Es mag bekannt vorkommen: Wenn der US-Kongress sich nicht bis zu einer bestimmten Uhrzeit an einem gewissen Tag – dieses Mal am Samstag um Mitternacht (Ortszeit; 06.00 Uhr MESZ am Sonntag) – auf ein Haushaltsgesetz einigt, kann die Regierung ihre Angestellten nicht bezahlen und muss Dienste einstellen. Davon könnte nun etwa die Abschiedsparty für die drei Riesenpandas Mei Xiang, Tian Tian und Xiao Qi Ji betroffen sein, die der Zoo von Washington vor deren Rückkehr nach China abhalten will. In der Finanzwelt hat die Ratingagentur Moody's gewarnt, dass der worst case Folgen für die Kreditwürdigkeit der USA haben dürfte. Am Markt hält sich die Nervosität noch in Grenzen. Schliesslich hat der Kongress seit 1981 schon 14 Mal die Arbeit des Bundes zum Erliegen gebracht, meist aber nur kurz.

Eigentlich sollte das diesmal alles nicht passieren. Präsident Joe Biden von den Demokraten und der ranghöchste Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hatten sich im Mai auf die Ausgaben für das Fiskaljahr ab den 1. Oktober geeinigt. Allerdings lehnen erzkonservative Republikaner aus der Gruppe House Freedom Caucus dies nun ab und verlangen Kürzungen von 120 Milliarden Dollar. Die Summe mutet vergleichsweise klein an verglichen mit einem Gesamthaushalt von 6,4 Billionen Dollar. Jedoch soll etwa der Zugang zu Abtreibungen erschwert, Klima-Massnahmen rückgängig gemacht und der Bau der Mauer zu Mexiko wieder aufgenommen werden - ein zentrales Projekt des republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump, der sich nächstes Jahr wiederwählen lassen will.

Für die Demokraten ist das ebenso wenig diskutabel wie die Forderung der Hardlinerin Marjorie Taylor Greene, die Hilfen für die Ukraine aus den Vorlagen zu streichen. In dem Streit wirft der Wahlkampf seine Schatten voraus: In den USA wird im November 2024 nicht nur der Präsident, sondern auch das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Politisch geht es daher auch darum, wer bei einem «shutdown» als Schuldiger dasteht. McCarthy kann die Abweichler nicht ignorieren, denn die Mehrheit der Republikaner in der Kongresskammer ist mit 221-212 Sitzen denkbar knapp. In den USA gibt es keinen Fraktionszwang.

Erwartet wurde am Dienstag, dass die Demokraten in der zweiten Kammer, dem Senat, einen eigenen Gesetzentwurf für eine vorübergehende Finanzierung der Regierungsgeschäfte verabschieden. Das würde neues Ungemach für McCarthy bedeuten: Sollte er im Repräsentantenhaus die Vorlage mit den Stimmen gemässigter Republikaner und der Demokraten verabschieden, könnten das ihm den Job kosten. Als Bedingung für seine Ernennung zum Präsidenten der Kammer - auf Englisch «Speaker» genannt - musste er im Januar einem erleichterten Verfahren für die Amtsenthebung zustimmen. Um den Sprecher zu stürzen, wird damit nur noch eine einfache Mehrheit benötigt.

(Reuters)