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Der Wochenkommentar von Albert Edwards ist genauso beliebt wie auch berüchtigt. Denn der für Société Générale tätige Stratege nimmt für gewöhnlich kein Blatt vor den Mund.

Auch in seinem heutigen Kommentar geizt Edwards nicht mit Aufsehen erregenden Vorhersagen. Die Schwellenländereuphorie der letzten Jahre erweise sich immer mehr als ein hohles Gebilde, so der Stratege zu den jüngsten Turbulenzen. Die Angst vor einem geldpolitischen Kurswechsel der USA habe die Probleme vieler Länder mit ihren schwachen Zahlungsbilanzen schonungslos offengelegt.

Edwards stellt den Erfolg der Zins- und Geldpolitik westlicher Zentralbanken ernsthaft in Frage. Erste kleinere Risse im System habe sie zwar überdeckt. Gleichzeitig seien aus den kleinen Rissen aber tiefe Spalten geworden.

Der Stratege sagt dem amerikanischen Aktienmarkt deshalb einen Einbruch vorher. Den viel beachteten S&P-500-Index sieht Edwards von derzeit rund 1640 auf gerademal 450 Punkte kollabieren. Im Gegenzug rechnet er mit einer Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen von unter 1 Prozent. Dem Gold traut der Stratege sogar einen Anstieg auf über 10'000 Dollar die Unze zu.

Interessant ist auch, dass Edwards in seinem Kommentar auf den Börsencrash von 1987 zu sprechen kommt: Obschon die Situation heute eine andere als damals sei, sei ein solcher Rückschlag dennoch möglich. Der Stratege verweist dabei auf die Abkoppelung des amerikanischen Aktienmarktes vom Kupferpreis. In letzterem spiegle sich für gewöhnlich die Situation der Weltwirtschaft wider. Als einen fallenden Dominostein im System bezeichnet Edwards auch den Währungszerfall in den Schwellenländer und seine Gefahren für den Westen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass der Stratege schon seit Jahren vor einem Kollaps am amerikanischen Aktienmarkt warnt. Und auch seine Prognosen für den S&P-500-Index und das Gold sind nicht wirklich neu.

Ich teile die von Edwards verbreitete Endzeitstimmung zwar nicht, muss ich ihm zumindest in einem Punkt Recht geben: Unser Wirtschafts- und Finanzsystem ist weiterhin krank. Und die von den Zentralbanken in der Vergangenheit zur Stützung des Systems eingeleiteten Massnahmen beschränken sich auf die Bekämpfung der Symptome und nicht ihrer Ursachen. Ausserdem blieben am amerikanischen Aktienmarkt in den vergangenen 24 Monaten grössere Korrekturen aus, was eine solche immer wahrscheinlicher erscheinen lässt. Denn auch saisonal betrachtet gehen die Aktienmärkte in eine schwierigere und für gewöhnlich turbulente Jahreszeit über.

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Noch immer rätselt das ganze Land über die Hintergründe des Selbstmords des für die Zurich Insurance Group tätigen CFO Pierre Wauthier. Und auch der überraschende Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Joe Ackermann brachte gestern nur bedingt Licht in die Angelegenheit.

In der heutigen Ausgabe bezeichnet der «Platow Brief» die Umstände des Rücktritts Ackermanns als mysteriös. Von einem erbitterten Machtkampf zwischen dem Verwaltungsratspräsidenten und Wauthier, der hinter den Kulissen angeblich stattgefunden haben muss, sei bislang nie etwas an die Öffentlichkeit durchgesickert.

Merkwürdig sei auch, dass der Verwaltungsrat und sein neuer Präsident Tom de Swaan zwar ein paar schmale Dankesworte für Ackermann gefunden, ihn aber mit keiner Silbe gegen den heftigen Vorwurf der Familie, er trage eine Mitschuld am Selbstmord von Wauthier, in Schutz genommen habe. Offensichtlich müsse das Klima zwischen den jeweiligen Parteien zutiefst vergiftet sein, was auch das bisherige Schweigen von Vorstandschef Martin Senn erklären würde.

Interessant ist der Hinweis auf jüngste Aktivitäten der Münchner Staatsanwaltschaft. Fast zeitgleich mit der Rückzugserklärung Ackermanns sei durchgesickert, dass die Münchner Ermittler mehrere ehemalige Spitzenmanager der Deutschen Bank vorgeladen hätten. Die Staatsanwaltschaft ermittle bereits seit geraumer Zeit auch gegen Ackermann wegen des Verdachts des Prozessbetrugs im Kirch-Verfahren.

Dank beruhigenden Aussagen der Verantwortlichen der Zurich Insurance Group anlässlich einer heute morgen abgehaltenen Telefonkonferenz weisen die Aktien mittlerweile Erholungstendenzen auf. Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass es sich beim jüngsten Kurszerfall schlichtweg um eine Überreaktion des Markts handelt.