Jubilierte die CDU noch in Sachsen und Thüringen, sprach Generalsekretär Carsten Linnemann am Sonntag in Brandenburg von einem «bitteren Ergebnis». Umgekehrt freute sich die SPD, dass sie nach den Tiefschlägen einstelliger Ergebnisse in den beiden Freistaaten nun im Landtag in Potsdam voraussichtlich sogar mit starken Zuwächsen stärkste Kraft vor der AfD wird. Erwartete Untergangs- wie auch Jubelszenarien stimmten also bei beiden Parteien nicht.
Prompt brach noch am Wahlabend eine Debatte aus, was das Ergebnis nun für Kanzler Olaf Scholz und den designierten Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz bedeutet - und die Ampelkoalition im Bund. Denn während sich alle Blicke zunächst auf das Abschneiden von SPD und AfD richteten, konnte leicht übersehen werden, dass die FDP erneut so schwach abschnitt, dass sich die Frage nach einem möglichen Kurswechsel der Liberalen im Bund stellt.
SPD - Die Debatte um Scholz wird bleiben
In der SPD gibt es das Kuriosum, dass selbst Parteichef Lars Klingbeil am Abend eine deutliche Unterscheidung zwischen Bund und Land machte. Vor allem Ministerpräsident Dietmar Woidke gilt als Wahlsieger. Er hatte einen Zweikampf zwischen SPD und AfD ausgerufen mit einem Rückzug für den Fall gedroht, dass die AfD stärkste Partei werden sollte. Und ausgerechnet Woidke hatte sich im Wahlkampf nicht nur von der Ampel im Bund abgesetzt, wollte im Wahlkampf nicht gemeinsam mit Scholz auftreten.
Deshalb wurden am Sonntagabend alle zur Verfügung stehenden SPD-Politiker gefragt, ob die Partei keine Debatte um eine erneute Kanzlerkandidatur von Scholz anzettele.
Allerdings: Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte betonte, dies sei «eher Blasengespräch in der Berliner Republik» als eine realistische Option. Und SPD-Chef Klingbeil wies darauf hin, dass Scholz im Windschatten von Woidke so viel Wahlkampf machte wie in keinem anderen Bundesland - nur eben zusammen mit SPD-Landtagskandidaten. Erst am Freitagabend trat der Kanzler - weitgehend unbemerkt von Berliner Journalisten - bei einem Bürgerdialog vor 200 Wählerinnen und Wähler im südbrandenburgischen Niedergörsdorf auf.
Dass Scholz dennoch in der Ampel als sozialdemokratischer Kanzler anders auftreten müsse, hatten ihm die SPD-Spitze schon nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nahegelegt - und er hatte in Niedergörsdorf betont, dass er verstanden habe. Doch auch das wird Unruhe in das Ampel-Bündnis bringen.
Dämpfer für die CDU - Aber nicht Merz
In der CDU hatte man schon vor Tagen abgehakt, dass Spitzenkandidat Jan Redmann vorne liegen könnte. Dass er nun wahrscheinlich noch hinter dem BSW auf dem vierten Platz landet, schmerzt die Partei. Aber bundespolitisch hatte man vorgebaut, indem man am Montag die offizielle Inthronisierung von Merz als Unions-Kanzlerkandidat als Positiv-Nachricht dagegen setzen will. Dennoch sorgt das Ergebnis auch deshalb für Ärger in der gesamten Partei, weil sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für Woidke und nicht für Redmann aussprach - weshalb CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann seinen Ärger am Abend kaum verbergen konnte. Ungelöst ist zudem, ob die CDU mit dem BSW Koalitionen eingehen will.
FDP will «Herbst der Entscheidung»
Während die Grünen ihre Wunden über das schwache Abschneiden wohl ohne grosse Auswirkungen auf den Bundeskurs lecken dürften, hatte Christian Lindner schon vor der Brandenburg-Wahl angekündigt, dass es einen «Herbst der Entscheidung» in der Ampel-Regierung geben müsse - und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sekundierte am Sonntagabend. Dabei schwingt immer mit, dass es nicht nur um inhaltliche Frage wie Rente, Haushalt oder Asyl gehen könnte, sondern auch um die Grundsatzfrage, ob die FDP die Ampel-Regierung verlassen will. CDU-Chef Merz zumindest hatte schon gestichelt, dass die FDP nur dann eine Überlebenschance habe. Etwas kryptisch sagte Lindner im Interview: «Manchmal bedeutet Mut aber auch, ins Risiko zu gehen, um neue politische Dynamik zu schaffen.» Der FDP-Generalsekretär sagte am Sonntag, wenn eine Regierung kein gemeinsames Verständnis habe, könne sie auch nicht gemeinsam regieren.
AFD im Höhenflug - Als reine Protestpartei
Die AfD jubelt darüber, dass ihr Aufwärtstrend nach Thüringen und Sachsen auch in Brandenburg anhält. Allerdings hat die rechtspopulistische Partei weiter das Problem, dass niemand mit ihr regieren will - vor allem nicht in Brandenburg, wo führende Politiker als Rechts-Aussen gelten. «Die Zukunft ist blau - im Osten und überall», sagte der AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg, Hans-Christoph Berndt dennoch. Die Partei dürfte aber das Problem haben, dass nach drei Ostwahlen jetzt der Blick wieder stärker in den Westen der Republik geht - wo die AfD deutlich schwächer ist als im Osten.
BSW etabliert sich
Anders ist die Lage beim BSW. Zum dritten Mal nach Sachsen und Thüringen gelang ihm auf Anhieb der Einzug in einen Landtag - und zum dritten Mal könnte die neue Partei sogar Königsmacherin werden. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht muss dabei die Grundsatzentscheidung fällen, ob sie auf Länderebene inhaltliche Kompromisse eingehen oder mit einer «reinen Lehre» auf die Bundestagswahl warten möchte. Allerdings gibt es auch für das BSW das Problem, dass es bei Umfragen im Westen als deutlich weniger attraktiv gesehen wird als im Osten, wo das BSW noch mit Russland-freundlichen Positionen punkten kann.
(Reuters)
1 Kommentar
Unabhängig vom Ergebnis in Brandenburg muss endlich ein bundesweites Verbot der AfD vorantreiben und gegebenenfalls über die Verfassung durchgesetzt werden, dass sich keine neuen Parteien rechts der Union gründen dürfen.