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Der Börsenmonat Januar hatte für jeden Geschmack etwas im Gepäck – hatte seine Höhen und seine Tiefen. Nach einem eher etwas holprigen Jahresauftakt kletterte der Swiss Performance Index (SPI) kontinuierlich nach oben. In der Spitze stieg das breit gefasste Börsenbarometer in die Nähe von 13'670 Punkten und liess das bisherige Rekordhoch damit hinter sich zurück.

Doch die Freude sollte nicht lange dauern. Innerhalb von gerade mal drei Tagen gingen die Indexgewinne fast eines ganzen Monats wieder verloren. Der SPI ging sogar etwas unter dem Stand von Ende Dezember aus dem Handel.

Die Gewinner der ersten vier Wochen des noch jungen Jahres trennen gefühlt Welten von den Verlierern. Das zeigt, wie nahe Erfolg und Misserfolg an der Börse manchmal beieinander liegen. Wer auf die richtigen Aktien – vorwiegend kleinere Nebenwerte – setzte, verdiente sich eine goldene Nase. Wer die falschen Aktien im Portefeuille hatte, bezahlte ein hohes Lehrgeld.

Enttäuschend schnitten auch die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis ab. Sie fristeten einmal mehr ein Mauerblümchen-Dasein, waren sie doch nicht nur der internationalen Prominenz, sondern auch den Lokalmatadoren "zu langweilig" und "zu träge".

Sowieso gilt das Interesse der hiesigen Wirtschaftsmedien seit Tagen einem Massenphänomen an der New Yorker Börse. Denn dort verabreden sich Kleinstanleger über soziale Medien, um mit geballter Kraft die Leerverkäufer in die Knie zu zwingen. Gehandelt wird vorwiegend über die Handelsplattform Robinhood. Das Rezept ist denkbar einfach: Man nehme ein Unternehmen, bei dem bekannt ist, dass umfangreiche Wetten gegen dessen Aktien laufen und treibe den Kurs kräftig nach oben. Irgendwann ist die Schmerzgrenze erreicht. Die Leerverkäufer kapitulieren dann und müssen Aktien zukaufen, um ihre Wetten zu schliessen – was dann erst recht eine Aufwärtsspirale in Gang setzt.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020+  9,8  Prozent+  3,1 Prozent
2021*+   0,6 Prozent-   1,0 Prozent

* Schlusskurse vom 29. Januar 2021

Der künstlich erzeugte Kurssprung forderte auf Seiten der Hedgefonds bereits erste Opfer. Melvin Capital musste nach schmerzhaften Verlusten auf einer Wette gegen die Aktien des Videospielehändlers GameStop von den Hedgefonds-Milliardären Steve Cohen und Citadel-Gründer Ken Griffin mit insgesamt 2,75 Milliarden Dollar aus der Patsche geholfen werden. Angeblich ist Melvin Capital nur ein Hedgefonds von mehreren, deren Existenz gefährdet ist.

Mit dem Markt für Silber hat der Kreuzzug gegen die Leerverkäufer einen neuen Schauplatz gefunden. Über einen börsengehandelten Fonds auf das Edelmetall versuchen Kleinstinvestoren ihre einst übermächtigen Gegenspieler von der Wall Street in die Knie zu zwingen.

Ist es nun ein Zufall, dass ausgerechnet Citadel zu den fünf grössten Investoren des besagten Fonds zählt? Die Amerikaner – sie und die Handelsplattform Robinhood sind Partner – halten Bestände in Höhe von rund 130 Millionen Dollar. Honi soit qui mal y pense, würden unsere Freunde aus der Westschweiz da vermutlich erwidern.

Am vergangenen Montag verglich ich das Massenphänomen mit einer Partie "Schwarzer Peter" und schrieb zu diesem Thema:

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass es sich bei der orchestrierten Jagd auf Leerverkäufer nur eine von mehreren Überhitzungserscheinung an der New Yorker Börse handelt. Egal ob das noch nie dagewesene Interesse an kurzlaufenden Call-Optionen, das dadurch rekordtiefe Put-Call-Verhältnis oder die rekordhohe Summe über Kredit finanzierter Aktienkäufe – Exzesse gehören an die Tagesordnung. Je spekulativer, desto besser.

