Im Gegensatz zu öffentlichen Universitäten, die grösstenteils über Steuergelder finanziert werden, sind Privatuniversitäten in viel grösserem Umfang auf Spenden angewiesen. Diese Zuwendungen werden üblicherweise nicht sofort ausgegeben, sondern fliessen in einen Vermögensfonds, der langfristig orientierte Anlagestrategien verfolgt. Auf diese Weise soll die Finanzkraft der Universität dauerhaft sichergestellt werden.

Diese Vermögensfonds können beachtliche Werte erreichen. Beispielsweise verfügte die Eliteuniversität Harvard Ende Juni 2018 über ein Stiftungsvermögen von 39,2 Milliarden Dollar. An zweiter Stelle lag Yale mit einem Vermögen von 29,4 Milliarden gefolgt von den Universitäten Stanford und Princeton mit 26,5 bzw. 25,9 Milliarden. Auch das System der Universität Texas findet sich in dieser Spitzengruppe. Allerdings verteilt sich das Stiftungsvermögen dort auf mehrere Universitäten.

Aufgrund der Grössenordnung dieser Stiftungsvermögen, die mit der Marktkapitalisierung europäischer Grossbanken wie etwa der Credit Suisse oder der Deutschen Bank vergleichbar ist, werden die Anlagestrategien der Eliteuniversitäten vom Kapitalmarkt mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt. Interessanterweise werden die erfolgreichsten Stiftungsvermögen nicht passiv gemanagt und die Spendengelder in Indexwerten wie beispielsweise dem Standard & Poor's 500 Index angelegt. Vielmehr verfolgen die erfolgreichsten Eliteuniversitäten aktive Anlagestrategien und der Erfolg scheint ihnen Recht zu geben.

Indexfonds bei weitem übertroffen

In den letzten Jahrzehnten haben die Top-Eliteuniversitäten die Performance von Indexfonds bei weitem übertroffen. Am erfolgreichsten war diesbezüglich die Universität Yale. Dort ist das Investmentgenie David F. Swensen seit 1985 Chief Investment Officer (CIO). Swensen ist es gelungen, das Stiftungsvermögen, das zu seinem Amtsantritt rund 1 Milliarde betrug, auf knapp 30 Milliarden zu erhöhen.

Gemeinsam mit Dean Takahashi hat Swensen das Yale-Modell entwickelt, das auch unter dem Begriff Endowment-Modell bekannt ist. Bei diesem Modell wird das Vermögen in mehrere Anlageklassen unterteilt, wobei Anlageklassen mit hohen Renditeerwartungen (und damit zwangsläufig auch höherem Risiko) übergewichtet werden. Beispielsweise waren Ende Juni 2018 drei Viertel des Stiftungsvermögens in sogenannten "Alternative Investments" angelegt. Hierunter versteht man innovative Anlagestrategien ausserhalb der traditionellen Anlagenklassen wie Aktien und Anleihen. Alternative Investments umfassen beispielsweise Private Equity, Private Debt, Infrastrukturinvestitionen, Rohstoffe und Venture Capital.

Grosses Aufsehen erregte Swensen, als Anfang Oktober bekannt wurde, dass er einen Teil des Stiftungsvermögens in zwei Venturefonds investiert hatte, die sich auf Kryptowährungen fokussieren. Auf den ersten Blick erscheint diese Investition hochriskant und spekulativ zu sein. Wenn man allerdings die Forschungsergebnisse berücksichtigt, die der Yale-Doktorand Yukun Liu und der Yale-Professor Aleh Tsyvinski kürzlich in einem Arbeitspapier veröffentlichten, wird deutlich, dass Swensens Anlageentscheidung portfoliotheoretisch höchst effizient ist.

Hochattraktive Investitionsmöglichkeit

Liu und Tsyvinski erforschen in ihrem Arbeitspapier das Risiko-Rendite-Profil von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ripple und Ethereum. Die Ergebnisse sind teilweise überraschend und für jeden Investor von höchster Relevanz. So weisen die Forscher zunächst überzeugend nach, dass Kryptowährungen trotz ihrer extrem hohen Kursvolatilität eine hochattraktive Investitionsmöglichkeit darstellen. Das hohe Risiko wurde in der Vergangenheit nämlich stets durch eine vergleichsweise noch viel höhere Rendite überkompensiert. Die entsprechende Sharpe Ratio, bei der die Überrendite ins Verhältnis zur Volatilität gesetzt wird, ist bei Kryptowährungen höher als bei Aktien oder Anleihen.

