«Es rechnet zwar niemand mit einem Zinsschritt im September, aber die Gretchenfrage bleibt weiterhin mit Bezug auf die potenzielle Zinspause unbeantwortet», schrieb Marktbeobachter Andreas Lipkow. Daher positioniere sich vor der US-Notenbanksitzung kein Anleger im grossen Stil neu. Zudem bleibt die Unsicherheit, wann die Leitzinsen dies- und jenseits des Atlantiks wieder sinken könnten. Der wesentliche Belastungsfaktor für die Börsen in den kommenden Monaten sei «das voraussichtlich lange Verharren auf dem hohen Zinsniveau», kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets.
Angesichts dieser Unklarheiten waren bei den Unternehmen im Dax vor allem defensive Werte gefragt, darunter auch Fresenius mit einem Plus von rund ein Prozent. Der Gesundheitskonzern will sich offenbar von seiner Digitaltochter Curalie trennen, wie das «Handelsblatt» berichtete. Für Fresenius-Chef Michael Sen sei der Verkauf von Randbereichen wichtiger Teil seiner Strategie, den stark verschuldeten Konzern auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Der Fresenius-Aktie half ausserdem eine Kaufempfehlung der Analysten der DZ Bank auf die Sprünge.
Munich Re stiegen um 0,3 Prozent. Die DZ Bank hatte auch über die Aktie des Rückversicherers eine positive Studie verfasst und in dieser den fairen Wert angehoben. Zudem ist das Papier seit diesem Montag nun auch im währungsgemischten Stoxx Europe 50 vertreten. Vonovia dagegen mussten den europäischen Index verlassen. Die Aktie des grössten deutschen Wohnimmobilienunternehmens büsste 2,2 Prozent ein.
Rüstungskonzern Rheinmetall gewann als Dax-Spitzenreiter 1,7 Prozent. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verstärkte den Druck auf Deutschland, seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen. «Im Kalten Krieg, als Konrad Adenauer oder Willy Brandt regierten, lagen die Verteidigungsausgaben bei drei bis vier Prozent der Wirtschaftsleistung», sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). In seiner norwegischen Heimat sei es ähnlich gewesen. «Wir haben das damals geschafft, und wir müssen es heute wieder schaffen.»
Die Aktien von Infineon gehörten mit einem Verlust von 2,9 Prozent zu den schwächsten Titeln im Dax und fielen auf den tiefsten Stand seit Januar. Der norwegische Branchenkollege Nordic Semiconductor hatte über eine weiter maue Nachfrage in den Kernmärkten berichtet und die Umsatzprognose für das dritte Quartal deutlich gesenkt. Im Fokus steht zudem der Arbeitskampf in der US-Autobranche, die viele Elektronikchips benötigt. Gerade für Infineon sind Autobauer wichtige Kunden.
Die an diesem Montag umgesetzten Index-Veränderungen bewegten nur Ionos spürbar. Die Aktie des Internetdienstanbieters legte an der Spitze des Nebenwerte-Index SDax um 5,1 Prozent zu. Allerdings hatte sie die vorangegangenen sieben Handelstage nachgegeben. Das Papier des Mutterunternehmens United Internet , das nun wieder im MDax zu finden ist, reagierte kaum auf seinen eigenen Index-Aufstieg und zeigte sich mit einem Abschlag von 0,5 Prozent nur etwas robuster als der Markt. Der Anteilsschein des Börsenneulings und Wasserstoff-Spezialisten Thyssenkrupp Nucera gab im SDax um 3,7 Prozent nach.
Der EuroStoxx 50 verlor 1,14 Prozent auf 4245,88 Punkte. Der französische Cac 40 gab sogar um 1,4 Prozent nach, während sich der britische FTSE 100 mit einem Minus von 0,8 Prozent etwas besser schlagen konnte. In New York legte der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss um 0,3 Prozent zu.
Der Euro zog nach einem impulsarmen Handel etwas an und notierte zuletzt bei 1,0692 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0663 (Freitag: 1,0658) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9378 (0,9382) Euro.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,68 Prozent am Freitag auf 2,73 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,31 Prozent auf 123,03 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,28 Prozent auf 129,91 Punkte./niw/jha/
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---
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