Wenn das Jahressende naht, kehrt an der Börse alles andere als Ruhe ein. „Jahresendrallye“, rufen die Anleger, und spekulieren auf einen rasanten Jahresausgang am Aktienmarkt. Kommt es in diesem Jahr auch so? Und vor allem, gibt es so etwas wie eine Jahresendrallye überhaupt? Und wenn ja, läuft sie vielleicht schon? Schliesslich sind die Aktien in den zurückliegenden Wochen kräftig gestiegen, in den USA gab es etwa beim S&P 500 und beim Dow Jones neue Rekordstände, und auch der SMI hält sich gut.
Die Statistik spricht für die Jahresendrallye
Nun, die Frage nach der Jahresendrallye ist auch erst einmal eine Klärung des Begriffs. Was ist das überhaupt, die „Jahresendrallye“? Es gibt nämlich durchaus unterschiedliche Interpretationen. Ursprünglich wurde mit der Jahresendrallye ein temporäres Ereignis bezeichnet, das zwischen Weihnachten und Silvester an der Börse zu beobachten war. In diesem Zeitraum kam es öfters zu ruckartigen Bewegungen nach oben. Hintergrund waren Käufe von Fondsverwaltern, die kurz vor Jahresende ihre Fonds neu sortierten und dabei vor allem Aktien aufnahmen, die sich am Markt besonders gut entwickelt hatten. Im jährlichen Geschäftsbericht konnten sie dann voller Stolz auf die Highflyer im Depot verweisen. „Window dressing“ nennt man so etwas auch, also das Aufhübschen der Bilanz. Wie gesagt, ursprünglich fand dies vor allem zwischen Weihnachten und Silvester statt, deswegen im Englischen auch die gebräuchliche Bezeichnung der Jahresendrallye als „Santa-Claus-Rally“.
Doch die Bedeutung der Santa-Claus-Rally hat nachgelassen, auch wenn der Effekt immer noch festzustellen ist. Aus der Santa-Claus-Rally wurde nach und nach eine Rallye, die sich mittlerweile auf einen viel längeren Zeitraum beläuft, nämlich von Oktober bis Ende Dezember. In diesem Zeitraum steigen die Aktienmärkte überdurchschnittlich. Das zeigt die Statistik. Seit Ende der 1980er Jahre etwa stieg der SMI in den Monaten Oktober, November und Dezember im Durchschnitt jeweils um rund 1,2 Prozent. Zusammengefasst sind diese Monate die beste Börsenphase im Jahr. Und das trotz einiger herber Rückschläge im Oktober, die mit dem Begriff „Oktobercrash“ zusammengefasst werden. Die Jahresendrallye ist also keine Erfindung, es gibt sie wirklich.
Und wenn es sie wirklich gibt, die Jahresendrallye, kommt sie auch in diesem Jahr, oder läuft sie gar schon? Grundsätzlich ist festzuhalten, nur weil die Statistik besagt, dass es eine Jahresendrallye gibt, heisst es nicht, dass sie auch in diesem Jahr kommt beziehungsweise sogar schon läuft. Schliesslich lassen sich mit der Statistik bestenfalls Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Statistik ist nicht alles, aber auch nicht nichts. Wenn etwas häufig eintritt, dann ist damit an der Börse schon viel gewonnen. Es könnte also allein deswegen schon nicht falsch sein, auf die Jahresendrallye zu setzen – auf jeden Fall könnte es riskanter sein, sie als Anleger auszuschliessen, denn dann dürften am Ende wertvolle Performancepunkte verloren gehen.
Jahresendrallye 2025 – wie aus Belastung Potenzial wird
Doch gibt es Argumente, die gerade für eine Jahresendrallye im Jahr 2025 sprechen? Auf den ersten Blick würde man das vielleicht verneinen. Die wirtschaftliche und politische Gemengelage scheint dagegen zu sprechen. Die neuen US-Handelszölle, die dem Welthandel nicht guttun und insbesondere die Schweiz unter Druck bringen, der Krieg Russlands gegen die Ukraine, und und und. Wer will da schon an eine Jahresendrallye denken? Das ist richtig, unterschlägt aber das positive Potenzial, das in all diesen Faktoren schlummert. Die Handelszölle etwa sind kein Segen, egal wie man es dreht und wendet, keine Frage, aber es hätte auch alles viel schlimmer kommen können. Mittlerweile haben sich viele Unternehmen an die neuen Abgaben gewöhnt, sie quasi eingepreist oder andere Möglichkeiten gefunden, mit ihnen klarzukommen, etwa durch neue Standorte in den USA.
Das betrifft auch die Schweizer Unternehmen, die durch die von den USA ursprünglich verhängten Handelszölle von 39 Prozent erst einmal schwer getroffen wurden. Doch nach einigen intensiven Verhandlungen macht es den Anschein, dass sich beide Seiten nun auf einen „Deal“ einigen konnten. Er sieht eine Senkung der Importabgabe auf Schweizer Produkte auf „nur“ noch 15 Prozent vor. Auch dieser Einfuhrzoll ist nicht ohne und belastet die heimische Exportindustrie, aber Senkung ist nun mal Senkung, und 15 Prozent sind besser als 39 Prozent.
Jahresendrallye – auf jeden Fall nicht dagegenstellen
Für den Schweizer Aktienmarkt ist die Senkung auf jeden Fall positiv, auch wenn die ersten Reaktionen verhalten ausfielen. Dennoch, grundsätzlich könnte mit den neuen gesenkten Zöllen der Grundstein für eine Jahresendrallye gelegt sein. Nicht, weil der Deal so „toll“ ist, sondern weil nun wieder Gewissheit und Berechenbarkeit am Markt existiert. Vor dem Abkommen war praktisch nichts sicher, da Trump die Zölle auch noch höher hätte ansetzen können, also über 39 Prozent hinaus. Aus seinem Groll auf die Schweiz machte er schliesslich keinen Hehl.
Also, die Jahresendrallye kann kommen. Zumindest sollte man als Anleger sich nicht gegen sie stellen. Möglichweise läuft sie auch schon, das werden wir in einigen Wochen, wenn das Jahr um ist, sicherlich besser beurteilen können. Ausgesuchte europäische und Schweizer Aktien bleiben Favorit, angereichert mit interessanten und wachstumsstarken Themen wie Künstliche Intelligenz und Cybersecurity, diese gerne auch aus den USA. Auch SMI Mini-Futures oder SMI Knock-Out Warrants könnten sich eventuell anbieten. So ausgestattet können sich Anleger über die Jahresendrallye freuen.

