Nach drei Jahrzehnten ohne Inflationsängste ist das Inflationsgespenst zurückgekehrt. Erst kürzlich meldeten die Agenturen einen seit langem nicht mehr beobachteten Preisanstieg. Einige Rohstoffpreise haben sich sogar in nur wenigen Monaten vervielfacht. Derzeit streiten die Experten noch, ob es sich bei diesen Preiserhöhungen um ein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen handelt oder ob sich eine langfristige Trendumkehr abzeichnet.

Gegen eine kurzfristigen und vorübergehenden Preisanstieg sprechen vor allem drei Faktoren. Erstens haben die meisten Notenbanken die Geldmenge in einem bislang unbekannten Ausmass erhöht. Zweitens hat die Staatsverschuldung in vielen Ländern mittlerweile ungeahnte Dimensionen erreicht. Drittens gab es in den letzten Monaten an den internationalen Anleihemärkten nicht zu übersehende Signale, die auf steigende Inflationsängste hindeuten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, mit welcher Anlagestrategie sich in einem inflationären Umfeld die höchste Rendite erzielen lässt. Genau dieser Frage sind Henry Neville, Teun Draaisma, Ben Funnell, Campbell R. Harvey und Otto van Hemert nachgegangen. Alle Autoren arbeiten für die Man Group, einem britischen Anbieter von Hedgefonds, der an der Londoner Börse kotiert ist. Campbell ist im Hauptberuf Professor für International Business an der Duke Universität in North Carolina.

Ihre Ergebnisse haben die Autoren vor wenigen Monaten in einem Arbeitspapier veröffentlicht. Im Rahmen ihrer Studie haben die Autoren zunächst 34 Inflationsepisoden seit 1926 identifiziert, 8 in den USA, 14 im Vereinigten Königreich und 12 in Japan. Eine Inflationsepisode lag den Autoren zufolge vor, wenn die Inflationsrate nachhaltig von zunächst niedrigeren Werten auf über fünf Prozent anstieg.

Bekanntermassen sind sowohl Anleihen als auch Aktien und Rohstoffpreise direkt von einem (unerwarteten) Anstieg der Inflation betroffen. Der Kurs von Anleihen fällt, wenn die Inflation steigt, da Anleger bei steigender Inflation höhere Nominalzinsen verlangen.

Bei Aktien ist der Wirkungsmechanismus komplizierter, weil unerwartete Preisanstiege sich in mehrfacher Weise auf Aktienkurse auswirken. Erstens steigt infolge von Inflation die Unsicherheit, wodurch es für Unternehmen schwieriger wird zu planen, zu investieren, zu wachsen und langfristige Verträge abzuschliessen. Zudem können nur Unternehmen mit Marktmacht Preissteigerungen der Inputgüter an ihre Kunden weitergeben. Bei allen anderen Unternehmen sinken zwangsläufig die Gewinnmargen.

Zweitens ist Inflation oft der Vorbote einer künftigen Rezession. Da in einer volkswirtschaftliche Krise der Cash Flow sinkt, leiden Unternehmen langfristig unter der Inflation.

Drittens führen Preisanstiege zu einer höheren Steuerlast bei Unternehmen, da sich die Abschreibungen an den historisch niedrigeren Anschaffungspreisen orientieren müssen, während die Umsätze zumindest teilweise mit der Inflation ansteigen. Im Endeffekt steigt die Steuerlast.

Viertens werden Anleger infolge der gestiegenen Unsicherheit eine höhere Risikoprämie verlangen, wodurch die Aktienkurse fallen. Hiervon sind vor allem wachstumsorientierte Unternehmen betroffen, deren Break-even erst in ferner Zukunft erwartet wird.

Bei Rohstoffen ist der Zusammenhang wiederum einfacher. Ihre Preise steigen. Meist ist dieser Preisanstieg auch der Auslöser der Inflation.

