Die Ausgangslage

Wer im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung lebt, muss heute den sogenannten Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Gemeint ist, dass die nicht erzielten Einnahmen aus einer Vermietung der Liegenschaft versteuert werden müssen.

Im Gegenzug können für Schuldzinsen sowie für Unterhaltskosten Steuerabzüge geltend gemacht werden. Die Abschaffung des Eigenmietwerts ist seit Jahren ein politischer Dauerbrenner. In der Schweiz lebt die Mehrheit der Bevölkerung in einer Mietwohnung.

Das bringt die Vorlage

Das Parlament beschloss 2024 den Systemwechsel: Für Erst- und auch für Zweitwohnungen soll der Eigenmietwert fallen. Die Möglichkeit für die Kantone, mit einer neuen Liegenschaftssteuer auf Zweitwohnungen wegfallende Einnahmen zu kompensieren, beschloss das Parlament als Kompensationsmöglichkeit. Die dafür nötige Verfassungsänderung, über die nun abgestimmt wird, ist Voraussetzung dafür, dass der Eigenmietwert abgeschafft werden kann. Denn das Parlament hat die beiden Vorhaben miteinander verknüpft - das eine kann ohne das andere nicht in Kraft treten.

Schuldzinsen fürs Wohneigentum sollen nach der Abschaffung des Eigenmietwerts nur noch Erstkaufende während einer bestimmten Zeit von den Steuern abziehen können. Unterhaltskosten-Abzüge sollen bei Bund, Kanton und Gemeinden gestrichen werden.

Die finanziellen Auswirkungen durch den Systemwechsel beim Besteuern von Wohneigentum hängt von der Höhe der Hypothekarzinsen ab. Beim derzeitigen Niveau - 1,5 Prozent - werden die Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden auf rund 1,8 Milliarden Franken im Jahr geschätzt. Steigt das Niveau der Hypothekarzinsen allerdings auf über 3 Prozent, dürfte die öffentliche Hand mehr einnehmen als heute, weil die Schuldzinsen nicht mehr abgezogen werden können. Wie viel die neue Steuer auf Zweitliegenschaften den Kantonen einbringt, ist offen. Denn die Einführung dieser Steuer ist Sache der Kantone, sie können auch darauf verzichten.

Das sagen die Befürworter

Weil die Abzugsmöglichkeiten für Schulden stark begrenzt werden, verliert das Steuersystem in den Augen der Befürworter einen Anreiz, hohe Hypotheken für das eigene Haus oder die Wohnung beizubehalten. Und die neue Liegenschaftssteuer gebe den Kantonen und Gemeinden die Möglichkeit, massgeschneiderte Lösungen zu wählen.

Bundesrat und Parlament unterstützen den Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum. Die FDP nennt den Eigenmietwert eine ungerechte Steuer auf Einkommen, das es nicht gebe. Die SVP argumentiert, der Eigenmietwert bestrafe Sparsame, denen Eigenverantwortung und Unabhängigkeit wichtig sei. Gleichzeitig werde die Verschuldung gefördert. Der Hauseigentümerverband (HEV) spricht von einer Überbesteuerung von Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern durch den Eigenmietwert. Gerade im Pensionsalter, wenn das Einkommen sinkt, schlage der Eigenmietwert voll durch. Für die bürgerlichen Jungparteien leistet die Vorlage einen wichtigen Beitrag dazu, Wohneigentum für die junge Generation zugänglicher zu machen.

Das sagen die Gegner

Die SP als Gegnerin macht geltend, dass besonders wohlhabende Haus- und Wohnungsbesitzer vom Systemwechsel profitierten. Wegen der absehbaren Steuerausfälle drohten mehr Steuern in den Kantonen. Die Grünen befürchten, dass wegen tieferer Steuereinnahmen die angekündigten Sparmassnahmen des Bundes noch verschärft werden könnten. Und ohne die heutigen Abzugsmöglichkeiten gebe es weniger Anreize, Häuser energetisch zu sanieren. Sowohl bürgerliche Stimmen als auch die Bauwirtschaft geben zu bedenken, dass ohne Steuerabzüge für Haussanierungen dem Gewerbe Aufträge entgehen würden.

Auch die Gebirgskantone lehnen die Vorlage ab. Sie sehen sich überproportional betroffen von der Abschaffung des Eigenmietwerts für Ferienwohnungen und -häuser. Mit der besonderen Objektsteuer für Zweitwohnungen würden sich zahlreiche neue Rechts- und Abgrenzungsfragen stellen, finden sie.

(AWP)