Die US-Medien beriefen sich in ihren Berichten am Donnerstag auf Regierungsquellen, offizielle Angaben zum angeblich geplanten Besuch Selenskyjs in Washington gab es zunächst nicht. Unklar blieb auch, ob der ukrainische Staatschef wie bereits im Dezember eine Rede vor dem Kongress halten würde. Laut Quellen der Politik-Webseite «Punchbowl News» ist seine Washington-Reise für Donnerstag kommender Woche geplant.
Selenskyj dürfte in der US-Hauptstadt um anhaltende Hilfe für sein Land im Abwehrkampf gegen Russland werben. Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Krieg, kein Land leistet mehr militärische und finanzielle Hilfe als die Vereinigten Staaten. Derzeit setzt sich Präsident Biden mit seinen Demokraten für zusätzliche Hilfen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar (umgerechnet 18,6 Milliarden Euro) für militärische, wirtschaftliche und humanitäre Zwecke ein.
Im Senat erfährt die Ukraine seit Kriegsbeginn breite Unterstützung durch beide Parteien, im Repräsentantenhaus nahm zuletzt aber die Kritik an den anhaltenden Hilfszahlungen zu. Dort haben die Republikaner eine knappe Mehrheit.
Selenskyj hatte zuletzt im Dezember 2022 Washington besucht und dabei sowohl Biden getroffen als auch die Rede im Kapitol vor beiden Kammern des Kongresses gehalten. UN-Generalsekretär António Guterres will den Ukrainer bei der UN-Generalversammlung begrüssen, zu der ab Montag mehr als 140 Staats- und Regierungschefs in der Zentrale der Vereinten Nationen am New Yorker East River erwartet werden. Anschliessend soll Selenskyjs Weg dann nach Washington führen.
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock rief die USA zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung gegen den russischen Angriffskrieg auf. «(Russlands Präsident Wladimir) Putin bekämpft auch Demokratien weltweit und deshalb müssen wir zusammenstehen», sagte sie dem konservativen TV-Sender Fox News. Baerbock begegnete damit auch kritischen Stimmen gerade aus den Reihen der Republikaner, die der Bundesregierung mangelndes Engagement vorwerfen. «Wir sind stärker als die brutale Aggression von Putin», ergänzte die Ministerin. An diesem Freitag setzt sie ihren Washington-Besuch mit Beratungen mit US-Aussenminister Antony Blinken fort, bei denen die weitere Unterstützung der Ukraine eine wichtige Rolle spielen dürfte.
USA verhängen Sanktionen gegen 150 weitere Unterstützer Putins
Die USA weiten unterdessen ihre Sanktionen gegen Unterstützer von Kremlchef Putin aus. Mehr als 150 Personen und Firmen werden mit neuen Strafmassnahmen belegt, wie die Regierung in Washington mitteilte. Ziel sei es, «Russlands militärische Lieferketten ins Visier zu nehmen und Putin die Ausrüstung, Technologie und Dienstleistungen zu entziehen, die er für seinen barbarischen Krieg gegen die Ukraine benötigt», sagte Finanzministerin Janet Yellen.
Russland weist zwei US-Diplomaten aus
Umgekehrt weist Russland nach offiziellen Angaben zwei Mitarbeiter der US-Botschaft aus. Der erste und zweite Sekretär der diplomatischen Vertretung seien zu unerwünschten Personen erklärt worden und müssten innerhalb von sieben Tagen ausreisen, teilte das russische Aussenministerium mit. Ihnen werde Einmischung in die inneren Angelegenheiten vorgeworfen, hiess es zur Begründung.
Internationaler Strafgerichtshof eröffnet Büro in Kiew
Zur Aufklärung mutmasslicher russischer Kriegsverbrechen hat der Internationale Strafgerichtshof ein Büro in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eröffnet. Es handele sich um die grösste Aussenstelle des Gerichtshofs ausserhalb seines Hauptsitzes im niederländischen Den Haag, sagte Präsident Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die internationalen Ermittlungen trügen dazu bei, «Gerechtigkeit für die Ukraine und für unser gesamtes Volk» wiederherzustellen.
Heftige Kämpfe um Dörfer bei Bachmut
Bei ihrer Gegenoffensive kämpft die ukrainische Armee nach eigenen Angaben hart um drei Dörfer südlich der Stadt Bachmut. Der ukrainische Generalstab meldete am Freitagmorgen die Rückeroberung des Dorfes Andrijiwka. Zur Lage in dem Ort hatte es am Donnerstag widersprüchliche Angaben gegeben. Die Lage sei sehr dynamisch gewesen und habe sich im Lauf des Tages mehrmals geändert, schrieb Vizeverteidigungsministerium Hanna Maljar am Freitag auf Telegram.
In der Nacht zum Donnerstag attackierte die ukrainische Armee eigenen Angaben zufolge zwei russische Patrouillenboote unweit der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Wasserdrohnen. «Es gibt einige Schäden», erklärte die Abteilung der Armee für strategische Kommunikation. Unabhängig überprüfen liess sich das zunächst nicht. Russland hat bislang lediglich einen Angriff auf die «Sergej Kotow» eingeräumt, eines der Patrouillenboote seiner Schwarzmeerflotte - behauptet jedoch, alle fünf von der Ukraine eingesetzten Wasserdrohnen abgewehrt zu haben.
Nouripour erwartet rasche Entscheidung für Taurus-Lieferung an Kiew
Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour erwartet eine rasche Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, die die Ukraine seit längerem fordert. Er gehe davon aus, dass «sehr schnell auch tatsächlich die Verkündung kommen wird, dass die Taurus rübergehen, weil die gebraucht werden», sagte Nouripour am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner». Es gebe noch einige Details zu klären und Gespräche mit Partnern zu führen, das werde aber schnell geschehen.
Was am Freitag wichtig wird
Kremlchef Putin will an diesem Freitag den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko in Sotschi am Schwarzen Meer empfangen. Alleine in diesem Jahr ist es das siebte Treffen der beiden Verbündeten./haw/DP/stk
(AWP)