«Der September scheint seinem Ruf alle Ehre zu machen», kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow mit Blick auf die oftmals triste Bilanz des neu angebrochenen Monats. «Es bilden sich derzeit viele neue Risikocluster aus, die noch für erhebliche Schwankungen an den Finanzmärkten sorgen könnten.» Lipkow verwies auf die konjunkturellen Folgen der US-Zölle und den gescheiterten Friedensversuch im Ukraine-Krieg. Dazu kommt der Machtkampf rund um die US-Notenbank und ihr weiteres geldpolitisches Vorgehen. Ein schwacher Start der US-Börsen nach dem feiertagsbedingt verlängerten Wochenende belastete zusätzlich.
Am Markt wurde ausserdem auf steigende Zinsen sowie Sorgen rund um die Verschuldung Frankreichs verwiesen. Mit Blick auf die Staatsanleihen erreichte die Rendite 30-jähriger Bundesanleihen den höchsten Stand seit 2011. In den USA stieg die Rendite der 30-jährigen Bonds ebenfalls kräftig und britische Staatsanleihen kletterten auf den höchsten Stand seit 27 Jahren. In Frankreich liegt die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen Anleihen aktuell über der griechischen. Steigende Zinsen bedeuteten auch höhere Finanzierungskosten, die direkt auf die Gewinne der Unternehmen durchschlügen, erklärte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners.
Die steigenden Renditen von Staatsanleihen belasteten auf Unternehmensseite vor allem die Immobilienwerte, die am Dienstag europaweit der mit Abstand schwächste Sektor waren. Im Dax gaben die Aktien von Vonovia als Schlusslicht um 6,1 Prozent nach. Im MDax zählten auch LEG , Aroundtown und TAG Immobilien zu den grössten Verlierern.
FMC musste ebenfalls deutlich Federn lassen und ging 5,3 Prozent tiefer aus dem Handel. Eine Verkaufsempfehlung durch die Schweizer Grossbank UBS belastete den Dialyse-Spezialisten. Analyst Graham Doyle verwies auf strukturelle Risiken hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in den USA und die Gefahr sinkender Konsensschätzungen für das operative Ergebnis.
Siemens gaben um 4,4 Prozent nach und litten unter einer Abstufung durch Bernstein Research auf «Market-Perform». Analyst Nicholas Green begründete seinen Schritt mit den kräftigen Kursgewinnen der Aktie in den vergangenen Jahren. Commerzbank-Aktien , von Morgan Stanley auf «Equal-weight» abgestuft, verloren 2,8 Prozent. Auf dem aktuellen Bewertungsniveau seien zunächst weitere Fortschritte im Businessplan der Frankfurter nötig, schrieb Analyst Alvaro Serrano.
Einen heftigen Kurseinbruch von 29,3 Prozent erlitten im Kleinwerte-Index SDax SMA Solar . Der Hersteller von Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen senkte seine Prognose für das laufende Jahr und erwartet nun einen operativen Verlust. Die bereits eingeleiteten Restrukturierungsbemühen sollen nochmals verschärft werden.
Dass der Motorenbauer Deutz mit dem geplanten Kauf der Sobek Group, einem Antriebsspezialisten für Drohnen, sein noch kleines Geschäft im Rüstungsmarkt ausbaut, kam dagegen gut an. Das Papier stieg um 4,3 Prozent.
Bei PVA Tepla setzten nach einer Verdopplung des Aktienkurses im laufenden Jahr dagegen Gewinnmitnahmen ein. Zum Kapitalmarkttag sackten die Papiere um 3,4 Prozent ab. Der Technologiekonzern bestätigte seine Mittelfristziele und will ausserdem seine Gewinnmarge langfristig deutlich steigern.
Auch in anderen Ländern Europas gaben derweil die wichtigsten Indizes nach: Der französische CAC 40 verlor 0,7 Prozent, in ähnlicher Grössenordnung ging es auch für den britischen FTSE 100 und den SMI in Zürich abwärts. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büsste letztlich 1,42 Prozent auf 5.291,04 Punkte ein./niw/nas
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---
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