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Als die Schweizerische Nationalbank (SNB) Mitte Januar den Mindestkurs gegenüber dem Euro aufgab, erwischte sie nicht nur viele Marktakteure sondern auch die meisten Währungsstrategen auf dem falschen Fuss.

Anders die Experten von J.P. Morgan, die in den Monaten zuvor mehrfach vor einem Bruch des Mindestkurses gewarnt und ihrer Kundschaft zu Absicherungstransaktionen geraten hatten.

Nun wird die amerikanische Grossbank quasi rückfällig. In einem gestern Nachmittag erschienenen Kommentar wartet sie mit einer überraschend gewagten Empfehlung auf: Auf Basis der charttechnischen Konstellation rät sie zum Kauf von Franken gegen Dollars.

In einem ersten Schritt rechnen die Währungsstrategen mit einem Rückschlag des Greenbacks in die Region von 0,92 Franken. Eventuell sei sogar ein Rückschlag in die Region der Mitte Januar erlittenen Mehrjahrestiefststände bei 0,85 Franken möglich, so schreiben sie. Eine Stop-Loss-Limite für diese Wette setzen die Experten bei 0,9755 Franken, sollte der Dollar seinen jüngsten Anstieg ungebremst fortsetzen.

Wie mir Devisenhändler berichten, gelangte J.P. Morgan vor wenigen Tagen schon mit einer ähnlich aufsehenerregenden Kaufempfehlung von Franken gegen Euros an die Öffentlichkeit. Allerdings blieben Nachforschungen meinerseits ohne Ergebnis.

Schon in einem mir Mitte Januar zugespielten Kommentar veranschlagte die amerikanische Grossbank zwar einen Gleichgewichtspreis gegenüber dem Euro von 1,10 Franken und von 0,86 Franken zum Dollar. Allerdings hiess es schon damals, dass die Schweizer Währung über die kommenden Wochen noch einmal deutlich fester werde. Die Experten warnten in der Folge vor einem vorübergehenden Rückschlag des Euros bis auf 0,9250 Franken beziehungsweise bis auf 0,76 Franken beim Dollar.

Diese Empfehlung wurde damit begründet, dass der Gleichgewichtspreis den Unterschieden beim Geschäftszyklus nicht gerecht werde. Letzterer gestalte sich für Schweizer Unternehmen weiterhin vorteilhafter als im umliegenden Ausland.

Gleichzeitig lasse die Abkehr der SNB vom Mindestkurs ein vorübergehendes Überschiessen des Frankens zu. In diesem Zusammenhang wird bei den Amerikanern auf die ausstehenden Frankenkredite in Osteuropa verwiesen. Obschon die Kredite nach Rumänien, Ungarn, Polen und Österreich seit dem Rekordhoch von 2009 von 180 auf unter 120 Milliarden Franken reduziert worden seien, seien europaweit noch immer Kredite im Umfang von 300 Milliarden Franken ausstehend. Der jüngste Entscheid der SNB werde zu einer Beschleunigung der Reduktion von Frankenkrediten führen. Als Vorbild diene die ungarische Zentralbank mit ihrer Umtauschaktion für Frankenhypotheken, so die Devisenstrategen.

Fragt man mich, so könnte der Beginn der umfassenden Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) vom kommenden Montag noch einmal zu stärkeren Verschiebungen im Währungsgefüge führen. Vermutlich gerät der Euro vorübergehend auch gegen den Franken unter Druck. Auf längere Sicht sollte sich die europäische Einheitswährung jedoch zwischen 1,05 und 1,10 Franken einpendeln. Ob J.P. Morgan erneut eine gute Nase beweist, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen müssen.

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Der denkwürdige Entscheid der SNB, den Mindestkurs gegenüber dem Euro aufzugeben, hat den hiesigen Markt im internationalen Vergleich nicht eben attraktiver gemacht. Unmittelbar nach dem Entscheid von Mitte Januar fiel der viel beachtete Swiss Market Index (SMI) vorübergehend zwar um knapp 15 Prozent. Allerdings brach auch eine riesige Welle an währungsbedingten Gewinnschätzungsreduktionen über den Schweizer Aktienmarkt herein.

Seither hat der Schweizer Markt den Einbruch vom Januar nahezu wettgemacht, liegt der SMI mittlerweile doch nur noch rund 3 Prozent unter den Mehrjahreshöchstständen von Anfang Januar. Treibende Kraft hinter dieser Erholung war der nachgebende Franken, der zum Euro knapp 9 Prozent und gegenüber dem Dollar sogar über 13 Prozent einbüsste.

Im Zuge der Jahresberichterstattung der letzten Wochen wurden die Gewinnschätzungen bei den hiesigen Grossunternehmen bereits wieder an das neue Währungsumfeld angepasst und trotz durchzogener Zahlenkränze in den meisten Fällen wieder nach oben nachgezogen.

Unnötig zu erwähnen, dass die Bewertung der im SMI berücksichtigten Unternehmen und ihren Aktien nach der jüngsten Erholung auf den höchsten Stand seit Jahren gestiegen ist und heute über dem Stand von Mitte Januar liegt.

Dennoch kletterte der Schweizer Aktienmarkt in der von der Citigroup monatlich erhobenen Rangliste der attraktivsten Börsenplätze. Allerdings besteht noch immer Luft nach oben, steht der hiesige Markt doch nur auf Platz 19 von 22. Anlässlich der Erhebung für den Februar lag der Schweizer Aktienmarkt noch auf dem zweitletzten Rang. Das Schlusslicht bildet diesen Monat übrigens der US-Aktienmarkt. Auf den vorderen Rängen sind hingegen Korea, Singapur, Brasilien, Belgien und Taiwan zu finden.

Seit Beginn der Erhebungen im Januar vor 16 Jahren warfen die jeweils fünf attraktivsten Aktienmärkte gemäss Berechnungen der Citigroup jährlich 10,2 Prozent ab, die unattraktivsten Börsenplätze hingegen nur gerade 4,5 Prozent. Was den Schweizer Markt anbetrifft, so hat die amerikanische Grossbank in den letzten Jahren übrigens eine unglückliche Hand bewiesen. Denn dieser war regelmässig in der Gruppe der unattraktivsten Börsen anzutreffen.

 

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