«Die Eidgenossenschaft ist eine Schicksalsgemeinschaft und auch eine Solidargemeinschaft. Deshalb ist hier auch der Bund gefordert», sagte Keller-Sutter am Freitag vor den Medien in Bern.

Der Bergsturz, der am 28. Mai das Dorf verschüttet hatte, zähle zu den verheerendsten Naturereignissen der Schweiz in den letzten Jahrzehnten. Für den Bundesrat sei klar, dass angesichts der tragischen Ereignisse durch den Bergsturz in Blatten rasch und unbürokratisch Hilfe geleistet werden müsse.

«Die Schäden könnten sich auf mehrere hundert Millionen Franken belaufen», sagte Keller-Sutter weiter. Die Gesamtkosten seien aber vorerst nicht zu überblicken.

Weitere Hilfen aufgegleist

Die Bundesgelder sollen laut Mitteilung an die Gemeinde Blatten ausbezahlt werden für Sofortmassnahmen, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen abgedeckt sind und rasch umgesetzt werden müssen. Die Mittel könnten auch zur Unterstützung von betroffenen Dorfbewohnerinnen und -bewohnern in besonders schwierigen Situationen eingesetzt werden, hiess es weiter.

Der Solidaritätsbeitrag erfolge ergänzend zu bestehenden Instrumenten im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung, der Arbeitslosen-Taggelder sowie der Landwirtschafts-, Tourismus- und Regionalpolitik.

Beispielsweise sollen Landwirte, die ihr Land wegen der Katastrophe nicht mehr bestellen können, für das ganze Jahr Direktzahlungen erhalten.

Auch müsse das betroffene Gebiet nach dem Bergsturz überwacht werden. Es gelte, die Gefahren einzuschätzen. Zudem müssen Treibholz und Geröll entfernt und beschädigte Schutzanlagen repariert oder ersetzt werden.

Menschen mit Erstwohnsitz bevorzugt

Menschen, die beim Bergsturz in Blatten ihren Erstwohnsitz verloren haben, sollen indes bevorzugt werden. «Jemand der einen Zweitwohnsitz hat, hat ja noch einen Wohnsitz, hat ein Dach über dem Kopf. Die Menschen die Dort mit Erstwohnsitz gewohnt haben, haben nichts mehr», sagte Keller-Sutter auf eine entsprechende Journalistenfrage.

Auch Versicherungsleistungen würden eine Weile dauern. Am Ende entscheide aber die Gemeinde über die Direkthilfe. «Wir haben diskutiert, ob wir über einen Pro-Kopf-Beitrag sprechen sollen», so Keller-Sutter weiter. Das habe man aber verworfen. Der Gemeindepräsident solle vor Ort entscheiden.

«Es müsste schon auch ein Härtefall eines Zweitwohnungsbesitzers sein», sagte auch Bundesrat Albert Rösti. Die Gemeinde habe sehr viel verloren, weil sie einfach nicht mehr existiere.

Rösti befürwortet Wiederaufbau

Weiter hat der Bundesrat das Umweltdepartement (Uvek) beauftragt, ihm in Absprache mit dem Kanton Wallis bis Ende dieses Jahres eine Gesamtschau über die bisher geleisteten Hilfen und die weiter vorgesehenen Massnahmen sowie deren Kosten und Finanzierung zu unterbreiten. Diese Gesamtschau bilde denn auch die Grundlage für weitere Unterstützungsleistungen.

Zudem unterstützt das Uvek die Gemeinde Blatten bei den Überlegungen und Planungsarbeiten für einen Wiederaufbau. Massgebend dafür seien die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Absichten von Gemeinde und Kanton. Zudem müsse die Gefahrensituation berücksichtigt werden.

Rösti befürwortet grundsätzlich den Wiederaufbau von Blatten. Zur Frage, wo genau das neue Dorf entstehen solle, legte er sich am Freitag nicht fest. «Eine Entsiedlung der Täler ist für uns keine Option», sagte Rösti. Es werde allerdings keine einfachen Antworten geben.

«Wir wollen den Menschen im Lötschental eine Zukunft geben», betonte der Umweltminister. Letztlich müsse aber die Bevölkerung selbst entscheiden, ob man das Dorf wieder aufbaue. Der Bund wolle die dafür nötigen Rahmenbedingungen schaffen. «Wir wollen den Menschen Hoffnung geben, dass sie dort, wo es sicher ist, neu Wurzeln schlagen können», sagte er.

Einen Wiederaufbau in einem Gefahrengebiet werde man aber nicht bewilligen. Heute gehe er davon aus, dass es aufgrund der Länge des Tales Richtung Fafleralp durchaus mögliche Standorte für einen Wiederaufbau gebe.

Soforthilfe nur ein erster Schritt

Der Bundesrat sei sich bewusst, dass die nun beantragte Soforthilfe in der Höhe von fünf Millionen Franken «nur ein erster Schritt sein kann», sagte Keller-Sutter am Freitag weiter. Aber in einer solchen Lage sei es wichtig, dass man schnell und solidarisch helfen könne.

Trotzdem fehle aufgrund des Subsidiaritätsprinzips eine gesetzliche Grundlage für die Bundeshilfen. «Gibt es kein Gesetz, muss man eines erlassen, so wie heute beantragt», sagte die Bundespräsidentin.

Das Parlament wird daher schon in der kommenden Woche über die Soforthilfe für Blatten entscheiden können. Der Ständerat werde voraussichtlich am Dienstag über das Geschäft befinden, der Nationalrat am Donnerstag, sagte Rösti. Die vom Bundesrat beantragten fünf Millionen Franken sind dabei laut dem Umweltminister nur ein erster Schritt.

Grosse Spendenbereitschaft

Vor den Medien in Bern dankte die Bundespräsidentin denn auch allen Gemeinwesen, Organisationen und Privaten, die Hilfe leisten. Mit Blick auf zahlreiche Spenden und Hilfen, auch aus dem Ausland und mit Bezug auf eine Spende des Fürstentums Liechtenstein, sagte die Bundespräsidentin: «Die Solidarität über alle Grenzen hinweg ist beeindruckend. Und wir sind dafür dankbar».

In den vergangenen Tagen hatten bereits verschiedene Kantone, Gemeinden und Private Gelder zugunsten der Bevölkerung von Blatten gesprochen. Bei der Glückskette gingen bis Freitagabend Spendenzusagen von rund 13,7 Millionen Franken ein.

(AWP)