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Auch in der Schweiz machen Anleger schon seit Wochen einen grossen Bogen um die Pharmawerte. Der Grund: In den USA ist eine hitzige Debatte rund um zu hohe Medikamentenpreise entbrannt. Die als aussichtsreich geltende Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton giesst kräftig Öl ins Feuer und schlachtet die Kontroverse gnadenlos für ihren Wahlkampf aus.

Das bleibt nicht ohne Folgen: Schon seit Wochen flüchten amerikanische Grossinvestoren aus den Valoren grosser Pharmaunternehmen. Vorbei sind die Zeiten, als Anleger noch 100 oder mehr Franken für die Aktien von Novartis hinblättern mussten. Seit dem Rekordhoch vom Juli letzten Jahres bei 103,20 Franken haben die Papiere nicht weniger als 30 Prozent eingebüsst.

Unangenehme Fragen muss sich der für die Citigroup tätige Experte gefallen lassen. Nachdem er über alle diese Monate hinweg an seiner Kaufempfehlung festgehalten hatte, stuft er die Aktien heute von "Buy" auf "Neutral" herunter. Aus Angst vor einer Novartis in den USA drohenden Busse von bis zu 2 Milliarden Dollar streicht er das Kursziel auf 79 (110) Franken zusammen.

Neben der Kontroverse rund um ausufernde Medikamentenpreise hat Novartis auch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Zuerst verhagelte die amerikanische Tochter Alcon das Jahresergebnis, dann verkaufte sich das Herzmedikament Entresto schlechter als erwartet und jetzt droht den Baslern auch noch eine Milliardenbusse. Geht es so weiter, dann wird das Schwergewicht Novartis zu einer Hypothek für den gesamten Schweizer Aktienmarkt.

Nur beherzte Aktienrückkäufe des Unternehmens selber auf der zweiten Handelslinie wissen heute jedenfalls ein stärkeres Abrutschen dieser Valoren zu verhindern.

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Vergangene Woche sorgte Bâloise für lange Gesichter. Obschon der Jahresgewinn nach Bereichsverkäufen im Vorjahr weniger stark zurückgegangen war, wurde die Dividende nur leicht angehoben. Auch von der erhofften Verlängerung des Aktienrückkaufprogramms wollte das Unternehmen zumindest am Tag der Ergebnisveröffentlichung nichts wissen. Prompt fielen die beliebten Aktien Gewinnmitnahmen zum Opfer. Wie mir berichtet wird, traten zuletzt vor allem namhafte angelsächsische Grossinvestoren als Verkäufer in Erscheinung.

Dass in einer Branchenstudie heute ausgerechnet Goldman Sachs versöhnliche Töne anschlägt, überrascht schon sehr. Geht es nach dem Studienverfasser, dann wird der Versicherungskonzern aus Basel am diesjährigen Investorentag ein neues und über zwei Jahre laufendes Aktienrückkaufprogramm bekanntgeben. Zu einer Kaufempfehlung kann sich der Experte dennoch nicht durchringen.

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Die amerikanische Politik ist geradezu berüchtigt dafür, keine Gefangenen zu machen. Wenn es um nationale Interessen geht, neigt selbst die "grösste Marktwirtschaft der Welt" zu Protektionismus.

Das bekam vergangene Woche auch Syngenta zu spüren. Gleich vier Senatoren äusserten sich kritisch zur geplanten Übernahme des Weltmarktführers für Pflanzenschutzmittel aus Basel durch die staatliche China National Chemical Company, kurz Chemchina. Die Politiker fordern lauthals ein Einschreiten des Landwirtschaftsministeriums, sollte der Ausschuss für Auslandsinvestitionen in den USA (CFIUS) die Grossübernahme zähneknirschend billigen.

Das politische Säbelrasseln in Washington führt dazu, dass die Aktien von Syngenta immer mehr zum Spielball der Spekulanten verkommen. Nachdem amerikanische Hedgefonds ihre Wetten gegen die in New York gehandelten Titel in der zweiten Hälfte Februar noch verdoppelt hatten, kauften sie zuletzt wieder zu. Offiziellen Statistiken zufolge wurde seither gut ein Viertel der Wetten geschlossen.

Für die Syngenta-Aktionäre ist im Wechselbad der Gefühle noch kein Ende absehbar. Bleibt zu hoffen, dass sich ihre Geduld letztendlich doch noch ausbezahlt macht. Das Unternehmen selber bleibt jedenfalls zuversichtlich, was den Erfolg der Übernahme durch Chemchina anbetrifft.

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Bei den Luxusgüterherstellern galt bislang Richemont als das Mass aller Dinge. Von zehn Banken empfehlen nicht weniger als deren neun die Aktien des Traditionsunternehmens aus Genf zum Kauf. Seit dem letzten Donnerstag ist es allerdings eine weniger: Die Credit Suisse wirft das Handtuch und stuft ihr Anlageurteil von "Outperform" auf "Neutral" herunter. Neu lautet das Kursziel nur noch 70 (80) Franken.

Für die Grossbank steht fest: Die Tage des zweistelligen Wachstums im Schmuckgeschäft sind fürs erste wohl vorbei. Um ihrer Einschätzung Nachdruck zu verleihen, reduziert sie die Schätzungen für den operativen Gewinn (EBIT) um bis zu 9 Prozent unter die jeweiligen Prognosen anderer Banken.

Anders tönt es in diesen Tagen bei der UBS. Diese bleibt zuversichtlich für die schon seit geraumer Zeit zum Kauf empfohlenen Valoren von Richemont. Doch auch bei der grösseren der beiden Schweizer Grossbanken werden die Gewinnschätzungen sogar um bis zu 15 Prozent zusammengestrichen. Den Papieren traut man bei der UBS über die nächsten zwölf Monate ein Vorstoss auf 72 Franken zu.

Sollten weitere Banken dem Beispiel der Credit Suisse folgen, droht den Aktien von Richemont allerdings Ungemach.
 

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