Rossi war der erste der vier Kandidierenden, der offiziell seinen Hut in den Ring warf. Er kennt die Bundeskanzlei bestens. Seit Mai 2019 ist er Vizekanzler und führt den Bereich Bundesrat der Bundeskanzlei.

Er habe die fachlichen und persönlichen Kompetenzen für die Funktion, schrieb die GLP, die ihn offiziell nominierte und unterstützte. Rossi sei mehrsprachig und als Führungsperson geschätzt, ein «lösungsorientierter Vermittler zwischen den Departementen» und «ein aktiver Gestalter der digitalen Transformation der Bundesverwaltung».

«Digitalisierung vorantreiben»

Zum von Rossi geführten Bereich Bundesrat gehört die Sektion, die die rund 2500 Geschäfte betreut, die der Bundesrat pro Jahr verabschiedet. Ebenso organisiert diese Sektion die Beantwortung der jährlich rund 1300 Vorstösse aus den Räten. Als Vizekanzler ist Rossi an den wöchentlichen Sitzungen des Bundesrates mit dabei.

«Ich stehe für Kontinuität an der Spitze der Bundeskanzlei und möchte die Digitalisierung der Verwaltung konsequent vorantreiben», hatte sich der 1968 geborene schweizerisch-italienische Doppelbürger Rossi im Vorfeld der Wahl zitieren lassen.

Rossi ist gelernter Koch und hat nach dieser Ausbildung Wirtschaft und Recht studiert. Danach unterrichtete er als Handelslehrer, bevor er ab 1999 als Direktor die Berufsfachschule Biel leitete. 2009 übernahm er das Präsidium der Kaufmännischen Rektorenkonferenz des Kantons Bern und im Oktober 2010 wechselte er in die Bundeskanzlei.

Rossi sichtlich bewegt

In seiner Antrittsrede sagte Rossi, er werde alles in seiner Macht und Kraft Stehende tun, dieser grossen Aufgabe gerecht zu werden. Als Priorität nannte er in seiner viersprachigen Ansprache die Digitalisierung der Behördenleistungen.

Die Bundeskanzlei solle ein guter Partner der Bundesversammlung sein, so Rossi. Er wolle die Stärkung der Krisenfestigkeit der Schweiz entschieden vorantreiben.

Rossi verwies in seiner Rede vor den Mitgliedern von National- und Ständerat auf seinen Migrationshintergrund. Seine Eltern seien in den 1950er-Jahren in der Hoffnung auf ein besseres Leben aus Süditalien und Südkärnten in die Schweiz gekommen. «Dieses für sie damals fremde Land wurde rasch zu unserem Land, zu unserer Schweiz. Ich kann fast nicht in Worte fassen, was es für mich bedeutet, jetzt hier stehen zu dürfen.»

Erster GLP-Bundeskanzler

Rossi ist der erste Bundeskanzler aus den Reihen der GLP. Bisher eine Bundeskanzlerin und acht Bundeskanzler waren FDP-Mitglieder. Die frühere CVP und heutige Mitte-Partei stellte bisher eine Bundeskanzlerin und drei Bundeskanzler, die SP einen Kanzler.

Der Bundeskanzler ist Stabschef oder Stabschefin des Bundesrats und nimmt an dessen Sitzungen teil. Er hat beratende Stimme und kann Anträge stellen. Gemeinhin wird er als «achter Bundesrat» bezeichnet.

Mitte verzichtet auf Amt

Im Rennen ums Bundeskanzler-Amt waren neben Rossi die SVP-Mitglieder Gabriel Lüchinger und Nathalie Goumaz sowie der parteiunabhängige Lukas Gresch-Brunner. Einzig Lüchinger vermochte Rossi einigermassen herauszufordern. Er erhielt im zweiten Wahlgang 103 Stimmen.

Drei der vier Bundesratsparteien verzichteten im Vorfeld auf eine Kandidatur, aus taktischen Gründen, wie es in Medienberichten hiess. Auch die Mitte, die mit Thurnherr und zuvor Corina Casanova das Bundeskanzler-Amt seit 2008 besetzte, erhob keinen Anspruch mehr darauf. Mittelfristig strebt die Mitte dafür einen zweiten Bundesratssitz an.

(AWP)