Dieses Spekulationsfieber wird in Tränen enden und – so meine Befürchtung – leider auch dem Schweizer Aktienmarkt schmerzhafte Kursverluste bescheren. Nicht ohne Grund sagt man ja bekanntlich, dass es die hiesige Börse mit einer schweren Grippe ins Bett verschlägt, niest die Börse in New York auch nur zweimal laut.

Kommen wir nun aber zu einem etwas erfreulicheren Thema. Zwar hinterliess der Börsenrücksetzer von Ende Januar auch bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2021 tiefe Spuren. Dennoch resultierte mit einem Plus von 0,58 Prozent (Stand: 29. Januar 2021 bei Handelsende) wenigstens eine leicht positive Januar-Bilanz. Der SPI büsste im Gegenzug 0,94 Prozent ein.

Letzte Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel        9'939,65  
Credit Suisse N   877  11,40    10'309,14+     315,72+     3,16 Prozent
LafargeHolcim N   311   48,22    15'005,75+          9,33+     0,06 Prozent
Nestlé N   144104,24    14'405,76-      604,80-      4,03 Prozent
Zurich Insurance N     27372,60      9'617,40-      442,80-      4,40 Prozent
Helvetia N   100  91,55      9'733,70-      245,25-      2,46 Prozent
Meyer Burger N7'405    0,34      2'605,08+     105,15+     4,21 Prozent
Oerlikon N1'105    9,05    10'149,43+     149,18+     1,49 Prozent
Stadler Rail N   311  40,13    13'870,60+ 1'390,17+   11,14 Prozent
Valora N     29173,00      4'947,40-        92,80-      1,84 Prozent
      
Total   100'583,90 +     0,58 Prozent

* Schlusskurse vom 29. Januar 2021

Meine persönliche Favoritenliste sieht (nach Gewichtung absteigend) weiterhin folgt aus:

Nestlé (Gewichtung: 15 Prozent)

Den Aktionärinnen und Aktionären von Nestlé wird weiterhin viel Geduld abverlangt. Eigentlich konnten die Valoren des Nahrungsmittelkonzerns aus Vevey nie mehr so richtig an das Rekordhoch von Anfang September 2019 bei gut 113 Franken anknüpfen. Vielleicht ändert sich das, wenn Firmenchef Mark Schneider am 18. Februar vor die Medien tritt und den Zahlenkranz für das vergangene Jahr präsentiert. Das Interesse gilt an diesem Tag zum einen dem organischen Umsatzwachstum im Schlussquartal, zum anderen aber auch der Margenentwicklung in der zweiten Jahreshälfte. Da gerade angelsächsische Grossinvestoren noch immer einen grossen Bogen um Aktien aus der Nahrungsmittelindustrie machen, ist allerdings fraglich, ob die Börse gute Neuigkeiten auch tatsächlich zu würdigen weiss.

 

LafargeHolcim (Gewichtung: 15 Prozent)

Nach einem erfreulichen Jahresauftakt hiess es für die Aktien von LafargeHolcim zuletzt: Zurück auf Start. Das überrascht, brachten die Regierung in Indien doch erst vor wenigen Tagen zusätzliche Infrastrukturinvestitionen auf den Weg. Umgerechnet gut 5 Milliarden Dollar sollen in den Bau neuer Strassen, Häfen und Flughäfen fliessen. Schon heute gilt LafargeHolcim als einer der grossen Gewinner dieser Pläne, erzielt der Weltmarktführer aus Jona über seine beiden dortigen Töchter ACC und Ambuja Cements doch fast 15 Prozent des Jahresumsatzes. Nur das Nordamerikageschäft trägt noch mehr zum Umsatz bei – und auch dort wird um ein grosszügiges Konjunkturpaket gerungen. Zusätzlichen Rückenwind erhoffe ich mir von ergänzenden kleineren Übernahmen nach Vorbild von Sika, dem früheren Arbeitgeber von Firmenchef Jan Jenisch. Aus meiner Sicht sind die Aktien bei Kursen unter 50 Franken ein klarer Kauf.

