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Schon Wochen vor der überraschenden Leitzinsreduktion und der Ankündigung eines Rückkaufprogramms für forderungsbesicherte Schuldtitel hat sich die Stimmung an den europäischen Aktienmärkten grundlegend aufgehellt. Als eines der wenigen Börsenbarometer kletterte der Swiss Performance Index (SPI) sogar auf ein neues Rekordhoch.

Nachdem sich die Aktienkurse auch bei uns über die letzten drei Jahre von der stagnierenden Entwicklung der Unternehmensgewinne abgekoppelt haben, hebt die Liquiditätsflut allerdings längst nicht mehr alle Boote gleichermassen. Mit anderen Worten: Eine immer grössere Anzahl Einzelaktien bekundet sichtlich Mühe.

Einen eigenen Ansatz verfolgt die MainFirst Bank. Anders als seine für die UBS oder die Credit Suisse tätigen Berufskollegen rät der für Europa zuständige Aktienstratege von europäischen Bankaktien ab. Er rät der eigenen Anlagekundschaft sogar dazu, diese in stärkere Tage hinein abzubauen. Statt dessen setzt der Experte auf die Aktien von Unternehmen mit einem hohen Ergebnisbeitrag von ausserhalb Europas. Das einerseits aufgrund der verhaltenen Binnennachfrage und andererseits in Erwartung eines anhaltend schwachen Euros. In diesem Zusammenhang werden unter anderem die mit "Outperform" zum Kauf empfohlenen Genussscheine von Roche genannt.

Die Bons des Basler Pharmaunternehmens finden sich auch auf der Favoritenliste für den Gesundheitssektor wieder. Die Krebsbehandlung befinde sich in einem grundlegenden Wandel, der in die Hände von Roche und seinem führenden Ansatz in der Forschung und Entwicklung spiele. Auch der vollintegrierte Diagnostikansatz wird als Wettbewerbsvorteil gesehen.

Abgeraten wird hingegen von den Namenaktien von Galenica. Das Berner Unternehmen erziele mehr als die Hälfte des operativen Gewinns (EBIT) mit Meilensteinzahlungen von Fresenius Medical Care und Lizenzzahlungen für das Transplantationsmedikament Cellcept. Diese Quellen könnten schon ab dem nächsten Jahr versiegen, so heisst es. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass der Grossaktionär Alliance Boots seine Beteiligung früher oder später versilbern werde. Das Anlageurteil lautet deshalb konsequenterweise "Underperform" mit einem Kursziel von 750 Franken.

Bei den Baumaterial- und den diesen nahestehenden Chemieherstellern setzt das Bankinstitut auf die mit "Outperform" und einem Kursziel von 4000 Franken empfohlenen Inhaberaktien von Sika. Das Ertragsmomentum des Unternehmens werde chronisch unterschätzt. Darüber hinaus findet der verantwortliche Experte sichtlich Gefallen an der cleveren Akquisitionsstrategie der Innerschweizer.

Obschon sich vom 17,50 Franken lautenden Kursziel ein geringfügiges Aufwärtspotenzial für die Papiere von Clariant ableiten lässt, werden diese mit "Underperform" eingestuft und als uninteressant abgestempelt. Das organische Umsatzwachstum habe beim Basler Spezialitätenchemiehersteller während der ersten Jahreshälfte eine substanzielle Verlangsamung erfahren. Vermutlich habe dieser Trend im laufenden Quartal sogar noch einmal eine Verschlechterung erfahren. Die Konsensschätzungen für das laufende werden genauso wie jene für das kommende Jahr für zu hoch befunden.

Bei den Bankaktien schaffen es aus Schweizer Sicht einzig die mit "Outperform" und einem Kursziel von 22 Franken eingestuften Namenaktien der UBS auf die Liste der Schlüsselempfehlungen. Die Bewertung der in Zürich beheimateten Grossbank sei zwar nicht günstig, lasse sich aufgrund des vorteilhaft hohen Ergebnisbeitrags aus dem Wealth Management, dem Asset Management und dem Retail Banking aber durchaus rechtfertigen. Dank der gut nachvollziehbaren Ausschüttungspolitik wird sogar mit einer noch höheren Bewertung gerechnet.

