Auf Signale vom US-Arbeitsmarkt reagierte der deutsche Aktienmarkt kaum. Die Daten des privaten Dienstleisters ADP zur Stellenentwicklung im August fielen etwas schwächer als erwartet aus, während die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend deutlich zulegten. Am Freitag steht noch der offizielle staatliche Bericht an, er ist ein wichtiger Faktor für die künftige Geldpolitik der US-Notenbank Fed.
Die leichte Beruhigung auch an den weiterhin fragilen Anleihemärkten sei nur der Hoffnung zu verdanken, dass der US-Arbeitsmarktbericht so schwach ausfalle, dass die Fed nicht umhinkomme, die Zinsen zu senken, kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. «Aktuell preist der Markt dafür eine Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent ein. Einmal mehr rufen Anleger nach der geldpolitischen Feuerwehr, die die Risiken aus der steigenden Staatsverschuldung mit niedrigeren Leitzinsen zumindest etwas reduzieren könnte.»
Die US-Aktienmärkte zogen vor dem US-Arbeitsmarktbericht leicht an, der Dow Jones Industrial stand zum europäischen Handelsschluss rund 0,4 Prozent im Plus. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 0,41 Prozent höher bei 5.346,71 Punkten. In London stieg der FTSE 100 ähnlich moderat, in Zürich ging es für den SMI sogar um 1,5 Prozent nach oben.
Deutsche Aktien wurden vor allem durch Umstufungen von Analysten bewegt. Die Aktien von Heidelberg Materials gewannen in der Dax-Spitzengruppe 3,5 Prozent und profitierten von einer Kaufempfehlung der US-Bank Goldman Sachs. RWE-Papiere wurden mit einem Plus von zwei Prozent durch die Bernstein-Experten angetrieben, die den Versorger auf «Outperform» hochstuften.
Airbus mit plus 1,2 Prozent und MTU mit minus 2,7 Prozent reagierten unterdessen auf einen Favoritenwechsel der Schweizer Bank UBS im Luftfahrtsektor. Die Airbus-Aktien erreichten daraufhin sogar ein Rekordhoch bei 187,48 Euro.
Der Reisesektor taumelte dagegen weiter, im MDax ging es für Tourismuskonzern Tui um 1,2 Prozent abwärts, während die Lufthansa um 2,7 Prozent nachgab. Schon seit Ende August geht es für den Stoxx Europe 600 Travel & Leisure wegen der politischen Lage in Frankreich steil bergab, am Donnerstag war er europaweit schwächster Sektor. In der Reisebranche reagieren Anleger häufig besonders empfindlich auf eine drohende politische Instabilität.
Mit Blick auf die am Vorabend mitgeteilten Änderungen in den wichtigsten deutschen Indizes der Deutschen Börse legten vor allem die Papiere des Immobilienplattform-Betreibers Scout24 um 2,1 Prozent zu. Gea stiegen um 1,1 Prozent. Beide werden in den Dax aufsteigen und ersetzen dort die Aktien des Sportwagenbauers Porsche , die 1,1 Prozent verloren, sowie die des Laborzulieferers Sartorius , welche am Dax-Ende 3,9 Prozent einbüssten.
Die Papiere der Commerzbank erholten sich nach den jüngsten Gewinnmitnahmen um 2,2 Prozent. Laut Unicredit-Chef Andrea Orcel werde die italienische Bank ihren Anteil an der Commerzbank weiter erhöhen und gegen Ende des Jahres etwa 30 Prozent halten.
Teamviewer und Jost Werke standen nach Aktienplatzierungen im Blick. Dass sich Finanzinvestor Permira komplett von den Anteilen des Spezialisten für Fernwartungssoftware trennte, belastete die Teamviewer-Aktien mit 7,6 Prozent. Jost sackten im SDax um 11,3 Prozent ab. Inhaber Peter Möhrle verkauft die Hälfte seines Anteils, also rund zehn Prozent der Aktien des Nutzfahrzeugzulieferers.
Unterdessen profitierten ProSiebenSat.1 mit plus 7,8 Prozent davon, dass die italienische Media for Europe (MFE) die volle Kontrolle über das deutsche Medienunternehmen gewonnen hat. Der Kursanstieg lieferte auch RTL Rückenwind, die Papiere kletterten 2,9 Prozent höher. Für die Übernahme von Sky Deutschland will RTL zudem bis zu vier Millionen eigene Aktien zurückkaufen./niw/nas
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---
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