 

Stadler Rail (Gewichtung: 12,5 Prozent)

Als vor wenigen Tagen eine Aufstellung der am häufigsten leerverkauften Aktien aus der Schweiz herumgereicht wurde, staunte ich nicht schlecht: Auf Platz drei fanden sich jene von Stadler Rail. Darf man den Statistiken der Beratungsfirma IHS Markit Glauben schenken, dann liefen zuletzt Wetten in Höhe von gut 11 Prozent aller ausstehenden Titel gegen den Schienenfahrzeughersteller aus dem thurgauischen Bussnang. Alleine schon die randvollen Auftragsbücher machen Stadler Rail zur attraktiven Wette auf einen erfolgreichen Turnaround. Kommt hinzu, dass mit Peter Spuhler der Firmenpatron gleich selber im Führerhaus sitzt. Mein Bauchgefühl sagt mir weiterhin, dass das Tagesgeschäft in der zweiten Hälfte dieses Jahres wohl noch nicht die erhoffte Verbesserung erfahren haben dürfte. Ausserdem riecht es momentan förmlich nach einer Beteiligungsplatzierung durch die deutsche RAG Stiftung. Diese hielt zuletzt noch ein 4,5-Prozent-Paket, wenn ich mich recht erinnere. Nichts desto trotz wäre ich nicht überrascht, wenn das hässliche Entlein schon bald zu einem stolzen Schwan heranwachsen würde.

 

Zurich Insurance (Gewichtung: 10 Prozent)

Eine ziemliche Enttäuschung sind die Aktien der Zurich Insurance Group. Eigentlich müssten die Papiere der Versicherungsgruppe von der zuletzt steigenden Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen profitieren können. Doch irgendwie scheint der Wurm drin. In den letzten Tagen senkten mit den Analysten der Citigroup sowie der französischen Investmentbank Oddo gleich zwei Experten ihr Anlageurteil für die dividendenstarken Aktien, letzterer gar auf "Underperform". Wenigstens lässt sich von den Kurszielen von 390 und 380 Franken nicht auf deutlich tiefere Notierungen schliessen. Das Interesse an den Papieren hält sich dennoch in Grenzen. Impulse erhoffe ich mir nun vom Jahresergebnis. Dieses steht am 11. Februar zur Veröffentlichung an. Ausserdem rückt der Dividendenabgang von Anfang April näher. Wir sprechen immerhin von 20 bis 21 Franken, die dann zur Ausschüttung kommen sollten. Weihnachten ist für die Aktionäre der Zurich Insurance Group bekanntlich immer erst um die Osterzeit.

 

Oerlikon (Gewichtung: 10 Prozent)

Die Aktien von Oerlikon kosteten zuletzt so viel wie seit Februar letzten Jahres nicht mehr. Seit Mitte März letzten Jahres – damals herrschte pandemiebedingt so etwas wie Weltuntergangsstimmung – hat sich der Börsenwert des Oberflächenspezialisten aus dem gleichnamigen Vorort von Zürich nahezu verdoppelt. Bis zur Veröffentlichung des Jahresergebnisses dauert es noch einen ganzen Moment. Oerlikon wird erst am frühen Morgen des 2. März Klarheit schaffen. Ich vermute, dass die Abhängigkeit des Unternehmens von der Automobilindustrie überschätzt und die Geschäftsentwicklung im Schlussquartal positiv überraschen wird. Fantasie geht auch von der soliden Bilanz aus, liesse diese doch Raum für ergänzende Übernahmen oder eine Sonderdividende. Es wäre nicht die Erste in der Firmengeschichte.

 

Credit Suisse (Gewichtung: 10 Prozent)

Einen Schritt vor – und zwei wieder zurück. Die Aktien der Credit Suisse kommen momentan einfach nicht vom Fleck. Damit ergeht es den Aktionären der Schweizer Grossbank kaum besser als ihren Leidensgenossen bei der Erzrivalin UBS. Apropos UBS: Sie wartete kürzlich mit einem ziemlich beeindruckenden Zahlenkranz für das Schlussquartal auf. Der eigentliche Lichtblick – so ist man sich in Expertenkreisen einig – war der starke Gewinnbeitrag aus dem Investment Banking. Da die Credit Suisse in dieser Disziplin besser als ihre ewige Erzrivalin aufgestellt sein dürfte, traue ich ihr ebenfalls ein starkes viertes Quartal zu. Ob die Börse dann ähnlich unterkühlt reagiert wie auf den Zahlenkranz der UBS werden wir herausfinden. Langjährige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen nur zu gut, dass ich die Aktien der beiden Schweizer Grossbanken als längerfristige Anlage eigentlich als völlig ungeeignet erachte. Es gibt aber auch immer wieder Phasen, in welchen sich mit diesen Papieren Geld verdienen lässt.

