisten Straumann dürfte sich der Vorstoss ins Geschäft mit tiefpreisigen Implantaten bezahlt machen, sollte die Ausgabefreudigkeit der Konsumentinnen und Konsumenten leiden.

Getreu dem Motto "keine Regel ohne Ausnahme", erhöht der Analyst sein Kursziel für die mit Marktgewichten eingestuften Aktien von Idorsia auf 14,50 (zuvor 12) Franken. Er trägt damit dem Verkaufserfolg der Baselbieter mit dem Schlafmittel Quviviq Rechnung.

Mit all diesen Anpassungen ist es übrigens noch immer nicht getan. Zu den Auswirkungen auf hiesige Automobilzulieferer wie etwa Autoneum sowie auf die beiden Luxusgüterhersteller Swatch Group und Richemont will sich Sieber in Kürze auch noch äussern. Ich bin jedenfalls neugierig, ob nun auch die Abteilungskollegen des Analysten ihre Rotstifte zücken. Mehr dazu vermutlich "demnächst in diesem Kino"...

+++

Die Fondstochter der UBS hält erstmals seit sieben langen Jahren wieder etwas mehr als 3 Prozent am Backwarenhersteller Aryzta. Das geht aus einer Offenlegungsmeldung an die SIX Swiss Exchange hervor. Selbst die Angst vor den Folgen steigender Herstellkosten auf die künftige Gewinnentwicklung scheint die Fondsmanager der grössten Schweizer Bank nicht abzuschrecken.

Mit der Beteiligungserhöhung leisten sie übrigens einer Empfehlung des hauseigenen Analysten Jörn Iffert Folge. Keine zwei Wochen ist es her, dass dieser nach Abklärungen in den Absatzmärkten eine weitere Kaufempfehlung für die Aktien aussprach. Mit 1,60 Franken liegt das 12-Monats-Kursziel noch immer weit über den zuletzt bezahlten Kursen.

Die Aktien von Aryzta verspüren seit gut zwei Wochen Rückenwind (Quelle: www.cash.ch)

Iffert fühlt sich im Gespräch mit Branchenkennern sowie mit direkten Rivalen von Aryzta in seiner positiven Haltung bestärkt. Er sieht den Backwarenhersteller die höheren Herstellkosten zeitnah über Preiserhöhungen an die Abnehmer weitergeben. Gleichzeitig rechnet er in Sachen Effizienz und Produktivität mit deutlichen Fortschritten.

Mit seinen Gewinnschätzungen für die nächsten Jahre liegt der Analyst um 15 bis 20 Prozent über den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken. Er gibt sich zuversichtlich, dass der Backwarenhersteller zumindest die Erwartungen seiner Berufskollegen erfüllen wird.

Auch wenn Überzeugung in die eigenen Gewinnschätzungen anders aussieht, ist so viel "Unité de doctrine" wie sie die UBS bei Aryzta zeigt sehr lobenswert. Wie ich bei früherer Gelegenheit schrieb, ist das im Anlagegeschäft hiesiger Banken alles andere als selbstverständlich.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.