Anschliessend testen Liu und Tsyvinski in ihrer Studie vor allem drei Hypothesen: (1) Kryptowährungen verkörpern eine Beteiligung an der Zukunft der Blockchaintechnologie und ihr Kursverhalten wird deshalb von den gleichen Faktoren bestimmt, die auch den Kursverlauf von Unternehmensanteilen beeinflussen. (2) Kryptowährungen sind ein Wertmassstab bzw. eine Recheneinheit und ihr Kurs entwickelt sich wie der Kurs klassischer Währungen. (3) Kryptowährungen sind ein Wertaufbewahrungsmittel und ihre Wertschwankungen sind deshalb mit den Preisschwankungen von Edelmetallen vergleichbar.

Interessanterweise können Liu und Tsyvinski alle drei Thesen widerlegen. Hierzu untersuchten sie, inwieweit die Rendite von Kryptowährungen mit den gleichen Faktoren erklärt werden kann, die den Wert von Aktien, Währungen oder Edelmetallen beeinflussen. Beispielsweise prüften sie 155 potenzielle Risikofaktoren, die in der Finanzliteratur für Aktienrenditen verantwortlich gemacht werden, fanden aber keine nennenswerten Effekte. Kryptowährungen verhalten sich also nicht wie Aktien.

Starker Momentumeffekt

Auch zwischen dem Kurs von Kryptowährungen einerseits und traditionellen Währungen wie dem Euro, dem Australischen Dollar, dem Kanadischen Dollar, dem Singapur-Dollar und dem Britischen Pfund fanden die Forscher keine Gemeinsamkeiten. Schliesslich konnten Liu und Tsyvinski auch keine Verbindungen von Kryptowährungen zu Gold, Silber oder Platin feststellen.

Welche Faktoren bestimmen dann den Kursverlauf von Kryptowährungen? Auf diese Frage fanden die Forscher zwei interessante Antworten. Erstens gibt es beim Kursverlauf von Kryptowährungen einen starken Momentumeffekt. Dies bedeutet, dass jede aktuelle Kurssteigerung mit hoher Wahrscheinlichkeit künftige Kurssteigerungen nach sich zieht. Wenn Investoren beispielsweise in der Vergangenheit immer dann Bitcoins gekauft hätten, nachdem der Bitcoinkurs in der Vorwoche um mehr als 20 Prozent gestiegen ist, hätten sie nicht nur aussergewöhnlich hohe Kursgewinne erzielt, sondern auch eine hohe Sharpe Ratio, d.h. ein sehr attraktives Risiko-Ertrags-Verhältnis, realisiert.

Zweitens konnten Liu und Tsyvinski nachweisen, dass sich Kursveränderungen bei Kryptowährungen mit Hilfe von Aufmerksamkeitsindikatoren vorhersagen lassen.  Immer dann, wenn bei Google häufiger nach Kryptowährungen gesucht oder bei Twitter häufiger über Kryptowährungen kommuniziert wurde, konnten die Forscher in der Folge signifikante Kurssteigerungen beobachten. Genau umgekehrt verhielt es sich bei negativen Themen wie etwa Hackerangriffen. Andere kryptospezifische Faktoren wie beispielsweise die Miningkosten oder die Kursvolatilität haben demgegenüber keine nachweisbaren Effekte auf die Rendite von Kryptowährungen.

Effiziente Beimischung für jedes Portfolio

Da der Kursverlauf von Kryptowährungen weitestgehend unabhängig von klassischen Anlageklassen wie Aktien, traditionellen Währungen und Edelmetallen ist, sind Kryptowährungen eine sehr effiziente Beimischung für jedes Portfolio. Durch ihre Unabhängigkeit von anderen Anlageklassen verbessern sie das Risiko-Ertrags-Profil herkömmlicher Portfolios erheblich. Vor diesem Hintergrund geben Liu und Tsyvinski folgende praktische Anlageempfehlung. Investoren, die davon ausgehen, dass sich Bitcoin in der Zukunft ähnlich entwickeln wird wie in der Vergangenheit, sollten 6 Prozent ihres Portfolios in Bitcoin investieren. Investoren, die davon ausgehen, dass Bitcoin in Zukunft nur halb so erfolgreich sein wird wie bislang, sollten 4 Prozent ihres Portfolios in Bitcoin investieren. Aber selbst wer denkt, dass Bitcoin in Zukunft viel schlechter abschneiden wird, sollte immerhin noch 1 Prozent seines Portfolios in Bitcoin investieren.

Es verwundert nicht, dass Yale die Erkenntnisse ihrer eigenen Forscher als erste Universität umgesetzt hat. Mittlerweile sind aber bereits eine Reihe weiterer Eliteuniversitäten dem Vorbild Yales gefolgt und haben ebenfalls Millionenbeträge in Kryptowährungen investiert. Zu diesen Universitäten gehören u.a. Harvard, Stanford, Dartmouth, Massachusetts Institute of Technology (MIT) und die Universität North Carolina. Offenbar sind auch sie von den Forschungsergebnissen überzeugt.