Es sei ein weiterer Schritt zur Einführung der vom Volk gewünschten Werbeeinschränkungen für Tabak und Nikotin, schrieb der Bundesrat in einer Mitteilung. Im Februar 2022 hatten Volk und Stände die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» angenommen. Sie verlangte, dass «jede Form von Tabakwerbung, die Kindern zugänglich ist, verboten wird».
Das Parlament entschied sich nach mehrmaligem Hin und Her für einen Mittelweg zwischen einer sehr liberalen Haltung und einem totalen Werbeverbot. Exemplarisch zeigt sich das bei den Werberegeln in Zeitungen und Zeitschriften. Sie wird dort verboten - ausser die Werbung ist im Innenteil von Publikationen, die mehrheitlich über Abonnements verkauft werden und deren Leserschaft zu mindestens 98 Prozent aus Erwachsenen besteht.
Ausweiskontrollen geregelt
Seit gut einem Jahr bestehen bereits Werbeeinschränkungen für alle Tabakprodukte und E-Zigaretten. Künftig werden weitere Regeln bei der Werbung, Verkaufsförderung und beim Sponsoring für Tabakprodukte und E-Zigaretten dazukommen. Nicht mehr zulässig ist Werbung an den Verkaufsstellen.
Verboten wird zudem das Sponsoring von Anlässen, die von Minderjährigen besucht werden können, wenn nicht durch geeignete Massnahmen sichergestellt ist, dass die Werbung vor Ort für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist. Ausserdem darf im Internet nicht mehr für Tabakprodukte und E-Zigaretten geworben werden, wenn es kein System zur Alterskontrolle gibt.
Die nun zur Diskussion gestellte Tabakprodukteverordnung regelt laut dem Bundesrat beispielsweise die Anforderungen an das Alterskontrollsystem. Der Nachweis der Volljährigkeit muss demnach mit einem amtlichen Ausweis in physischer oder elektronischer Form erbracht werden.
Aufgeführt werden auch die geeigneten Massnahmen, um Werbung an Anlässen, die von der Tabak- und Nikotinindustrie gesponsert sind, für Minderjährige unsichtbar und unzugänglich zu machen. Der Zutritt zum Ort, wo sich die Werbung befindet, muss Minderjährigen untersagt sein, und am Eingang muss eine Alterskontrolle durchgeführt werden.
Ausstehende Ratifizierung eines WHO-Vertrags
Die Urheberinnen und Urheber der Tabakwerbeverbotsinitiative sprachen nach dem Parlamentsentscheid im Sommer von einem «in knapp genügender Form umgesetzten Gesetzgebungsauftrag». Werbung für Tabakprodukte sei künftig in den meisten Kanälen, die Kinder und Jugendliche erreichen könnten, verboten oder stark eingeschränkt.
Jedes Jahr sterben in der Schweiz rund 9500 Menschen vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums, der damit zu den grössten Problemen der öffentlichen Gesundheit gehört, wie der Bundesrat in der Botschaft zur Vorlage schrieb. Der Tabakkonsum verursache zahlreiche nichtübertragbare Krankheiten, und die Kosten für deren medizinische Behandlung beliefen sich auf drei Milliarden Franken pro Jahr.
2022 haben gemäss einer Studie des Bundes 6,9 Prozent der Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren in der Schweiz in den dreissig Tagen vor der Befragung Zigaretten geraucht. 5,7 Prozent der 15- bis 24-Jährigen haben mindestens einmal im Monat elektronische Zigaretten konsumiert. Tabakwerbung spielt beim Entscheid, mit dem Rauchen anzufangen, gemäss mehreren Untersuchungen eine bedeutende Rolle.
Erst kürzlich rief die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz den Bundesrat und das Parlament in einem offenen Brief zur Ratifizierung der WHO-Rahmenkonvention über Tabakkontrolle auf. Die Schweiz liege im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin um Jahre zurück, hiess es. Im letzten Tabaklobby-Index belegte die Schweiz den zweitletzten Platz von hundert Ländern.
(AWP)