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Mit Kursverlusten von bis zu fünf Prozent werden die Aktien der Credit Suisse am heutigen Donnerstag von der Börse abgestraft. Dass die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken im Schlussquartal gut 2 Milliarden Franken in den Sand setzte, hatte spätestens nach den entsprechenden Vorabinformationen von Ende Januar wohl der hinterste und letzte Analyst auf dem Radar.

Allerdings steckt der Teufel einmal mehr im Detail. Beim Blick auf den Zahlenkranz sticht vor allem eines ins Auge: Die Erträge brachen der Grossbank im vierten Quartal regelrecht weg – und zwar um satte 17 Prozent auf 4,58 Milliarden Franken. In Expertenkreisen war man durchschnittlich von Erträgen in Höhe von 5,1 Milliarden Franken ausgegangen. Nun werden selbst die pessimistischsten Schätzungen verfehlt.

Nach den milliardenschweren Verlusten rund um den Kollaps des Investmentvehikels Archegos vom vergangenen Frühling reduzierte die Credit Suisse die Risiken im Tagesgeschäft. Da braucht man keinen Abschluss in Betriebswirtschaft mit Fachgebiet Bankkunde in der Tasche zu haben, um erahnen zu können, dass diese Reduktion von Risiken auch auf der Ertragsseite Bremsspuren hinterlassen würde.

Die Geschwindigkeit, mit der der Grossbank im Schlussquartal die Erträge wegbrachen, lässt darüber hinaus jedoch auf Marktanteilsverluste schliessen.

Ob der künftige Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und sein Firmenchef Thomas Gottstein das Ruder in den kommenden Monaten erfolgreich herumreissen können, bleibt da fraglich. Denn die Grossbank hat ein dickes Ertrags- und damit auch ein Kostenproblem. Was den Ausblick anbetrifft, so halten die beiden den Ball vermutlich auch deshalb ziemlich flach.

Interessant ist, dass von allen Analysten gerade der für die britische Barclays tätige Amit Goel eher versöhnliche Worte findet. Um sämtliche Sonderfaktoren bereinigt liege der Vorsteuergewinn im vierten Quartal nur etwas hinter seinen Erwartungen zurück, wie er schreibt. Selbst dem vorsichtigen Ausblick gewinnt Goel etwas Positives ab, sind der Grossbank zuletzt doch wenigstens neue Kundengelder zugeflossen.

Zur Erinnerung: Vor etwas mehr als zwei Wochen stufte der Barclays-Analyst die Aktien der Credit Suisse mit einem Kursziel von 9 (zuvor 12,50) Franken von "Overweight" auf "Underweight" herunter.

Ich schrieb kürzlich:

...und weiter...

Sollten die Aktien in den nächsten Tagen nicht unter ihre diesjährigen Tiefstkurse von Ende Januar bei 8 Franken tauchen, dürfte zumindest die kursseitige Talsohle wohl durchschritten worden sein. Das heisst allerdings nicht, dass auf Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und seinen Firmenchef Thomas Gottstein nicht noch immer ziemlich viel Arbeit warten würde...

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Auch bei uns in der Schweiz finden sich für fast jede Aktie ein ungezügelt hohes Kursziel. Allerdings geht ein solches Kursziel stets mit einer Kaufempfehlung einher, die sich gewaschen hat.

Nicht so jenes von Morgan Stanley für Idorsia. Auf den ersten Blick müssten die Aktien des Pharmaunternehmens aus Allschwil ja eigentlich ein blinder Kauf sein. Analyst Thibault Boutherin reduziert sein Kursziel zwar auf 28 (zuvor 30) Franken, um den künftig deutlich höheren Kosten Rechnung zu tragen. Doch anders als das aus heutiger Sicht bei mehr als 50 Prozent liegende Aufwärtspotenzial vermuten liesse, bleibt Boutherin bei seiner neutralen Haltung für die Papiere. Das lässt zumindest das wie bis anhin "Equal-weight" lautende Anlageurteil des Analysten erahnen.

Wie der mir von einem geschätzten Freund aus Genf zugespielten Unternehmensstudie entnommen werden kann, teilt der für die amerikanische Investmentbank tätige Autor die Zuversicht der Baselbieter in das kommerzielle Potenzial des seit kürzlich zugelassenen Schlafmittels Quvivic nur bedingt. In Erwartung hoher Vorabinvestitionen macht er bis zum erhofften Erreichen der Gewinnschwelle in gut drei Jahren einen weiteren Kapitalbedarf aus. Er sieht das Unternehmen deshalb nicht um eine weitere Kapitalerhöhung – eventuell auch in Form einer Wandelanleihe – herumkommen.

Die davon ausgehenden Ängste setzten den Aktien von Idorsia gestern Mittwoch sichtlich zu. Am frühen Nachmittag hatten die Papiere des Pharmaunternehmens zeitweise Kursverluste von neun Prozent und mehr zu beklagen – und das, obwohl man bei Morgan Stanley unter gewissen Umständen (sog. "Best Case") sogar Kurse von bis zu 55 Franken für möglich hält.

Diese Konstellation bestehend aus einem geradezu verlockend hohen Kursziel und einer gleichzeitig unerwartet vorsichtigen Haltung des Analysten ist nicht eben häufig anzutreffen. So undurchsichtig das Gesamturteil für die Aktien von Idorsia, so deutlich fiel dennoch die Antwort der Börse aus.

 

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