In Reichertshofen allerdings haben die Aufräumarbeiten begonnen, als Scholz gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag den Ort besucht. Sandsäcke werden weggekarrt, überall rattern Pumpen und Generatoren, um vollgelaufene Keller leer zu pumpen. Rund 200 Menschen hatten hier am Wochenende vorübergehend ihre Häuser verlassen müssen, berichtet Bürgermeister Michael Franken. Inzwischen ist das Wasser wieder zurückgegangen. Minutenlang stehen Scholz und Söder hinter Sandsäcken und blicken gemeinsam mit dem Einsatzleiter des Landkreises Pfaffenhofen, Christian Nitschke, auf die immer noch reissende Paar.

Es bleiben, wie an so vielen Orten: die grossen finanziellen Schäden, die noch nicht zu beziffern sind. «Wir werden alles dazu beitragen, auch mit den Möglichkeiten des Bundes, dass hier schnell weitergeholfen werden kann», sagt Scholz. Und Söder kündigt an, man werde im bayerischen Kabinett am Dienstag über mögliche Hochwasser-Hilfen beraten. Auch die Debatte über Pflichtversicherungen für gefährdete Gebiete beginnt von Neuem.

Es gibt aber auch noch weit schlimmere Verluste, an die auch Scholz, Faeser und Söder bei ihrem Besuch in Reichertshofen erinnern: Ein paar Kilometer weiter starb am Wochenende einer von Nitschkes Leuten, ein Feuerwehrmann, im Flut-Einsatz. In Schrobenhausen entdecken Rettungskräfte just am Montagmorgen eine Leiche im Keller eines Hauses - eine vermisste 43-Jährige, nach der seit Sonntag gesucht worden war. In Schwaben wird zudem ein weiterer Feuerwehrmann vermisst.

Tatsächlich, sagt Scholz, nehme die Zahl der Katastrophen zu. «Wir werden also die Aufgabe, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, nicht vernachlässigen dürfen», betont er. «Auch das ist eine Mahnung, die aus diesem Ereignis und dieser Katastrophe mitgenommen werden muss.» Söder sagt ebenfalls, man müsse sich dem Klimaschutz und der Klimaanpassung noch viel stärker widmen in Deutschland. Er warnt aber auch: «Es gibt keine Vollkaskoversicherung gegen diese Herausforderung des Klimawandels.»

Erst einmal aber geht es in diesen Stunden am Montag und den Tagen darauf noch immer darum, Menschen zu schützen, Schäden, wo immer möglich, zu begrenzen. Und das nicht nur in Bayern: Auch in Baden-Württemberg hatte sich die Lage zuletzt vor allem in der Region um Stuttgart und weiter östlich zugespitzt. In Rudersberg im Rems-Murr-Kreis nordöstlich der Landeshauptstadt haben Wassermassen Autos mit sich gerissen, mehrere landen an Bahngleisen, eines auf einem Brunnen in der Innenstadt, wie auf Bildern vom Montag zu sehen ist.

Auf verschlammten Strassen liegt aus Häusern weggespülter Hausrat, ein Turnschuh, Puzzleteile. Auf einer Brücke hat sich massenhaft angespülter Unrat gesammelt. In Miedelsbach, einem Stadtteil von Schorndorf, nur wenige Kilometer entfernt, haben Wassermassen in der Nacht Autos übereinander gestapelt, wie auf Bildern der «Bild»-Zeitung zu sehen ist. Immerhin gibt es in der Region am Montag Zeichen der Entspannung, Warnungen werden aufgehoben.

Dramatische Bilder kamen zuletzt auch aus der Stadt Ebersbach an der Fils weiter südlich. Braune Wassermassen hatten sich hier bereits am Sonntag in einem gewaltigen Schwall auf eine Bundesstrasse ergossen, abschüssige Strassen verwandelten sich in Sturzbäche, das Wasser floss über Autodächer hinweg. Bilder des SWR am Montag zeigen die völlig verschlammte B10. Im Schwarzwald kommt es laut Polizei zu mehreren Erdrutschen.

In Bayern wiederum richten sich bange Blicke nun vor allem auf die Donau. «Wir sehen, dass das Hochwasser jetzt wandert», sagt Söder. Die Stadt Regensburg ruft am Montag bereits den Katastrophenfall aus. Wie schlimm es wirklich wird, wird sich zeigen. Es heisse nun: «Hoffen, dass wir die nächsten Tage gut überstehen», sagt Söder. «Wir bleiben in Hab-Acht-Stellung.»/ctt/DP/men

--- Von den dpa-Korrespondenten ---

(AWP)