Oder war es nur Bluff, als Ivan Glasenberg sagte, dass sein Rohstoff-Multi möglicherweise gezwungen wäre, bei einer Annahme der 1:12-Initiative ins Ausland zu ziehen, obwohl er dies nicht wolle? Aus Politik und Medien dröhnte wieder einmal schrille Empörung übers Land, das Wort "Drohung" war das meist geschriebene und gesagte Wort der Woche. Dabei tönte er ja nur eine Möglichkeit an, die viele andere Unternehmen in der Schweiz seit Jahrzehnten bereits wahrnehmen. Denn die Drohung kommt ja nicht von Glencore, sondern von der 1:12-Initiative der JUSO. Und die ganze Geschichte ist ja gar nicht Glencore-spezifisch.
Auch wenn in der Schweiz ansässige Firmen nicht gerade auswandern: Immerhin verlagern sie Produktionsstätten ins Ausland, importieren vermehrt Zwischenprodukte, beschäftigen gerne Grenzgänger und andere kostengünstige Teilzeit-Immigranten im Rahmen des Personenfreizügigkeits-Abkommens mit der EU. Viele tun das, um zu überleben, andere, um ihre Gewinne zu steigern. Und jede Woche pilgern Zehntausende von Schnäppchen-Jägern in die benachbarten Euro-Länder.
Die 1:12-Initiative bedeutet staatliche Lohnpolizei, gefährdet die Sozialpartnerschaft, bedroht die Gesamtarbeitsverträge, kostet massiv Steuereinnahmen und Sozialabzüge, demontiert Arbeitsplätze und schützt nicht einmal vor Schlupflöchern. Mag sein, dass die in den Auswirkungen unüberlegte Initiative der Sturm- und Drang-Linken im Umfeld der Lohn- und Vergütungsexzesse der Abzocker ihre sozial-emotionale Berechtigung fand.
Die Drohung 1:12 ist sehr ernst zu nehmen. Sie gefährdet nicht nur unseren freien und flexiblen Arbeitsmarkt als einen der wichtigsten Standortvorteile. Insgesamt gefährdet sie das Erfolgsmodell Schweiz mit all seinen positiven Eigenschaften. Dazu gehört nicht nur die effiziente Wirtschaft mit ihren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern irgendwie auch unser freiheitliches Denken, Handeln und Wohlbefinden.
Und dann noch dies: Wir haben in unserem Land das demokratische Recht, den Unternehmen gesetzliche Vorschriften jedweder Art aufzuerlegen, sogar in unserer Verfassung. Logisch, dass es da auch das unternehmerische Recht geben muss, ein Land zu verlassen, wenn die Bedingungen für eine erfolgreiche Zukunft nicht mehr gegeben sind. Und das zu sagen. Auch wenn es nur Bluff ist.