Der Wunsch der Bevölkerung müsse nach Möglichkeit respektiert werden. «Wenn die Blattnerinnen und Blattner ihr Dorf wieder errichten wollen, muss dies von der öffentlichen Hand unterstützt werden», sagte der Geologe Hans-Rudolf Keusen im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Wichtig sei dabei natürlich der genaue Standort des künftigen Dorfes. «Im Bereich des riesigen Schuttkegels erscheint dies schwierig», sagte Keusen. Voraussetzung sei ein sicherer Standort ausserhalb der Gefahrenzone. Dafür brauche es geologische und raumplanerische Abklärungen. Er sei aber überzeugt, dass ein Wiederaufbau «technisch gesehen möglich sei».

Nein zu Umsiedlungen

Weiter sprach sich Keusen gegen zuletzt laut gewordene Forderungen aus, die wegen «zunehmender Naturgefahren in den Bergen» Umsiedlungen der Bergbevölkerung von gefährdeten in sichere Gebiete verlangen. Es sei wichtig, dass der Kulturraum Alpen weiterhin besiedelt bleibe, und die Menschen nicht nur in Städten lebten.

Auch Boris Previ¨ic, Direktor des Urner Instituts Kulturen der Alpen, hält es für eine schlechte Idee, wegen Naturgefahren ganze Täler aufzugeben, wie dies auch schon gefordert wurde. Im Fall von Blatten gebe es gute Gründe, das Dorf wieder aufzubauen, sofern dies an einem sicheren Ort möglich sei.

Neue Wege beschreiten

Entscheidend sei grundsätzlich sowohl bei einem Wiederaufbau als auch bei einer Umsiedlung, dass es sich dabei um eine lebenswerte Alternative handle, welche dem sozialen Zusammenhalt förderlich sei, so Previ¨ic.

Zudem glaubt der Kulturwissenschaftler, dass es wichtig ist, den Alpenraum wieder mehr als etwas Dynamisches zu verstehen. So stelle sich zum Beispiel die Frage, ob die Wohnbevölkerung im Gebirge nicht wieder mobiler wie zu früheren Zeiten werden könnte, um den Naturgefahren auch ausweichen zu können. So sei es etwa denkbar, das Konzept der Dreistufenlandwirtschaft von Bergdorf, Maiensäss und Alp auch in Bezug auf den Wohnraum anzuwenden.

(AWP)