In der Studie wird zunächst die Performance des S&P 500 Aktienindexes, 10-jähriger US-Treasury Bonds sowie eines 60-40 Portfolios aus S&P 500 und US-Treasury Bonds für die acht Inflationsepisoden in den USA ermittelt. Für Aktien (S&P 500) beträgt die durchschnittliche jährliche Nominalrendite Null, in der Hälfte der Inflationsepisoden ist sie negativ. Die Realrendite beträgt minus 5 Prozent und ist in drei Viertel aller Fälle negativ. Für Anleihen (T-Bonds) beträgt die Nominalrendite 3 Prozent, die Realrendite minus 5 Prozent. Für das 60-40 Portfolio ergibt sich eine jährliche Realrendite von minus 6 Prozent.

Eine Branchenanalyse zeigt, dass bei den Aktien der Energiesektor am besten abschneidet. Er ist der einzige Sektor, der mit plus 1 Prozent in den Inflationsepisoden eine positive Realrendite aufweist. Am schlechtesten schneiden langlebige Konsumgüter (minus 15 Prozent) ab, gefolgt von Handel und Technologie (jeweils minus 9 Prozent).

Rohstoffe schneiden demgegenüber in den Inflationsepisoden deutlich besser ab. Die höchste durchschnittliche jährliche Realrendite konnte mit Energie verdient werden (plus 41 Prozent), gefolgt von Industriemetallen (plus 19 Prozent), Gold (plus 12 Prozent), Silber (plus 11 Prozent), anderen Edelmetallen (plus 11 Prozent) und Nahrungsmitteln (plus 7 bis 8 Prozent).

Immobilien schneiden demgegenüber mit minus 2 Prozent Realrendite deutlich schlechter ab. Erstaunlich gut schneiden hingegen Briefmarken (plus 9 Prozent), Kunstwerke (plus 7 Prozent) und Wein (plus 5 Prozent) ab.

Neben diesen statischen Anlagestrategien untersuchten die Forscher auch dynamische Anlagestrategien. Bei reinen Aktienanalgen ist die Momentum-Strategie mit einer Realrendite von plus 8 Prozent am erfolgreichsten. Bei dieser Strategie werden diejenigen Aktien gekauft, die in den letzten 12 Monaten jeweils in ihrem Sektor die höchsten Renditen aufzuweisen hatten. Am schlechtesten schneidet hingegen die Small-Cap-Strategie mit einer Realrendite von minus 1 Prozent ab. Bei dieser Strategie werden Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung gekauft und Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung verkauft.

Hohe Renditen versprechen auch Trend-Strategien. Bei dieser Strategie werden Futures von denjenigen Anlagewerten gekauft, die im Zeitverlauf einen überdurchschnittlichen Trend aufweisen. Wird diese Strategie auf eine Assetklasse beschränkt, schneiden Rohstoffe mit einer jährlichen Realrendite von 20 Prozent am besten ab, gefolgt von Anleihen mit 15 und Aktien mit 8 Prozent. Wendet man die Trend-Strategie in Zeiten hoher Inflation über alle Assetklassen inklusive Währungen an, lässt sich sogar eine jährliche Durchschnittsrendite von 25 Prozent erzielen.

Die Analyse der Inflationsepisoden im Vereinigten Königreich und in Japan zeigt, dass Anleihen und Aktien immer dann schlechte Renditen erzielen, wenn in ihrem Heimatland hohe Inflation vorherrscht. Demzufolge empfiehlt sich eine internationale Diversifikation als Inflationsabsicherung.

Inwieweit mit Hilfe der Kryptowährung Bitcoin noch höhere Renditen bei ansteigender Inflation möglich sind, konnten die Autoren aufgrund fehlender Daten leider nicht klären. Bitcoin gibt es erst seit 2009. Die garantierte Knappheit von Bitcoin könnte jedoch ein wertvoller Vorteil in Zeiten hoher Inflationsraten sein.