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So unterschiedlich die Kursziele für die Aktien von Givaudan, so einig war man sich in angloamerikanischen Analystenkreisen: Die Papiere sind völlig überteuert. Dementsprechend hartnäckig wurden sie in den letzten Jahren zum Verkauf empfohlen.

Doch es sollte alles ganz anders kommen: Allen Unkenrufen zum Trotz umschiffte der Aromen- und Duftstoffhersteller aus Genf geschickt die pandemiebedingten Untiefen der letzten Monate. Und mit jedem neuen Kursrekord der zweitbesten SMI-Aktie in diesem Jahr wurden die kritischen Stimmen weniger.

Einer der letzten Mahner ist Analyst Gunther Zechmann von Bernstein Research. Kürzlich beging er sogar einen Tabubruch, als er als erster seiner Berufsgruppe in diesem Jahr eine Reduktion seines Kursziels auf 2730 (zuvor 2760) Franken vornahm. Mittlerweile liegt es mit 2740 Franken zwar wieder etwas höher. An der "Underperform" lautenden Verkaufsempfehlung hat sich jedoch bis heute nichts geändert.

Haben die Aktien von Givaudan die Spitze nach fünf starken Jahren durchschritten? (Quelle: www.cash.ch)

In einem mir aus London zugespielten Kommentar fährt Zechmann den Genfern einmal mehr an den Karren. Seit Anfang 2015 habe das organische Umsatzwachstum jährlich 4,8 Prozent betragen, so rechnet er vor. Treibende Kraft hinter dem Gewinnwachstum war allerdings nicht – wie man es vermuten könnte – das organische Umsatzwachstum, sondern vielmehr die aggressive Übernahmepolitik. Der Analyst schliesst daraus, dass die Gewinnkraft des angestammten Geschäfts in diesen Jahren eher mässig war. Zudem hegt er Zweifel an der Nachhaltigkeit des Gewinnwachstums.

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Die Aktionäre von AMS gelten nicht eben als erfolgsverwöhnt. Kosteten die Papiere des Sensorenherstellers in der Spitze 100 Franken und mehr, waren es zuletzt weniger als 25 Franken.

Nun erreichen mich allerdings ziemlich erfreuliche Nachrichten aus Übersee, wonach das 5G-fähige iPhone 12 des Grossabnehmers Apple auf reges Interesse stösst. Angeblich sind bereits am ersten Vorverkaufstag zwei Millionen Bestellungen beim amerikanischen Kultunternehmen eingegangen. Zum Vergleich: Beim Vorgängermodell – dem iPhone 11 – war in den ersten 24 Stunden gerade mal von 800'000 Vorbestellungen die Rede.

Eine grosse Unbekannte bleibt aus Sicht der AMS-Aktionäre: Denn noch ist nicht bekannt, "wie viel AMS" überhaupt im neuen iPhone 12 steckt. Dieses Geheimnis lüftet sich erst, wenn die ersten Geräte ausgeliefert werden und Tüftler ein solches in seine Einzelteile zerlegen - im amerikanischen Sprachgebrauch auch "Teardown" genannt.

Wer weiss: Vielleicht hat sich Firmenchef Alexander Everke die Wegdiversifikation von Apple mittels nicht unumstrittener Übernahme von Osram Licht ja nicht ohne Grund mit zig Milliarden erkauft.

Harren wir doch mal der Dinge, die da kommen mögen...

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Anlässlich seiner Dernière liess Sergio Ermotti von der UBS am gestrigen Dienstag noch einmal richtig laut Musik spielen. Gut zwei Milliarden Dollar blieben bei der grössten Schweizer Bank im dritten Quartal unter dem Strich hängen – knapp ein Drittel mehr als Analysten im Vorfeld erwartet hatten.

Auch an der anschliessenden Telefonkonferenz wussten sich der scheidende Firmenchef und seine Finanzer gut zu verkaufen. So zumindest verlautet aus Analystenkreisen. Bei den Aktien aus dem Swiss Market Index (SMI) gingen die Valoren der UBS denn auch mit einem Tagesgewinn von drei Prozent aus dem Handel. Gegenüber dem Schlussstand vom Freitag errechnet sich gar ein Plus von rund sechs Prozent.

Nachdem die Aktien der Grossbank während fünf langen Jahren substanziell schlechter als der SMI abgeschnitten haben, besteht nun erstmals wieder so etwas wie Hoffnung. Die Papiere haben den relativen Abwärtstrend verlassen und tendieren seither auf tiefem Niveau seitwärts.

Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling: Kursentwicklung der UBS-Aktien über die letzten Tage (Quelle: www.cash.ch)

Darf man dem bekannten Markttechnikexperten Mensur Pocinci von Julius Bär Glauben schenken, dann sind die Aktien damit aber noch lange nicht über den Berg. Er schliesst nicht aus, dass sich der Abwärtstrend bloss etwas verlangsamt.

Um in einen Aufwärtstrend überzugehen, bedürfe es einer Abfolge von höheren Zwischenhochs und –tiefs, so Pocinci weiter. Er rät Anlegern deshalb, an der Seitenlinie zu verharren.

Auch ich bin mir noch nicht sicher, ob es sich bei den Kursavancen der letzten Tage nicht bloss um ein Strohfeuer handelt. Kann der Kurs auf über 12 Franken vorstossen, könnten die Karten auf längere Sicht tatsächlich neu gemischt werden.

 

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