Wie zu hören ist, hat der Chef des Wealth Managements, Francesco de Ferrari, seine 1800 Kundenbetreuer für eine Telefonkampagne mobilisiert. Kunden werden dabei zum Beispiel Einlagen mit Bonuszinsen von 5 bis 6 Prozent schon ab einem geringeren Mindestbetrag offeriert, berichten damit vertraute Personen. Auch spezielle Schuldverschreibungen mit einem Festzins von fast 7 Prozent sind im Angebot.
Die Credit Suisse kämpft um die Stabilität in dem Geschäftsbereich, der eigentlich der am wenigsten volatile ist und der nach ihrer Neuaufstellung das Herzstück der Institution werden soll - die Verwaltung von Geldern für hochvermögende Kunden. Als im Oktober im Internet Gerüchte aufkamen, die fälschlicherweise die Zahlungsfähigkeit der Bank in Frage stellten, zogen viele dieser Kunden ihre Gelder ab. Innerhalb weniger Wochen war etwa 10 Prozent des Geschäfts von de Ferrari verschwunden.
"Bei der Umsetzung unserer neuen Strategie stehen wir in engem Kontakt mit unseren Wealth-Management-Kunden", erklärte ein Credit-Suisse-Sprecher. "Der Gegenwind an den Märkten führt für unsere Kunden zu einem volatilen Umfeld, und wir konzentrieren uns voll und ganz darauf, ihnen eine differenzierte Beratung und marktkonforme Lösungen zu bieten."
Credit Suisse verloren in Zürich erneut bis zu 2,9 Prozent auf 2,87 Franken. Die Verluste im laufenden Jahr stehen damit bei rund 65 Prozent; 9 Milliarden Franken Börsenwert sind noch übrig - weniger als die Commerzbank.
De Ferrari, der erst im Januar sein Amt angetreten hat, steht dem Vernehmen nach unter starkem Druck von Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und Bankchef Ulrich Körner, das Volumen des verwalteten Vermögens wiederherzustellen.
Nachwirkungen
Es ist für Wealth Manager nichts Ungewöhnliches, solche Strategien vor dem Bilanzstichtag am Jahresende einzusetzen, um das verwaltete Vermögen zu steigern. Allerdings liegt das Angebot der Credit Suisse nicht wesentlich über dem aktuellen Marktniveau für festverzinsliche Einlagen, was die Attraktivität einschränken könnte. Im November brachte die Bank einen 11-jährigen Dollar-Bond zu 9 Prozent auf den Markt — ein Zinssatz auf Ramschanleihen-Niveau.
Ferraris Aufgabe wird weiter erschwert durch die Nachwirkungen der massiven Abhebungen, wie etwa die verringerte Liquidität. Überdies haben die Rückgänge an den globalen Märkten zu Nachschussforderungen geführt - und das in einer Zeit, in der die Kundenbeziehungen bereits angespannt sind.
Nach Milliarden von Franken an Verlusten in den letzten zwei Jahren ist die Reparatur des Kundenvertrauens keine einfache Aufgabe. Ein hochrangiger Banker der Credit Suisse erläuterte, dass die laufende Kapitalerhöhung in Höhe von 4 Milliarden Franken die Bemühungen unterstützen. Ziel sei, dass die Kundengelder über mehrere Quartale hinweg zurückfliessen.
Die Saudi National Bank - die grösste Geschäftsbank des Königreichs - beteiligt sich im Rahmen der Kapitalerhöhung mit bis zu knapp unter 10 Prozent an der Credit Suisse und investiert dabei bis zu 1,5 Milliarden Franken. Eine Bezugsrechtsemission für Altaktionäre soll diese Woche abgeschlossen werden.
Im Rahmen der Geschäftszahlen für das vierte Quartals am 9. Februar dürfte Credit Suisse auch ein Update zum verwalteten Vermögen geben.
Telefonkampagne
Präsident Lehmann hatte letzte Woche bereits berichtet, dass die Bank rund 8000 Kunden des Wealth Management angesprochen habe, denen etwa 80 Prozent des verwalteten Vermögens zuzurechnen ist. "Wir intensivieren den Dialog, um sicherzustellen, dass sie verstehen, wo wir stehen, und um den Kontakt aufrechtzuerhalten", sagte er in einem Interview mit Bloomberg TV.
Doch oft geht es um heiklere Themen als den schlichten Rückfluss von Geldern. So konnten dem Vernehmen nach einige Banker aufgrund der geringeren Liquidität bis zum nächsten Quartal keine neuen Kredite zur Finanzierung von gehebelten Investitionen vergeben. Den Teams wurde demnach gesagt, dass dies erst möglich sei, wenn der entsprechende Kunde sein Vermögen zurückgebracht, alte Kredite abbezahlt oder neue Geschäfte mit der Bank zugesagt hat.
Andere Banker müssen mit den Kunden, die sie zur Rückübertragung des Vermögens bewegen wollen, zugleich auch über Nachschussforderungen bei bestehenden Krediten sprechen, da die Vermögenswerte auf dem gesamten Markt fallen, wie zu hören ist.
Die Motivation der Privatbankiers selbst sei weniger durch Anreize getrieben, sondern eher durch die Angst um den eigenen Job. Die Credit Suisse hat nach eigenen Angaben mit dem Abbau von 2700 Stellen begonnen, was etwa 5 Prozent ihres Personalbestands entspricht.
(Bloomberg)
1 Kommentar
Ich bin mir da nicht so sicher, ob, "vor allem" Reiche Kunden auf diese Zinsen-Diskount-Zug ab und mitfahren werden. Es würde viel mehr Eindruck machen, wenn die CS "intern" sparsam, nachhaltig, vor- und weitsichtig handeln würden. Und vor allem, keine Skandale mehr. Denn mit diesen Tugenden sind viele Reiche reich geworden. Die oberste Etage sollte einmal richtig verzichten und "noch" bescheidener werden. Das hinterlässt einen viel längeren und positiveren Eindruck als "nur" höhere Zinsen.
Als Zürcher wünsche ich der CS trotzdem vom Guten nur das Allerbeste und vor allem Unabhängigkeit von kuriosen und dubiosen Investoren.