Eine klare Meinung vertritt die MainFirst Bank auch bei den Versicherungsunternehmen. Der Anlagekundschaft werden die Valoren von Swiss Re ans Herz gelegt und mit "Outperform" sowie einem Kursziel von 83 Franken ebenfalls zu den Schlüsselempfehlungen gezählt. Der Rückversicherungskonzern stelle hohe Ansprüche ans Neugeschäft und führe das Überschusskapital ansonsten lieber an die Aktionäre zurück. Für das laufende Geschäftsjahr sei eine Dividende von 8 Franken pro Titel zu erwarten, was einer attraktiv hohen Rendite von mehr als 10 Prozent entspreche.

Meiden sollten Anleger hingegen die Papiere der Zurich Insurance Group, was sich auch im "Underperform" lautenden Anlageurteil sowie im Kursziel von gerade mal 275 Franken bemerkbar macht. Das Ziel einer Eigenkapitalrendite von 12 bis 14 Prozent auf Stufe des operativen Gewinns (BOPAT) wird für zu ambitiös gehalten. Tiefe Anleiherenditen und wegbrechende Sondererträge könnten Spuren in der Gewinnentwicklung hinterlassen, so befürchtet der zuständige Versicherungsexperte.

Bei den Nahrungsmittelherstellern rät man bei der MainFirst Bank derzeit sogar von zwei prominenten Schweizer Aktien ab: Zum einen vom mit "Underperform" und einem Kursziel von 67 Franken eingestuften Indexschwergewicht Nestlé und zum anderen von den ebenfalls mit "Underperform" eingestuften Papieren von Barry Callebaut. Das Kursziel für Letztere liegt bei 900 Franken und damit um nicht weniger als 20 Prozent unter dem gestrigen Schlussstand.

Nestlé stünden einige herausfordernde Quartale bevor. Auf das Gesamtjahr betrachtet werde das auf 4,8 Prozent geschätzte Wachstum unter dem mittelfristigen Zielband ausfallen. Der französische Rivale Danone sei derzeit besser aufgestellt, nicht zuletzt was die Währungsentwicklung anbetreffe. Barry Callebaut werde den Fokus nach der Integration der Geschäftsaktivitäten von Petra Foods vermehrt auf die Rentabilität verlagern, was mit einem in Zukunft tieferen Wachstum einhergehen werde. Gleichzeitig sei mit einem geringeren freien Cash Flow zu rechnen, was der Aktienkursentwicklung ebenfalls zusetzen werde.

Aufwärtspotenzial sehen die verantwortlichen Experten hingegen bei den mit "Outperform" und einem Kursziel von 90 Franken empfohlenen Namenaktien von Aryzta. Der Hersteller von Tiefkühlbackwaren stehe vor einer organischen Wachstumsbeschleunigung auf über 3 Prozent. Gleichzeitig werde das Unternehmen erstmals auch in Europa Auswirkungen der Transformationsinitiative verspüren.

Die Favoritenliste wird von den Valoren des Edelstahlproduzenten Schmolz + Bickenbach abgerundet. Das Anlageurteil lautet wie bis anhin "Outperform" und das Kursziel 1,70 Franken. Der Turnaround-Prozess schreite voran und der Nebel rund um die Kundenprojekte lichte sich langsam. Darüber hinaus sei möglich, dass das Ziel der in der Vergangenheit eingeleiteten Kosteneinsparungsmassnahmen erhöht werde.

Die Schlüsselempfehlungen der MainFirst Bank und die Überlegungen ihrer Experten scheinen mir mehrheitlich stimmig, auch wenn sie bei einigen Aktien mit meinen Favoriten kollidieren. Im einen oder anderen Fall lässt sich allerdings darüber streiten, ob die Argumente nicht bereits weitestgehend in die jeweiligen Aktienkurse eingeflossen sind.

Ich werde wie gewohnt Anfang Oktober einen Rückblick auf die Entwicklung meiner Ende letzten Dezember kommunizierten Schweizer Aktienfavoriten (siehe Kolumne vom 23. Dezember 2013) wagen.