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Das vierte Quartal ist zwar schon ein paar Tage alt. Das hält die Strategen von Merrill Lynch allerdings nicht davon ab, ihre zehn europäischen Schlüsselempfehlungen für die kommenden drei Monate erst jetzt zu kommunizieren.

Bei vier Empfehlungen handelt es sich um solche, bei denen die Experten mit einer stark unterdurchschnittlichen Kursentwicklung rechnen. In diesem Zusammenhang werden die Aktien des Automobilherstellers Daimler, des Halbleiterproduzenten Infineon Technologies, des Düngemittelherstellers K+S sowie des Bauunternehmens Saint Gobain genannt. Alle diese Papiere werden bei Merrill Lynch mit "Underperform" eingestuft.

Von einer stark überdurchschnittlichen Kursentwicklung gehen die Amerikaner hingegen bei den Aktien des Baumaterialherstellers CRH, des Windanlagenbauer Gamesa, des Modekonzerns Hugo Boss, des Tabakherstellers Imperial Tobacco und des Chemieunternehmens Lanxess aus. Die Liste dieser Kaufempfehlungen für das Schlussquartal wird durch die Valoren von ABB abgerundet.

Die Experten finden beim in Zürich beheimateten Industriekonzern sichtlich Gefallen an den im Branchenvergleich überdurchschnittlich guten zyklischen und strukturellen Wachstumsaussichten, der strikten Kostenkontrolle und der zusehend besseren Geschäftsführung im Bereich Power Systems. Darüber hinaus führen sie die sehr starke Bilanz, das 4 Milliarden Dollar schwere Aktienrückkaufprogramm, die mittlerweile konservativen Markterwartungen sowie die attraktive Bewertung als Argumente für einen Kauf an.

Anders als die Experten von Merrill Lynch sehe ich bei den Aktien von ABB über die kommenden Wochen und Monate nur begrenzt Raum für höhere Kursnotierungen. Das seit Mitte September laufende Aktienrückkaufprogramm dürfte sich bestenfalls als stützend erweisen. Mit einer grundlegenden Neubeurteilung und –bewertung ist meines Erachtens nur dann zu rechnen, wenn sich der einstige Börsenliebling beim Sorgenkind Energietechnik zu einem strategischen Befreiungsschlag durchringen kann.

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Den Swiss Performance Index trennen weniger als zwei Prozent von seinem Mitte September erklommenen Rekordhoch. Seit Jahresbeginn hat sich ein Plus von ziemlich genau 10 Prozent aufgestaut. Damit gehört das breit gefasste Börsenbarometer zu den besten Aktienindizes in ganz Europa.

Allerdings sind fast ausschliesslich die als träge und unspektakulär verschrienen defensiven Indexschwergewichte für dieses Plus verantwortlich. Unter Miteinbezug der Ende Februar entrichteten Dividende stehen die Namenaktien von Novartis heute um 31 Prozent höher als noch Anfang Jahr. Bei den Genussscheinen von Roche sind es immerhin 16 Prozent. Alleine diese beiden Valoren steuern beim Swiss Performance Index knapp einen Drittel zur Entwicklung bei. Für weitere knapp 18 Prozent stehen die Namenaktien des Nahrungsmittelherstellers Nestlé ein. Sie entwickelten sich im Gleichschritt mit dem Börsenbarometer und bremsten letzteres seit Jahresbeginn wenigstens nicht.

Auffällig ist: Bei allen drei Papieren handelt es sich um Qualitätsaktien. Und diese stehen nicht nur hierzulande hoch in der Anlegergunst. So hoch, dass sich die Anleger ihrer Sache beinahe zu sicher sind. Diese Vermutung lassen auch die vernachlässigbar tiefen Baisseengagements zu, welche bei allen drei Indexschwergewichten deutlich unter einem Prozent aller ausstehenden Titel liegen.

In einer Strategiestudie geht die Citigroup der Frage nach, ob das Anlagethema Qualitätsaktien mittlerweile nicht zu populär geworden, daher ausgereizt ist und letztere nicht übermässig in Aktienportfolios vertreten sind. Immerhin werde heute siebenmal mehr Kapital nach risikoarmen Aktienstrategien angelegt als noch im Jahr 2009, so die Studienverfasser.

Zu diesem Anlass ziehen die Strategen vier verschiedene Faktoren hinzu: Die Korrelation und Verteilung, die Bewertung, das Handelsaktivitäten sowie die allgemein gehaltenen Aktien.

Die Korrelation sei gering, die Bewertung zwar hoch aber nicht exzessiv hoch, die Auffälligkeiten bei den Handelsaktivitäten mit den unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu erklären und die allgemein gehaltenen Aktien nicht sonderlich zahlreich. Lange Rede, kurzer Sinn: Risikoarme Aktienstrategien seien nicht zu populär geworden und Qualitätsaktien nicht grundsätzlich in Aktienportfolios übervertreten.

Allerdings liefern die Studienverfasser eine 13 Namen starke Liste von Aktien, welche sie übermässig oft in Aktienportfolios angetroffen haben. Mit den Namenaktien und den Partizipationsscheinen von Lindt & Sprüngli und den Namenaktien von Nestlé und Swisscom handelt es sich bei nicht weniger als vier Titeln um solche aus der Schweiz.

Ich will die hohe Qualität dieser Unternehmen und die beeindruckende Leistung ihrer Entscheidungsträger der letzten Jahre weder in Abrede stellen, noch schmälern. Doch haben alle die von der Citigroup genannten Aktien eines gemeinsam: In den letzten Jahren ist nicht nur ihr Kurs, sondern auch ihre Bewertung substanziell gestiegen. Es scheint, als ob sich die Anleger ihrer Sache bei diesen Unternehmen zu sicher geworden sind.

Es gibt hierzulande weitere Firmen, die bestens in dieses Schema passen. Beispielsweise Givaudan, Novartis oder Sonova. Anders als andere Aktien sind jene dieser Unternehmen noch kaum von ihren Jahreshöchstkursen zurückgefallen. Früher oder später dürfte die schleichende Korrektur am Schweizer Aktienmarkt vermutlich aber auch diese Valoren erfassen.