Das Genfer Kantonsgericht hatte der Firma Artisans de Genève Switzerland SA vergangenes Jahr verboten, bei Rolex-Uhren Änderungen anzubieten und vorzunehmen. In einem am Donnerstag veröffentlichten Leiturteil kommt das Bundesgericht zum Schluss, die Tätigkeit von Artisans de Genève sei legal. Die Firma bearbeite nur Uhren, die von Kunden gebracht würden und die nicht für den Weiterverkauf bestimmt seien.

Das Bundesgericht hob daher das von der Vorinstanz ausgesprochene Verbot auf. Die Sache geht nun an die kantonale Justiz zurück. Sie muss den Fall noch unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs prüfen. Der Entscheid des Bundesgerichts ist auf andere Branchen übertragbar und betrifft beispielsweise auch Änderungen von Autos oder die Umgestaltung von Haute-Couture.

In seinen Erwägungen hat das Gericht festgehalten, dass die Frage einer Verletzung des geistigen Eigentums bei der Veränderung eines Produkts durch einen Dritten in der Schweiz noch nicht entschieden worden sei.

Käufer ist frei in der Verwendung

Die Bundesrichter erinnerten daran, dass die Funktion einer Marke darin bestehe, ein Produkt von anderen unterscheiden zu können. Insofern sei der Inhaber einer Marke berechtigt, seine Produkte zu verteidigen. Zu diesem Zweck verfüge der Marken-Inhaber unter anderem über ein ausschliessliches Vermarktungsrecht.

Gemäss Markenrecht endet diese Exklusivität jedoch, sobald das Produkt in Umlauf gebracht wird. Mit anderen Worten: Ein Käufer kann mit dem Produkt machen, was er will. Er kann es verschenken, weiterverkaufen oder umgestalten.

Das Genfer Kantonsgericht entschied hingegen, ein Dritter bedürfe der Zustimmung des Marken-Inhabers oder müsse die Marke entfernen, wenn er den Artikel abändere. Ausserdem vertrat es den Standpunkt, der Marken-Inhaber könne sich dem Vertrieb veränderter Produkte widersetzen. Dies würde laut Bundesgericht bedeuten, dass ein Unternehmen ohne die Zustimmung des Marken-Inhabers keine kommerzielle Dienstleistung zur Änderung von Markenprodukten anbieten dürfte.

Zu weitreichender Schutz

Für das Bundesgericht geht dieser Schutz zu weit, selbst bei sogenannten «hoch angesehenen» Marken. Denn die Veränderung bestimmter Produkte erfordere technische Fähigkeiten, die der Käufer selten beherrsche, und er sich daher an einen Spezialisten wenden müsse. Es gebe a priori keinen Grund, zwischen dem Eigentümer des Gegenstandes, der ihn selbst personalisiert, und dem Fachmann, der damit beauftragt wird, zu unterscheiden.

Wenn der veränderte Gegenstand für den privaten Gebrauch seines Besitzers bestimmt sei, liege keine Beeinträchtigung der Unterscheidungsfunktion der Marke vor. Anders sehe es aus, wenn ein Unternehmen Markenartikel nicht nur nach den Wünschen ihrer Besitzer anpasse, sondern selbst Produkte ohne Zustimmung des Markeninhabers vermarkte.

Im vorliegenden Fall wurde Artisans de Genève 2020 von Rolex in eine Falle gelockt. Eine vom Uhren-Hersteller geschickte Privatperson erwarb eine personalisierte Uhr der Marke «Rolex Daytona». Der Preis von 32'580 Franken umfasste die Uhr und die Modifikationen. Rolex verklagte die Manufaktur aufgrund dieses Kaufs.

Streit um Angaben auf Webseite

Dieser Sachverhalt entspricht gemäss dem höchsten Schweizer Gericht eindeutig dem verbotenen Geschäftsmodell. Seitdem hat sich Artisans de Genève verpflichtet, keine Uhren mehr zu liefern und nur noch mit Teilen zu arbeiten, die von Kunden mitgebracht werden, für deren persönlichen Gebrauch bestimmt sind und nicht weiterverkauft werden.

Die Genfer Justiz war auch der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin eine Form unzulässigen Wettbewerbs ausübe, indem sie auf ihrer Webseite sehr oft Rolex-Modelle abbilde, die gut als solche erkennbar seien. Ob es sich bei diesem Vorgehen um unlauteren Wettbewerb im rechtlichen Sinn handelt, hat die Vorinstanz nicht geprüft und muss dies nun nachholen. (Urteil 4A_171/2023 vom 19.1.2024)

(AWP)