«Die Israelis haben die Aufgabe der humanitären Hilfe für zwei Millionen Menschen unterschätzt», sagte der Tessiner am Mittwoch auf dem Rückflug in die Schweiz der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sein israelischer Amtskollege Gideon Saar habe zugegeben, dass die Hilfe für die Menschen im Gazastreifen nicht ausreichend sei.

Die israelische Regierung hat in der Vergangenheit immer wieder die den Gazastreifen regierende Hamas beschuldigt, sich an Hilfslieferungen zu vergreifen, und die Blockierung der Lieferungen damit begründet.

Die Terrororganisation Hamas hatte am 7. Oktober 2023 israelische Grenzdörfer vom Gazastreifen aus angegriffen und ein Massaker mit rund 1200 Todesopfern angerichtet sowie über 250 Menschen als Geiseln verschleppt. Im Anschluss begann die israelische Armee ihre Angriffe auf den Gazastreifen mit bis heute zehntausenden palästinensischen Todesopfern.

Keine israelischen Zusagen

Der israelische Aussenminister Saar habe «unsere Bedenken zur Kenntnis genommen», ohne jedoch etwas zu versprechen, sagte Cassis auf seinem Rückflug in die Schweiz. Er war der in den vergangenen Wochen wegen seiner von vielen als zu lauwarm empfundenen Position gegenüber der israelischen Regierung in die Kritik geraten war.

Die Gaza Humanitarian Foundation, das israelisch-US-amerikanische Instrument zur Kontrolle der humanitären Hilfe im palästinensischen Gebiet, sei problematisch, weil sie sich nicht an die humanitären Grundsätze halte, sagte Cassis. «Gemäss Hinweisen von humanitären Organisationen und der israelischen Regierung ist sie dabei, zu lernen», sagt er.

Wenige Tage vor einer Konferenz in New York über die Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wollte der Bundesrat auch die Schweizer Erkenntnisse zu den aktuellen Entwicklungen vertiefen.

Nach seinem Gespräch mit dem palästinensischen Regierungschef Mohammad Mustafa in Ramallah im Westjordanland sieht sich Cassis in der Überzeugung bestärkt, dass sich die Palästinensische Autonomiebehörde ihrer Aufgabe bewusst ist. Dies, auch wenn die Umsetzung einer guten Regierungsführung und die Kontrolle des Territoriums noch ein unvollständiger Prozess sei.

«Aber wenn man eine Zwei-Staaten-Lösung anstrebt, ist es logisch, dass eines Tages die Anerkennung Palästinas erfolgen wird. Die Frage ist nur, wann, nach Kriterien, die für beide Seiten glaubwürdig sind», sagte Cassis.

(AWP)