In dem Bonner Verfahren wurde Berger wegen drei Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung verurteilt, bei denen ein Steuerschaden von rund 275 Millionen Euro entstanden sein soll. Separat zu seiner Verurteilung im Dezember 2022 wurde Berger vor dem Landgericht Wiesbaden ebenfalls der Prozess gemacht, hier wurde er im Mai wegen anderer Cum-Ex-Fälle zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Hier ging es um einen Steuerschaden von 113 Millionen Euro. Sollte das Wiesbadener Urteil ebenfalls rechtskräftig werden, würde eine verrechnete Gesamtfreiheitsstrafe gegen Berger verhängt werden. Deren Höchstmass läge bei 15 Jahren, tatsächlich dürfte es aber deutlich darunter liegen.
Bergers Verteidiger hatte die Verteilungen seines Mandanten wegen Verfahrensfehlern kippen wollen. Die Schuldsprüche gegen Berger, der sich 2012 in die Schweiz abgesetzt hatte, seien mit dem Schweizer Auslieferungsbescheid von 2021 nicht vereinbar, hatte der Anwalt Jürgen Graf argumentiert. Der BGH war anderer Ansicht: Der Verurteilung habe dem von der Schweiz ausgelieferten Angeklagten kein Verfolgungsverbot entgegengestanden, hiess es in der Mitteilung. Die Auslieferungsbewilligung habe die Taten umfasst, wegen derer der Angeklagte verurteilt worden sei, befanden die Richter.
Graf bedauerte die Entscheidung des BGH. Sie stelle aber «keine Vorentscheidung für das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden dar», schrieb er am Donnerstag. Die Revision dagegen werde fortgeführt. Gerade das Urteil aus Wiesbaden beruhe auf einem Auslieferungsantrag, «dem eine unzutreffende rechtliche Beurteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt» zugrunde liege.
Bei den Steuerdeals wurden Aktien mit («cum») und ohne («ex») Dividendenansprüche in kurzer Zeit zwischen Finanzakteuren hin- und hergeschoben. Bei dem Verwirrspiel erstattete der Fiskus unwissentlich Steuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Erst mit einer zum Januar 2012 greifenden Gesetzesänderung wurde den Deals ein Riegel vorgeschoben. Lange war unklar, ob die Geschäfte nur unmoralische Abzocke waren oder eine Straftat. Für letzteres entschied sich der BGH 2021. Für die kommenden Jahre wird eine Vielzahl an Cum-Ex-Verfahren erwartet, um den grössten Steuerskandal der Bundesrepublik aufzuarbeiten und die Täter zu bestrafen./wdw/als/DP/men
(AWP)