 

Helvetia (Gewichtung: 10 Prozent)

Die Aktien von Helvetia sind weiterhin mit angezogener Handbremse unterwegs. Wichtige Impulse erhoffe ich mir von der anstehenden Jahresergebnisveröffentlichung, sollte sich meine Hoffnung auf eine bessere zweite Jahreshälfte dann als gerechtfertigt erweisen. Zur Erinnerung: Wie der Zahlenkranz für die ersten sechs Monate vermuten lässt, verloren die Anlageverantwortlichen im vergangenen Frühling die Nerven und trennten sich rückblickend zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt von Aktienbeständen. Das wiederum hatte weitreichende Folgen für die Ergebnisentwicklung und damit auch für den Unternehmenswert. Noch immer wird die Versicherungsgruppe an der Börse mit einem Abschlag von rund 25 Prozent zum geschätzten Buchwert gehandelt – ein Freudenfest für Substanzinvestoren.

 

Valora (Gewichtung: 5 Prozent)

Als Detailhandelskonzern und Mutter der Kiosk-Kette hatte Valora in der ersten Hälfte letzten Jahres ganz schön zu beissen. Noch heute – in Zeiten von Homeoffice – läuft das Geschäft an bester Passantenlage noch nicht wieder so gut wie vor der Covid-19-Pandemie. Die Kosten scheinen die Baselbieter allerdings im Griff zu haben, was aus Aktionärssicht nicht eben unwichtig ist. Von der Krise geht zumindest ein schöner Nebeneffekt aus. Die zuvor exzessiven Mietansätze an gut frequentierten Passantenlagen gehen zurück. Und obschon ich trotz Impfkampagne nur mit einer schrittweisen Rückkehr zur Normalität rechne, sehe ich in den Aktien von Valora eine nicht uninteressante, wenn auch eher kleine Wette.

 

Meyer Burger (Gewichtung: 2,5 Prozent)

Ist der Vorstoss Meyer Burgers in die Produktion von Solarmodulen von Erfolg gekrönt oder nicht? Das ist die alles entscheidende Frage, die darüber entscheidet, ob die Aktien an die Jahreshöchstkurse bei etwas mehr als 40 Rappen anknüpfen können. Auf dem Weg zum Erfolg wartet auf Firmenchef Gunter Erfurt und seine Kollegen aus Geschäftsleitung und Verwaltungsrat noch immer einiges an Arbeit – auch an Überzeugungsarbeit. Erste wichtige Meilensteine sind erreicht. Dazu zähle ich einerseits die im Sommer vollzogene Bilanzsanierung, andererseits aber auch der Kauf eines früheren Produktionsstandorts von Solarworld. Angeblich liefen dort in den letzten Tagen erste Solarmodule vom Fliessband – wenn auch erst zu Testzwecken. Das ist erfreulich, scheint das Ganze nun doch langsam Form anzunehmen...

Transaktionen Aktienfavoriten 2021

DatumTitel AnzahlKurs Total
29.12.2020Stadler Rail NKauf311  40,13Franken12'480,43-
29.12.2020Oerlikon NKauf1'105    9,05Franken10'000,25-
29.12.2020Helvetia NKauf109  91,55Franken  9'978,95-
29.12.2020Nestlé NKauf144104,24Franken15'010,56-
29.12.2020LafargeHolcim NKauf311  48,22Franken14'996,42-
29.12.2020Zurich Insur. NKauf27372,60Franken10'060,20-
29.12.2020Credit Suisse NKauf87711,395Franken 9'9993,42-
29.12.2020Valora NKauf29173,80Franken 5'040,20-
29.12.2020Meyer Burger NKauf7'4050,3376Franken 2'499,93-

 

 

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