Zwar hat die Führung in Peking die Devise ausgegeben, den Binnenkonsum des Milliardenvolks stärker anzukurbeln. Doch wie mit der politischen Debatte vertraute Personen Reuters mitteilten, dürfte es wohl keine staatlichen Gutscheine regnen, mit denen sich die Konsumenten in einen Kaufrausch stürzen können. Entsprechende Vorschläge waren zuletzt aus dem akademischen Bereich laut geworden und dürften dennoch Gedankenspiele bleiben. "Die Regierung bevorzugt Investitionen und Projekte", meint Guo Tianyong von der Pekinger Central University of Finance and Economics.

Hinter vorgehaltener Hand äussern sich auch die mit den politischen Prozessen in Peking vertrauten Personen so: Es bleibe wohl bei den alten Rezepten, Schlüsselindustrien zu stützen und Geld in den Ausbau der Infrastruktur im Reich der Mitte zu stecken: "Es gibt nur begrenzte Optionen, den Konsum anzukurbeln", sagte einer der Pekinger Insider und fügte an: "Die Möglichkeit, Bar-Gutscheine auszugeben ist gering."

In den USA waren den Konsumenten in der Corona-Krise solche Barschecks der Regierung ins Haus geflattert, wodurch zeitweilig ein Konsumrausch entfacht wurde. In der Volksrepublik hatte die erst Ende vorigen Jahres aufgegebene strikte Null-Covid-Linie der Pekinger Führung hingegen den Chinesen die Konsumlaune verdorben: Die Einzelhandelsumsätze gingen um 0,2 Prozent zurück, die zweitschlechteste Entwicklung seit 1968. Und das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen stieg lediglich um 2,9 Prozent - der zweitgeringste Anstieg seit 1989.

Mehr Ausgaben wagen

Die rasche Wiederbelebung der Nachfrage ist für eine durchgreifende wirtschaftliche Erholung in diesem Jahr extrem wichtig, denn der Exportmotor der Volksrepublik ist inmitten einer globalen Abschwächung ins Stottern geraten und der Immobilienmarkt steckt in der Krise. Präsident Xi Jinping hat daher jüngst die Marschrichtung vorgegeben: China sollte Schritte einleiten, damit die Konsumenten "es wagen, Geld auszugeben, ohne sich um die Zukunft zu sorgen". Doch dies ist leichter gesagt als getan. Die chinesische Führung hat in den vergangenen zehn Jahren viele Male ihre Absicht signalisiert, den Binnenkonsum anzukurbeln, ohne dass es grosse Folgen zeitigte.

Die politischen Entscheidungsträger befürchten, dass mit Barschecks die Vermögensungleichheit in dem Schwellenland nur verschlimmert und die Inflation zugleich befeuert würde, sagten an internen politischen Diskussionen beteiligte Personen.

Einige Experten erwarten, dass die während der Pandemie aufgestaute Nachfrage ausreichen könnte, damit der Konsum mit wenig politischer Unterstützung wächst. Doch geben andere Beobachter zu bedenken, dass das Sicherheitsbedürfnis vieler Konsumenten überwiegen dürfte und somit viel Geld auf dem Konto landen könnte und eher nicht in den Konsum fliessen wird: "Es ist unwahrscheinlich, dass die gestiegenen Haushaltseinlagen in China vollständig auf den privaten Konsum übertragen werden", schreiben die Ökonomen von der Bankengruppe ANZ.

Massnahmen zum Ankurbeln des Konsums stünden zwar auf der Tagesordnung, sie würden aber wahrscheinlich eher lokal und in bescheidenem Umfang umgesetzt, sagten Regierungsberater. Mehrere chinesische Städte haben seit Dezember bereits Konsumgutscheine und Subventionen im Gesamtwert von rund fünf Milliarden Yuan (rund 677 Millionen Euro) angeboten. Die Provinzregierung von Jiangsu hat zugesagt, Einkaufsfeste zu subventionieren, während anderswo der Kauf von Elektrofahrzeugen bezuschusst werden soll. "Die Forderung nach Ausgabe von Konsumentengutscheinen und direkten Subventionen nimmt zu, aber wir sollten die lokalen Regierungen die Arbeit auf Basis der örtlichen Gegebenheiten machen lassen", sagte ein Insider.
 

(Reuters)