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Wer sich in diesem Jahr auf die traditionelle Jahresend-Rallye eingestellt hatte, wurde in den letzten Tagen bitter enttäuscht. Dass ausgerechnet der schwache Ölpreis die Aktienmärkte in die Knie zwingt, ist an Ironie kaum zu überbieten. Denn eigentlich müsste den Privathaushalten aufgrund tieferer Ausgaben fürs Heizen und den Autobetrieb mehr vom Einkommen für den Konsum zur Verfügung stehen, so steht es zumindest in den Lehrbüchern.

Die Geschwindigkeit des Ölpreiszerfalls stellt jedoch nicht nur ganze Wirtschaftszweige, sondern sogar ganze Nationen vor schwerwiegende Probleme. Dem embargogeschwächten Russland droht der Kollaps. Diese Vermutung lässt zumindest der jüngste Einbruch am russischen Aktienmarkt zu, von der Talfahrt des Rubels gar nicht erst zu sprechen.

Angeschlagen sind auch viele andere von der Rohstoffgewinnung abhängige Schwellenländer, mit verheerenden Schockwellen für die Finanzmärkte. Selbst für Nordamerika werden die Probleme der heimischen Öl- und Gasindustrie zunehmend zum Bumerang für die Wirtschaft und die heimische Börse. Dennoch dürfte die US-Notenbank nicht von ihrem in der Vergangenheit eingeleiteten geldpolitischen Kurswechsel abweichen und voraussichtlich schon heute die Rhetorik rund um eine erste mögliche Leitzinserhöhung verschärfen.

In der Folge ist selbst der als defensiv bezeichnete Schweizer Aktienmarkt in den vergangenen Tagen von seinem Rekordhoch zurückgefallen. Der breit gefasste Swiss Performance Index hat innerhalb kürzester Zeit knapp 7 Prozent eingebüsst. Anders als den viel beachteten Eurostoxx-50-Index trennen das Börsenbarometer damit jedoch noch immer rund 8 Prozent davon, unter den Stand von Anfang Jahr zu fallen.

Wie mir Händler berichten, wird der jüngste Rückschlag von vielen Marktakteuren bereits wieder als günstige Einstiegsgelegenheit gefeiert. Dass im gleichen Atemzug von gezielten Käufen aus dem In- und Ausland die Rede ist, überrascht daher nicht. Noch wird sich allerdings zeigen müssen, ob den Baissiers und nicht doch den Haussiers letztendlich der der Atem ausgeht.

Zumindest beim Analysehaus Kepler Cheuvreux hat man dazu bereits eine klare Meinung. In seinem neusten Kommentar schreibt der für das Cross Asset Research tätige Stratege, dass der Rückschlag noch nicht ausgestanden sei.

Der vom Ölpreiszerfall ausgehende Schock habe die Debatte in den eigenen Reihen der Europäischen Zentralbank (EZB) rund um eine Ausweitung des Rückkaufprogramms auf Staatsanleihen hinfällig werden lassen. Eine solche gelte mittlerweile für so gut wie sicher. Die Frage bleibe höchstens, ob die europäische Geldpolitik auch wirklich den gewünschten Effekt haben werde, so der Experte.

Auf Basis von Frühindikatoren sieht der Stratege weder beim nominellen Bruttoinlandprodukt für die Eurozone noch bei der Gewinnentwicklung der Unternehmen Anhaltspunkte für eine Belebung. Er hält deshalb jegliche Zuversicht für voreilig und glaubt nicht, dass die Turbulenzen an den europäischen Aktienmärkten schon ausgestanden sind.

Dieser Meinung bin auch ich. Denn die Stimmung bei den Banken und ihren Aktienstrategen ist selbst nach dem jüngsten Rückschlag ungebrochen zuversichtlich. Aus Übersee treffen selbst in diesen Tagen geradezu von Euphorie begleitete Strategiestudien bei mir ein. Die Märkte sind sich ihrer Sache noch immer viel zu sicher, was Gefahren birgt.

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Gestern schickte die Credit Suisse die Namenaktien von Meyer Burger noch einmal kräftig auf Talfahrt. Nicht nur, dass der für die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken tätige Experte das Anlageurteil von "Neutral" auf "Underperform" reduzierte, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, strich er auch gleich noch das 12-Monats-Kursziel auf 5 (9,50) Franken zusammen.

Die Warnung vor der anhaltenden Barmittelverbrennung und ihren möglichen Folgen für das im bernischen Gwatt beheimateten Solarzulieferers blieben auch im Ausland nicht ungehört. Panikartige Verkäufe liessen nicht lange auf sich warten und drückten den Aktienkurs vorübergehend um mehr als 20 Prozent.

Im Berufshandel stösst die Unternehmensstudie auch heute noch einmal auf harsche Kritik. Mitte Dezember seien die Handelsvolumina erfahrungsgemäss dünn und der Zeitpunkt für eine solche Rückstufung verantwortungslos. Darüber hinaus würden die saisonal bedingten Bereinigungsverkäufe zusätzlich angeheizt, so der Tenor.

Tatsächlich kann eine Studie wie jene aus dem Hause Credit Suisse für ein Unternehmen mit den Problemen von Meyer Burger zur existenziellen Bedrohung werden.

Dennoch muss ich den Studienverfasser in Schutz nehmen. Vermutlich gibt es keinen richtigen oder falschen Zeitpunkt für eine solche Verkaufsempfehlung. Und war es nicht das Unternehmen selber, welches sich vor ziemlich genau einem Jahr zu einer Umsatz- und Gewinnwarnung gezwungen sah? Anders als gestern markierten die Neuigkeiten damals den Beginn einer mehrere Monate andauernden Kurserholung.

Bleibt aus Sicht der verschiedenen Anspruchsgruppen zu hoffen, dass sich in den kommenden Tagen das Unternehmen selber zu Wort meldet und die Situation klärt. Ansonsten dürfte weder den Mitarbeitern, noch den Aktionären über die Festtage zum Feiern zu Mute sein.