Das mit der EU ausgehandelte Vertragspaket ist in der Vernehmlassung grundsätzlich gut aufgenommen worden, wie der Bundesrat am Freitag mitteilte. Eine breite Mehrheit unterstütze das Paket als Ganzes, sagte Aussenminister Ignazio Cassis in Bern vor den Medien. «Der bilaterale Weg bleibt die beste aller Optionen.» Es sei eine massgeschneiderte Lösung für die Schweiz.

In Bezug auf die inländische Umsetzung der Abkommen will die Landesregierung noch mehrere Punkte anpassen. Die Botschaft zum EU-Paket, das der Bundesrat in Klammern nun ebenfalls als Bilaterale III bezeichnet, wird voraussichtlich im März 2026 dem Parlament überwiesen.

Warten auf Sozialpartner-Kompromiss

Einer der Knackpunkte ist weiterhin der Lohnschutz. Eine bürgerliche Mehrheit lehnt den insbesondere von den Gewerkschaften geforderten verbesserten Schutz für gewählte Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter ab, die sogenannte Massnahme 14 der inländischen Begleitmassnahmen.

Die Landesregierung halte die Massnahme für unentbehrlich, um das Lohnschutzpaket im Gleichgewicht zu halten, sagte Cassis. Deshalb sollen die Gespräche mit den Sozialpartnern über eine mögliche Kompromisslösung fortgesetzt werden. «Der Bundesrat bleibt zuversichtlich, dass sich die Sozialpartner einigen können», sagte der Aussenminister. Derzeit seien noch Differenzen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite spürbar.

Beide Seiten hätten sehr klare Positionen, sagte auch Wirtschafts-Staatssekretärin Helene Budliger Artieda, die die Verhandlungen leitet. «Optimismus ist absolut unentbehrlich in diesem Job», sagte sie im Hinblick auf die wenigen Verhandlungswochen, die bleiben.

Präzisierungen der Schutzklausel

Neben dem Lohnschutz gibt es noch weiteren Anpassungsbedarf. So soll etwa die Ausgestaltung der viel diskutierten Schutzklausel bei der Zuwanderung präzisiert werden. Konkret sollen drei weitere Indikatoren mit nationalen Schwellenwerten dazukommen, die als Warnsignal für eine allfällige Begrenzung der Zuwanderung dienen sollen: die Wohnungsleerstandsziffer, die Staustunden und die Lohnentwicklung.

Vincenzo Mascioli, Staatssekretär für Migration, widersprach derweil Befürchtungen, wonach die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie zu einer Zuwanderung in die Schweizer Sozialsysteme führen könnte. Er gehe nur von einer kleinen Zunahme der Sozialhilfebezüge aus, sagte er. Der Bund rechne frühestens ab 2035 mit 3000 bis 4000 Personen, was einer Zunahme von maximal 1,5 Prozent entspreche.

Insgesamt sei die Netto-Zuwanderung von EU/Efta-Bürgerinnen und -Bürgern im laufenden Jahr um rund acht Prozent zurückgegangen, sagte Mascioli. «Das zeigt, dass die Zuwanderung an die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz gebunden ist.»

Eigenständigkeit der Schweiz gewahrt

Mit weiteren Anpassungen trägt der Bundesrat kritischen Stimmen in der Vernehmlassung Rechnung. So übernimmt der Bund während vier Jahren die Verluste der betroffenen Kantone und ihrer Hochschulen vollumfänglich, die entstehen, weil EU-Studierende gleich hohe Studiengebühren wie Schweizerinnen und Schweizer bezahlen müssen.

Wichtig ist der Landesregierung auch eine grösstmögliche Mitwirkung der Kantone, des Parlaments und der Öffentlichkeit bei der künftig geltenden dynamischen Rechtsübernahme. Er will diese Verfahren festschreiben.

Auch in Bezug auf weitere Anwendungsbereiche des EU-Vertragspakets gaben die Behördenvertreter Entwarnung. Im Strombereich werde sich der Bundesrat gegen weitergehende Regulierungen der EU aussprechen - selbst dann, wenn Ausgleichsmassnahmen drohten, sagte Benoît Revaz, Direktor des Bundesamts für Energie (BFE).

«Die Agrarpolitik der Schweiz bleibt weiterhin eigenständig», hielt Michael Beer, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), fest. EU-Vertreter würden auch künftig keine Schweizer Betriebe kontrollieren.

Es gehe darum, mit diesen Fakten die Mehrheitsfähigkeit des Pakets zu stärken, sagte Cassis. Deshalb müssten diese Fragen geklärt werden.

(AWP)