Die beiden Politiker gaben nach ihrem Gespräch in einem Saal des Castelgrande, einer der Burgen Bellinzonas, gemeinsam ihre Erklärungen ab. Sie lobten die Resultate des 2013 geschlossenen Freihandelsabkommens und berichteten von Fortschritten in den Verhandlungen über dessen Optimierung.

Beide Seiten strebten die rasche Erarbeitung einer aktualisierten und umfassenderen Version an, die den heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen entspreche, teilte das Aussendepartement nach dem Auftritt mit.

Cassis rechnet damit, Anfang des nächsten Jahres konkrete Ergebnisse vorlegen zu können, wie er sagte. Cassis und Wang führten ihre Gespräche im Rahmen des vierten Zyklus des Strategischen Dialogs zwischen der Schweiz und China. Das Treffen fiel auf den 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Schweiz und der Volksrepublik.

«Solide Freundschaft»

Der gegenseitige Respekt und die Qualität der bilateralen Beziehungen zeugten von der Solidität der Freundschaft zwischen den beiden Ländern, sagte Cassis vor den Medien in Bellinzona. Beide Länder hätten ihr Bekenntnis zum Multilateralismus bekräftigt. Die Herausforderungen der Gegenwart könnten nur durch Kooperation und Dialog gemeistert werden.

Auch Wang lobte den konstruktiven und zukunftsgerichteten Charakter der Gespräche. Er erinnerte daran, dass die Schweiz als eines der ersten westlichen Länder die Volksrepublik anerkannt habe. Konkret kündigte er weitere Massnahmen an, um Reisen nach China zu erleichtern und das gegenseitige Verständnis zwischen den Bevölkerungen zu fördern.

Warnung vor Protektionismus

Auch Wang nahm Bezug auf die jüngsten Entwicklungen in den internationalen Beziehungen. Die Menschheit befinde sich erneut an einer Weggabelung angesichts von zunehmendem Hegemoniestreben und Protektionismus, gab er zu bedenken. China wolle mit der Schweiz zusammenarbeiten, um der Politik von Einschüchterung und Konfrontation zwischen den Blöcken entgegenzutreten.

Ausdrücklich wünschte Wang, dass die Schweiz bei der Schaffung eines palästinensischen Staates ihre Rolle spiele. Er rief zu einer dauerhaften Waffenruhe im Nahen Osten und einer Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung auf. Der Wille der Palästinenser müsse dabei bei den Entscheidungen über die Zukunft respektiert werden. Die Zerstörung im Gazastreifen bezeichnete der chinesische Aussenminister als «Schandfleck des 21. Jahrhunderts.»

China pocht auf Nichteinmischung

Zugleich setzte der chinesische Aussenminister die Schwerpunkte seiner Stellungnahme etwas anders als Cassis. In der Geschichte ihrer Beziehungen hätten beide Staaten das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten respektiert, sagte er. Im Bezug auf Taiwan sagte er, China schätze es, dass die Schweiz eine Ein-China-Politik verfolge.

In den vergangenen Jahrzehnten hatte insbesondere Kritik am Umgang der chinesischen Behörden mit den Minderheiten der Tibeter und Uiguren immer wieder zu Verstimmungen zwischen Peking und Bundesbern geführt.

(AWP)