Zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten will der Bundesrat auch ein Vergleichsportal für Angebote auf dem Strommarkt einrichten lassen, wie er am Mittwoch bekanntgab. Und wie im Telekom-Bereich soll es künftig in der Schweiz eine Strom-Ombudsstelle mit Schlichtungsmöglichkeit geben.
Im Weiteren sollen Stromlieferanten mit über 50'000 Kundinnen und Kunden sowohl dynamische Stromverträge als auch Verträge mit fixem Preis und festen Laufzeiten anbieten müssen. 50 Megawattstunden pro Jahr entspricht etwa dem Zehnfachen des Jahresverbrauchs eines Durchschnittshaushalts in der Schweiz.
Derzeit ist der Strommarkt in der Schweiz teilliberalisiert. Grosse Stromverbraucher mit einem Verbrauch von mehr als 100 Megawattstunden Strom pro Jahr können in der Schweiz ihren Stromlieferanten frei wählen. Alle anderen dürfen derzeit ihren Strom nur beim lokalen Stromversorgungsunternehmen beschaffen.
Tritt das Stromabkommen mit der EU in Kraft, gilt in der Schweiz der freie Markt also schon für mittelgrosse Verbraucher ab einem Jahresverbrauch von 50 Megawattstunden pro Jahr. Das betrifft kleine und mittlere Unternehmen, wie Energieminister Albert Rösti am Mittwoch in Bern vor den Medien sagte.
Bundesrat will Mittelweg
Bereits seit Ende Dezember ist klar, dass in der Schweiz der Strommarkt komplett geöffnet wird, falls hierzulande das vom Bundesrat und der EU verhandelte Stromabkommen in Kraft tritt. Seit damals ist auch klar, dass in diesem Fall alle Schweizer Endverbraucher den Stromlieferanten frei wählen könnten.
Nun hat also der Bundesrat die Schwelle definiert, bis zu welcher Haushalte und kleinere Unternehmen auf die Grundversorgung mit regulierten Preisen setzen können, wenn sie wollen.
Der Bundesrat will ausländischen Stromversorgern auch vorschreiben, dass sie sich bei der eidgenössischen Elektrizitätskommission registrieren lassen, ein Risikomanagement und einen Kundendienst in der Schweiz betreiben müssen.
Damit trage der Bundesrat wichtigen Forderungen der Gewerkschaften und des Konsumentenschutzes Rechnung, sagte Rösti. «Mit dem heutigen Entscheid zu den Eckpfeilern bekennt sich der Bundesrat klar zur Marktöffnung und gleichzeitig zu einer regulierten Grundversorgung», so Rösti.
Der Energieminister stellte das Stromabkommen mit der EU auch als Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in der Schweiz dar. Und er sagte, die Wasserkraft sei vom Stromabkommen nicht betroffen. Die Eigentumsverhältnisse könnten beibehalten werden.
Der Direktor des Bundesamtes für Energie, Benoît Revaz, sagte, das Stromabkommen enthalte keine Vorgaben zu Wasserzinsen und Konzessionen für Wasserkraftwerke.
Weitere Gespräche geplant
Bei der Festlegung der Eckwerte zur Umsetzung des geplanten Stromabkommens war es dem Bundesrat laut Mitteilung zudem ein Anliegen, das Personal in der Stromwirtschaft zu schützen. Mit diesem Ziel soll die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) ein Monitoring einrichten.
Während der ersten zehn Jahre nach der Marktöffnung erstattet die Elcom dem Bundesrat darüber Bericht. Bei allfälligen negativen Auswirkungen, die jedoch aufgrund des Fachkräftemangels nicht zu erwarten sind, will der Bundesrat Gegenmassnahmen treffen.
Der Bundesrat hat auch entschieden, mit den verschiedenen Anspruchsgruppen in diesem Bereich weitere Gespräche zu führen. Diese «Stakeholder» hatte er eigenen Aussagen zufolge schon während der Verhandlungen eingebunden. Bis Ende November soll das Departement von Bundesrat Rösti den Bundesrat über den Inhalt informieren.
Veröffentlicht wird das Stromabkommen laut Rösti erst mit dem Gesamtpaket der bilateralen Abkommen mit der EU. In Kraft treten könnte es ihm zufolge ab 2030.
(AWP)