«Die Schweiz erhält die Möglichkeit, sich als sauberes, sicheres und schönes Land zu präsentieren», sagte Bundespräsidentin und Sportministerin Viola Amherd am Freitag vor den Medien in Bern. Ihr schweben ähnliche Emotionen und positive Bilder vor, wie sie aus Paris und Frankreich anlässlich der vergangenen Sommerspiele in die Welt hinaus gingen.
Der Bundesrat sieht die Spiele als «grosse Chance für das Land», wie er mitteilte. Er denkt dabei unter anderem an die Weiterentwicklung des Sports, technische Innovationen, die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und das Ansehen der Schweiz. «Internationale Sportgrossanlässe können positive Impulse in Gesellschaft und Wirtschaft auslösen.»
Eckwerte sollen Mitte Juni 2026 klar sein
Die Landesregierung beschloss, die Kandidaturarbeiten des Vereins «Olympische und Paralympische Winterspiele 2038» für eine mögliche Austragung der Spiele in 14 Jahren mit einer Arbeitsgruppe bis Ende 2027 zu begleiten. Das Departement von Sportministerin Viola Amherd muss bis Ende Juni 2026 einen Planungsbeschluss ausarbeiten, der die zeitlichen, finanziellen und materiellen Eckwerte der Unterstützung des Projekts durch den Bund aufzeigt.
Schon jetzt ist für Amherd in Bezug auf die öffentlichen Beiträge klar: «Es wird ein substanziell tieferer Beitrag sein als bei den bisherigen Kandidaturen.» Angesichts der laufenden Spardiskussionen beim Bund aber auf das Projekt zu verzichten, wäre für die Bundesrätin «eine falsche Reaktion». «Ich glaube nicht, dass wir jetzt einfach die Lichtschalter aus-, die Türen zumachen und keine neuen Projekte mehr in Angriff nehmen sollten.»
Der Sportdachverband Swiss Olympic reagierte erfreut über das klare Bekenntnis des Bundesrats. «Ein Projekt in der Dimension von Olympischen und Paralympischen Spielen ist ohne die grundsätzliche politische Unterstützung der öffentlichen Hand nicht machbar», wurde Urs Lehmann, Co-Präsident des zuständigen Vereins und Präsident von Swiss-Ski, in einer Mitteilung zitiert. «Jetzt können wir mit dem vollen politischen Support die weiteren Arbeiten vorantreiben.»
Grösstenteils privat finanziert
Der Grossanlass könnte gemäss Schätzungen Kosten in der Höhe von 1,5 Milliarden Franken verursachen. Fast die Hälfte davon, 710 Millionen, steuert das IOC bei. Der Rest soll vorwiegend aus privatem Sponsoring und dem Ticket-Verkauf kommen. Absehbar ist, dass der Bund vor allem für die Sicherheit und die Paralympics aufkommen soll.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte die Schweiz Ende November 2023 bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2030 übergangen. Zum Handkuss kamen die französischen Alpen. 2034 werden die Spiele in den USA stattfinden. Das IOC stellte der Schweiz jedoch einen privilegierten Dialog im Hinblick auf die Austragung der Spiele von 2038 in Aussicht.
Falls die Schweizer Kandidatur also die Anforderungen erfüllt, erfolgt der definitive Zuschlag spätestens Ende 2027 - ohne dass sie sich gegen andere Bewerber durchsetzen muss. Es ist das erste Mal, dass das IOC einem Land einen solchen Status gewährt.
Lange Liste mit Enttäuschungen
Die Schweiz blickt auf eine lange Liste von Olympiabewerbungen und eine Serie von Enttäuschungen zurück. Nachdem sie 1928 und 1948 zwei Mal Austragungsort von Winterspielen war (beide Male in St. Moritz GR), gab es in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Anläufe für Schweizer Olympia-Bewerbungen. Etliche sind an der Urne gescheitert.
Die euphorische Kandidatur mit Sion VS für 2006 scheiterte im IOC, eine Mehrheit sprach sich für Turin aus. Und Pläne 2010 für Spiele in Bern und 2026 in Graubünden beziehungsweise im Wallis scheiterten an der Urne, nachdem das Stimmvolk Millionen-Kredite verweigert hatte.
Doch dieses Mal soll es anders werden: Eine Machbarkeitsstudie für Olympische Winterspiele ab 2030 in der Schweiz sieht dezentrale Spiele vor, auf bestehenden Anlagen, in allen vier Sprachregionen und weitgehend privat finanziert. Gemäss Swiss Olympic befürworteten im Rahmen einer Umfrage zuletzt zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer die neuen Olympia-Pläne.
Geht es ohne Abstimmung?
Ob diesmal überhaupt Volksabstimmungen beim Bund, den Kantonen oder den Gemeinden nötig sind, war offen. Dies dürfte vor allem von möglichen finanziellen Beteiligungen abhängen. Amherd sagte nur: «Es ist wichtig, dass die Bevölkerung einbezogen wird. Wir wollen nur Spiele, die auch von der Bevölkerung breit getragen werden.»
Amherd gab sich überzeugt, dass es möglich sei, die Bevölkerung für die Spiele zu begeistern. «Es soll kein Gigantismus stattfinden.» So sollten unter anderem bestehende Infrastrukturen genutzt werden.
Swiss Olympic beziehungsweise der Verein für die Spiele 2038 erarbeitet derzeit die Details für den Anlass. Offen sind neben der Finanzierung auch die genauen Austragungsorte. Zudem müssen Fragen zur Sicherheit, zum Verkehr und zur Umwelt geklärt werden.
(AWP)