Die Zinshoffnungen, die enttäuschende US-Konjunkturdaten am Vortag geweckt hatten, waren damit nur von kurzer Dauer. Denn neue Inflationsdaten aus Deutschland, etwa aus Nordrhein-Westfalen, untermauerten Erwartungen, dass zumindest die Europäische Zentralbank den Leitzins im September doch noch weiter anheben könnte.
Und so rückten die Auswirkungen der Zinsanhebungen der vergangenen Monate in den Blick. «Trotz aller Spekulation auf eine Wende in der Geldpolitik bleiben die Unternehmensgewinne der entscheidende Faktor für die Bewertung an der Börse», betonte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarktes. «Bis also der nächste Bullenmarkt, wieder getragen von Zinssenkungsfantasien, eingeläutet wird, könnten sowohl Wirtschaft als auch Anleger erst einmal durch ein tieferes Tal gehen müssen.»
Dies gilt um so mehr angesichts der aktuellen Bewertungen. «Aktien sind nicht gerade günstig», so Anlageexperte Chris Iggo von Axa Investment Managers. «Langfristig spricht natürlich vieles für Aktien, aber man muss mit ihnen in den nächsten Jahren schon mehr verdienen als den risikolosen Zins», also das, was etwa für Tagesgeld und Festgeld zu haben ist.
Auch neue Daten zeichneten kein allzu rosiges Bild. Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone hatte sich im August stärker als erwartet eingetrübt. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) fiel im Vergleich zum Vormonat um 1,2 Punkte auf 93,3 Punkte. Es war der niedrigste Stand seit November 2020 und die vierte Abschwächung in Folge.
Der Kurseinbruch von Orsted zog unterdessen den gesamten Versorgersektor nach unten, der abgeschlagen am Ende der Einzelbranchen lag. Aktien des dänischen Unternehmens brachen wegen möglicher Wertberichtigungen von bis zu 16 Milliarden dänischen Kronen (2,1 Milliarden Euro) im US-Geschäft um knapp 20 Prozent ein.
Orsted begründete die möglichen Wertberichtigungen auf die US-Aktivitäten unter anderem mit Lieferkettenproblemen und gestiegen Zinsen. Falls diese Faktoren unverändert so blieben, müssten zum Ende des dritten Quartals entsprechende Wertanpassungen vorgenommen werden. Im Sog fielen auch Branchengrössen wie Iberdrola um 2,4 Prozent.
Ansonsten waren die Kursveränderungen überschaubar. Versicherer profitierten von Prudential . Der britische Lebensversicherer hatte im ersten Halbjahr seinen Gewinn aus dem Neugeschäft noch deutlicher gesteigert als erwartet. Aktien von Prudential kletterten um vier Prozent.
Unter den kleineren Werten verzeichneten dagegen Implenia deutliche Verluste. Ein grösserer Verkauf des Grossaktionärs Norbert Ketterer belastete die Aktie des Schweizer Bau- und Immobiliendienstleisters./mf/mis
(AWP)