Die Zeit drängt mehr denn je am Hauptsitz des Unternehmens in Villars-sur-Glâne. Ein Jahr vor dem hundertjährigen Firmenjubiläum im Jahr 2027 muss sich der Konzern einer neuen Herausforderung stellen. Mit einer 2023 eingeleiteten Umstrukturierung sollten die Kosten gesenkt und wieder schwarze Zahlen geschrieben werden. Doch die Ergebnisse lassen auf sich warten.
Der 50-jährige Ralph Perroud wurde damals vom Präsidenten des Verwaltungsrats, dem ehemaligen Freiburger Staatsrat und wichtigen Geldgeber Georges Godel, als der richtige Mann für diese Aufgabe bezeichnet. Als ehemaliger Direktor von Fromage Gruyère, der bei den multinationalen Unternehmen Nestlé und Mondelez tätig war, übernahm Perroud im August desselben Jahres die Zügel.
Kein schwerwiegendes Fehlverhalten
Im Januar 2023 hatte Cremo ein umfangreiches und sehr ehrgeiziges Programm mit dem Namen CAP 2027 gestartet, mit dem das Unternehmen innerhalb von vier Jahren umgebaut und modernisiert werden sollte. Vor der Bekanntgabe seines Abgangs am 27. November schien Ralph Perroud mehr denn je an seiner Rettungsmission zu arbeiten.
Drei Wochen zuvor hatte er der Zeitung «La Liberté» anvertraut, dass Cremo weiterhin eine «schwierige Phase in einem von einem Milcheinstrom geprägten Umfeld» durchlebe. Der nach Emmi zweitgrösste Milchverarbeiter des Landes hoffte, seinen Jahresverlust gegenüber den 16,9 Millionen Franken, die er 2024 verloren hatte, zu verringern.
«Ralph Perroud hat keinen schweren Fehler begangen», erklärte der 73-jährige Georges Godel wenige Tage nach Perrouds Abgang gegenüber der Zeitung «Le Temps»: «Das Verarbeitungstempo ist jedoch nach wie vor zu langsam und in den letzten Monaten haben wir eine starke Verschlechterung der Zahlen beobachtet», so der ehemalige Staatsratspräsident weiter.
Weitere Unbill
Der Verwaltungsrat war der Ansicht, dass ein weiteres Zuwarten nicht mehr möglich sei: «Wir hatten einen klaren Kurs festgelegt und bis zum Frühjahr lief alles nach Plan. Dann stellten wir eine Abwärtsspirale fest. In der aktuellen Situation konnten wir nicht weitere sechs Monate warten, sondern mussten sofort handeln», betonte Godel.
Darüber hinaus blieb Cremo nicht vor weiterer Unbill verschont, wie beispielsweise einem Brand in der Fabrik in Villars-sur-Glâne im März oder dem Zustrom von zu verarbeitender Milch vor dem Hintergrund der Produktionsbeschränkungen für den Gruyère AOP. Der Weggang von Perroud verdeutlichte auch ein Problem in der Unternehmensführung mit drei Amtsinhabern in fünf Jahren.
Der Verwaltungsrat ernannte den 53-jährigen Xavier Monange, Direktor für Verarbeitung und Generalsekretär, zum Interims-Geschäftsführer. Seine «sehr gute Kenntnis von Cremo sowie seine Fähigkeit, die Teams zu mobilisieren, sind wichtige Trümpfe, um den Prozess zu stärken», versicherte Georges Godel damals in einer Pressemitteilung.
Neue Dynamik
In der Zeitung «La Liberté» sprach er am Abend der Bekanntgabe von der «Notwendigkeit einer neuen Dynamik, eines neuen Motors mit einem neuen Antriebsriemen», denn «dieser Riemen war vielleicht nach zweieinhalb Jahren abgenutzt», präzisierte er in Bezug auf Ralph Perroud und betonte gleichzeitig die Grösse der Aufgabe.
Zur Erinnerung: Der Verlust von 2024, der im Vergleich zu den 20,3 Millionen 2023 und 21,5 Millionen 2022 zurückging, war das fünfte Defizit in Folge und das siebte negative Ergebnis innert acht Jahren. Cremo mit rund 700 Beschäftigten erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 504,4 Millionen Franken, was einem Rückgang von 4 Prozent entspricht.
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(AWP)