An den Finanzmärkten wird gerätselt, ob die Turbulenzen die Währungshüter der US-Notenbank nach einer Straffungsserie zu einer Pause zwingen. Für die Sitzung am Mittwoch galt vielen Ökonomen eine kleine Erhöhung um einen Viertel-Prozentpunkt als ein wahrscheinliches Szenario, nachdem sich die Lage nach der Pleite mehrerer US-Regionalbanken etwas beruhigt hatte. Doch Zweifel an einem weiteren Schritt auf der Zinsleiter blieben - zumal die staatlich orchestrierte Übernahme der angeschlagenen Schweizer Grossbank Credit Suisse durch den ebenfalls in Zürich ansässigen Rivalen UBS die Finanzmärkte nicht beruhigen konnte.

"Es sollte klar sein, dass dieses Problem nach mehr als einer Woche der Bankenpanik und zwei von Behörden organisierten Eingriffen nicht verschwindet. Ganz im Gegenteil, es hat sich weltweit ausgebreitet", meint Experte Mike O'Rourke vom Brokerhaus JonesTrading. Die Probleme der Credit Suisse (CS) würden sich wahrscheinlich nur vergrössern, indem sie zur UBS verlagert würden. Die Schweizer Regierung hatte die UBS allerdings gerade deshalb zu der Übernahme gedrängt, um das Vertrauen in die Credit Suisse wieder herzustellen und ein Übergreifen der Krise auch auf andere Banken in Europa zu verhindern.

Anleger sehen Rettungsmassnahmen skeptisch

Fed-Chef Jerome Powell und US-Finanzministerin Janet Yellen sprachen denn auch in einer gemeinsamen Erklärung von einem Schritt zur Stützung der Finanzstabilität. Die Kapital- und Liquiditätsausstattung des US-Bankensystems seien stark und das US-Finanzsystem widerstandsfähig. Die sich überschlagenden Ereignisse vom Wochenende suggerierten aber nicht gerade, dass die Lage unter Kontrolle sei, kritisiert Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets.

Daher brach der europäische Banken-Index am Montag zeitweise um sechs Prozent ein. Gleichzeitig waren sichere Anlagen wie Bundesanleihen oder Gold gefragt. Investoren erinnerten sich an die Finanzkrise von 2008 mit der Lehman-Pleite und rätselten, welche Bank als nächstes in Schieflage geraten könnte, sagt Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG.

Bankenbeben könnte Pause erzwingen

Erik Weisman, Chief Economist und Portfoliomanager bei MFS Investment Management, betont, es handele es sich um eine höchst unsichere und sich rasch entwickelnde Situation: "Die Bedingungen könnten sich verschlechtern, was die Fed zwingen könnte, auf ihrer Sitzung am 22. März zumindest vorübergehend eine Pause einzulegen."

Die in den USA gehäuft aufgetretenen Probleme von Regionalbanken wie der in die Pleite gerutschte kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) zeigen die Nebenwirkungen der starken Fed-Medizin zur Bekämpfung der Inflation. Am Montag stürzten die Aktien der US-Regionalbank First Republic Bank, die vor einigen Tagen mit 30 Milliarden Dollar gestützt werden musste, um weitere 20 Prozent ab. Die Fed hatte die Leitzinsspanne binnen weniger als zwölf Monaten von nahe Null bis auf den gegenwärtigen Stand von 4,5 bis 4,75 Prozent nach oben gehievt, um der ausufernden Inflation Paroli zu bieten.

Zinsausblick der Währungshüter im Fokus

Auch wenn die Teuerungsrate im Februar auf 6,0 Prozent gefallen ist, liegt das Ziel der Zentralbank von 2,0 Prozent noch in weiter Ferne. Fed-Präsident Powell hatte jüngst betont, er erwarte einen langen und steinigen Weg, bis die Inflation zum Zielwert der Notenbank zurückkehrt.

Im Dezember hatten die Währungshüter in ihrem Zinsausblick - im Fachjargon als Dot Plot bekannt - im Mittel ein geldpolitisches Niveau von 5,1 Prozent signalisiert. Nun legen die Fed-Führungsmitglieder neue Projektionen vor. Die Helaba-Volkswirte Ralf Umlauf und Ulrich Wortberg weisen daraufhin, dass Powell noch vor nicht allzu langer Zeit in Aussicht gestellt hatte, dass der Zinsausblick wegen des nur langsamen Inflationsrückgangs und widerstandsfähiger Konjunkturentwicklung nach oben angepasst werden dürfte: "Die grosse Frage ist also, ob diese Einschätzung aufgrund der jüngsten Ereignisse einkassiert werden muss oder nicht." Die Zentralbanken seien in einem Dilemma und müssten in einem Umfeld grosser Unsicherheit agieren: "Die Gefahr von Fehltritten ist daher gross." 

(Reuters)