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Nicht nur in der Versicherungsindustrie - auch bei den Banken ist "Big Data" gross im Kommen. Möglich macht das die Technologie. Nur sie lässt eine immer effizientere Verarbeitung riesiger Datenberge zu.

Gerade im angelsächsischen Raum halten deshalb vermehrt quantitative Anlagestrategien Einzug. Dabei werden riesige Datenberge nach zuvor fest definierten Gesichtspunkten durchforstet. Der Vorteil: Bei der Titelauswahl spielen keine Emotionen oder Vorlieben mit hinein. Was zählt, sind harte Fakten.

Die amerikanische Investmentbank J.P. Morgan beschäftigt auf diesem Gebiet gar eine zehnköpfige Abteilung. Diese ist über die ganze Welt verteilt. Einmal im Monat melden sich die quantitativen Aktienstrategen um Marko Kolanovic zu Wort und nennen sowohl 30 substanziell unterbewertete europäische Aktien als auch 30 überbewertete Aktien.

Dabei stützen sich die Strategen auf Gesichtspunkte wie etwa den Buchwert, die Wachstumsaussichten, das Geschäftsmomentum sowie die Ergebnis- oder die Bilanzqualität ab.

Aus Schweizer Sicht ist die Ausbeute bei den als unterbewertet beurteilten europäischen Aktien überraschend mager. Das mag allerdings auch mit dem eher überschaubaren Schweizer Anlageuniversum von J.P. Morgan zu tun haben. Mit anderen Worten: Mit Ausnahme der im Swiss Market Index (SMI) vertretenen Unternehmen deckt die amerikanische Investmentbank nur einige wenige Nebenwerte wie etwa Straumann oder Partners Group ab.

Die Aktien der Partners Group sind denn auch die einzigen, die auf der 30 Titel starken Liste der aussichtsreichsten europäischen Aktien zu finden sind. Offiziell werden die Papiere des Risikokapitalspezialisten bei J.P. Morgan nicht zuletzt aufgrund seiner guten Wachstumsaussichten mit "Overweight" und einem Kursziel von 900 Franken zum Kauf empfohlen.

Die Aktien der Partners Group haben sich seit 2009 im Kurs mehr als verzwölffacht. (Quelle: cash.ch)

Anders als die Liste der aussichtsreichsten Aktien liest sich jene der zu meidenden Aktien wie das "Wer ist wer" der hiesigen Unternehmenslandschaft. Auf der Liste finden sich etwa die Aktien von Lonza Group, Julius Bär, Credit Suisse, LafargeHolcim, UBS und Richemont. Der Schokoladenhersteller Lindt&Sprüngli ist gleich zweifach vertreten - sowohl mit den Namenaktien als auch mit den Partizipationsscheinen. Von wegen süsse Versuchung...

Interessant dabei: Mit Ausnahme der Aktien von Richemont und Lindt&Sprüngli - J.P. Morgan stuft diese mit "Neutral" ein - empfiehlt die amerikanische Investmentbank die übrigen Papiere offiziell mit "Overweight" zum Kauf. Getreu dem Motto: Das eine tun und das andere nicht seinlassen.

Die Aktien von Credit Suisse (rot) und UBS (grün) im Zwölf-Monate-Vergleich mit dem SMI (gelb). (Quelle: cash.ch)

Im Februar liess sich mit den 30 aussichtsreichsten europäischen Aktien der amerikanischen Investmentbank nicht viel reissen. Durchschnittlich resultierte ein Kursrückgang von 0,5 Prozent - und das in einem sehr freundlichen Markt. Hätte man als Anleger die 30 aussichtsreichsten Aktien gekauft und die 30 zu meidenden Aktien leerverkauft, wäre das Ergebnis ähnlich ernüchternd ausgefallen.

Das darf allerdings nicht über die geradezu beeindruckende langfristige Bilanz der quantitativen Aktienstrategen von J.P. Morgan hinwegtäuschen. Immerhin liess sich der Einsatz mit den 30 aussichtsreichsten Aktien über all die Jahre mehr als verfünffachen und die wichtigsten Aktienindizes klar schlagen.

Das wiederum legt die Vermutung nahe, dass vor allem demjenigen an den Aktienmärkten Erfolg beschert ist, der sein Geld möglichst emotionslos anlegt. Mich überrascht beim Anblick solcher Erfolgsbilanzen jedenfalls nicht, dass vermehrt quantitative Anlagestrategien Einzug halten - selbst wenn die aktuelle Titelauswahl von J.P. Morgan aus Schweizer Sicht wenig schmeichelhaft ausfällt. Genauso überrascht es mich nicht, alle drei Schweizer Grossbankaktien auf der Liste der zu meidenden Titel zu finden...
 

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